Dass eine Museumsdirektorin nach nur gerade drei Jahren bereits wieder geht, ist aussergewöhnlich. Die Konflikte um Marie-Paule Jungblut haben sich aber so zugespitzt, dass dieser drastische Entscheid der einzig richtige war.
Es ist ein ausgesprochen drastischer Entscheid, den Regierungspräsident Guy Morin und sein Kulturbeauftragter Philippe Bischof vor den Medien zu rechtfertigen hatten. Die politischen Vertreter der Museumsstadt Basel mussten eingestehen, dass die Person, in die man so viele inhaltliche Hoffnungen gesetzt hatte, zur Hypothek wurde.
Marie-Paule Jungblut verlässt nach nur gerade drei Jahren das Historische Museum Basel. Natürlich ist einmal mehr von «gegenseitigem Einvernehmen» die Rede. Morin sprach davon, dass beide Parteien zur Einsicht gekommen seien, dass eine Trennung die bestmögliche Lösung ist. Wenn hier aber von Parteien die Rede ist, dann weist dies doch deutlich darauf hin, dass es keine wirklich friedvolle Trennung war.
Unruhe im Haus
Über die Gründe der Trennung ist Stillschweigen vereinbart worden, und doch wurde ziemlich ausführlich darüber gesprochen. Darüber, dass es zum grossen Knatsch zwischen der Direktorin und den Museumsmitarbeitern gekommen ist, der sich trotz Zuzug eines «externen Experten» nicht lösen oder befrieden liess. «Aus diesem Prozess resultiert nun die einvernehmliche Trennung», heisst es im Communiqué des Präsidialdepartements.
Natürlich sorgt eine neue Museumsdirektion im Haus und darum herum immer für etwas Unruhe. So sollte es eigentlich auch sein, besonders wenn mit der Neubesetzung des Leitungspostens inhaltliche Weichenstellungen verbunden sind. Damit müssen Mitarbeiter und auch Museumsfreunde, die am Althergebrachten hängen, leben.
Wenn sich der hausinterne Konflikt aber als unlösbar erweist, dann wird er zum Killerargument. Die Trennung war der einzig richtige Entscheid, weil den Verantwortlichen gar nichts anderes mehr übrig blieb.
Jungblut war nicht nur als Chefin umstritten, auch mit ihrem Ausstellungsprogramm sorgte sie für Unruhe. Dies habe keine Rolle gespielt, sagten Morin und Bischof, habe auch gar keine Rolle spielen dürfen, weil die Museen ihr Programm laut Museumsgesetz frei gestalten können – ein Prinzip, das die Verantwortlichen zum Glück nicht infrage stellen.
Die grosse Eigenleistung blieb aus
Aber vielleicht hätte Jungblut auch museumsintern einen besseren Stand gehabt, wenn sie mit Inhalten wirklich hätte überzeugen können. Natürlich gab es in den drei vergangenen Jahren mit «Pop@Basel» wirklich überzeugende und mit «Sag mir, wie du wohnst» zumindest anregende Eigenleistungen zu sehen. Aber diese fanden im Musikmuseum und im Haus zum Kirschgarten statt, um wieder einmal die ursprüngliche Bezeichnung der beiden Aussenstationen zu benützen.
Im Haupthaus, der Barfüsserkirche, blieb der inhaltlich überzeugende Tatbeweis aus. Die grossen Ausstellungen zum Ersten Weltkrieg, zu 60 Jahren Fernsehen oder zum Phänomen Fussball waren eingekaufte Projekte, die im Museum lediglich mit lokalen Fenstern ergänzt wurden. Jungblut war eine fleissige Ausstellungsorganisatorin, sie hat sich auch mit der verstärkten Einbindung sozialer Medien als fortschrittlich denkende Museumsfrau verdient gemacht, inhaltlich aber konnte sie die Erwartungen, die man in ein Haus von dieser Bedeutung setzt, nicht erfüllen.
Diskussion über Inhalte
Vielleicht hatte sie zu wenig Zeit. Vielleicht wäre die überzeugende grosse und hundertprozentige Eigenleistung in den nächsten Jahren doch noch gekommen. Wegen des hausinternen Konflikts wird sie diesen Tatbeweis nun nicht mehr antreten können.
Dass Morin und Bischof die personelle Trennung explizit nicht als Bankrotterklärung an eine beabsichtigte inhaltliche Weiterentwicklung des Museums verstanden wissen wollen, ist beruhigend. Das Historische Museum soll auch in Zukunft Ort der Auseinandersetzung mit historischen und kulturhistorischen Themen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sein.
Das sind die Eckpunkte bei der Suche nach einer Nachfolge. Aber auch für die inhaltliche Diskussion, der sich die Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung gerade in dieser unbeabsichtigten Übergangszeit erneut stellen müssen.