Die Stunde der Populisten

Wie zynisch Politik manchmal sein kann, lässt sich an den Reaktionen nach den Ausschreitungen am Cupfinal schön aufzeigen. Gross ist die heimliche Freude der Konkordats-Befürworter, dass es endlich wieder einmal geknallt hat.

Instrumentalisiert. Basler Fans auf dem Weg ins Stade de Suisse zum Cupfinal. (Bild: Keystone)

Wie zynisch Politik manchmal sein kann, lässt sich an den Reaktionen nach den Ausschreitungen am Cupfinal schön aufzeigen. Gross ist die heimliche Freude der Konkordats-Befürworter, dass es endlich wieder einmal geknallt hat.

Vor dem Cup-Halbfinal des FC Basel gegen den FC Sion gab es Fans im harten Kern der Muttenzerkurve, die auf eine Niederlage ihres Vereins hofften. Man fürchtete sich vor einem Final gegen eine Zürcher Mannschaft in Bern, man fürchtete, den Befürwortern des Hooligan-Konkordats neue Argumente zu liefern.

Et voilà. Es ist nicht nötig, über die Ausschreitungen selber zu debattieren, die sind ohne Frage zu verurteilen. Man darf aber die Umstände der Ausschreitungen beleuchten (was wir hier getan haben) und man muss über die Instrumentalisierung der Vorfälle reden.

Instrumentalisiert

Diese begann kurz nach Abpfiff des Cupfinals. Der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause sagte der «Berner Zeitung»: «Der heutige Tag ist für mich der beste Beweis dafür, dass wir das Hooligan-Konkordat brauchen.» Nause steht mit seiner Aussage nicht alleine. Seine und andere Reaktionen lassen sich auf zwei Punkte reduzieren: Sie sind hysterisch und sie sind heuchlerisch.

Die Reaktionen lassen sich auf zwei Punkte reduzieren: Sie sind hysterisch und sie sind heuchlerisch.

Hysterisch sind die Reaktionen, wenn die «Basler Zeitung» titelt: «FCB-Prügel-Fans empören die Schweiz». Und wenn der Berner Sicherheitsdirektor Hans-Jürg Käser in der gleichen Ausgabe verbal auf den FCB und die Basler Behörden einprügelt, die ihr Problem schön reden würden.

Heuchlerisch sind die Reaktionen, wenn die NZZ in einem Online-Kommentar zweimal das Wort «unerträglich» braucht, um das Abfeuern von Petarden im Stadion zu verurteilen und in ihrer gedruckten Ausgabe euphorisch den «begeisterten Empfang» und die «Jubelstimmung» bei der Cupfeier an der Langstrasse beschreibt – illustriert mit einem Bild, auf dem mehrere Petarden abgefeuert werden.

Verlogen

Richtiggehend verlogen sind die Reaktionen, wenn die Konkordats-Befürworter mit einer «Haben wir es nicht gesagt!»-Attitüde sich über den Knall vor dem Cupfinal empören und sich heimlich darüber freuen – weil die nun anstehende Abstimmung ganz sicher gewonnen wird.

Und genau das ist unverständlich: Die Konkordats-Befürworter hätten es gar nicht nötig, derart dramatisch für ihr Massnahmenpaket zu werben. Abstimmungen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass die Zustimmung zu Gesetzen, die Fan-Gewalt einzudämmen scheinen, jeweils weit über 70 Prozent liegt.

Statt die Stimmbevölkerung aufzuhetzen und ihr ein Ende der Gewalt zu versprechen, wären die so glühenden Befürworter einer Einschränkung unserer Grundrechte lieber ehrlich: Mit dem Hooligan-Konkordat wird keine einzige Ausschreitung verhindert. Wird keine Petarde weniger abgefeuert. Repression hat in der Geschichte noch selten zu weniger Gewalt geführt.

Doch statt sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, versprechen Politiker von rechts bis links eine simple Lösung für ein komplexes Problem. Es ist das Rezept jedes Populisten.

Es ist möglich

Es sei an dieser Stelle noch einmal daran erinnert: Seit der «Schande von Basel» im Jahr 2006 hat es in Basel selber keine grösseren Ausschreitungen mehr gegeben. Dazu braucht es keine Einschränkung von Grundrechten. Sondern Behörden, die das Problem gemeinsam mit dem Club in seiner Komplexität ernst nehmen und ihm mit der richtigen Mischung von Polizei- und Fanarbeit begegnen.

Quellen

Interview mit Reto Nause in der «Berner Zeitung».

Text in der «Basler Zeitung» zur Empörung nach den Ausschreitungen.

«NZZ online» über die Ausschreitungen als Steilpass für das Konkordat.

Auch GC-Spieler zündeten Petarden, Artikel im «Blick».

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