Ein Schlag ins Gesicht der Behinderten

Wieder trifft es die Schwächsten am härtesten: Im Windschatten des Basler Sparbudgets will das Präsidialdepartement die Fachstelle Gleichstellung von Menschen mit einer Behinderung schliessen.

(Bild: Nils Fisch)

Wieder trifft es die Schwächsten am härtesten: Im Windschatten des Basler Sparbudgets will das Präsidialdepartement die Fachstelle Gleichstellung von Menschen mit einer Behinderung schliessen.

Der Basler Regierungsrat hat uns vor bald zwei Wochen eine lange Liste mit Sparvorschlägen präsentiert, mit der die Steuerausfälle der kommenden Jahre kompensiert werden sollen. Der Aderlass, der wegen der umstrittenen Unternehmenssteuerreform II nötig wird, treffe alle Departemente, hiess es vonseiten der Regierung. Es wurde viel von Opfersymmetrie und Gerechtigkeit geredet, und man gab sich Mühe aufzuzeigen, dass auch im Kleinen gespart werden müsse.

Was nicht gesagt wurde: Die Sparvorschläge, die sich über rund 70 Budgetpositionen erstrecken, sind für die Einwohnerinnen und Einwohner Basels mehrfach spürbar. Und: Wieder trifft es die Schwachen besonders stark. So schlägt etwa das Präsidialdepartement die Streichung der Fachstelle Gleichstellung von Menschen mit einer Behinderung als Sparoption vor.

Keine Lobby für Behinderte

Im Gegensatz zu den Streichaktionen bei der Polizei oder den Spitälern hat sich gegen den Entscheid des Departements Morin kaum Kritik erhoben. Das ist auch nicht weiter verwunderlich: Hinter den Behinderten stehen keine starken Branchenverbände.

Während 11 Jahren war der jetzige Stelleninhaber der Fachstelle für Behinderte verantwortlich dafür, dass die rechtlich verbriefte Gleichstellung von Menschen mit einer Behinderung im Kanton Basel-Stadt auch im Alltag umgesetzt wird. Die Stelle hat den Auftrag, inner- und ausserhalb der kantonalen Verwaltung Diskriminierung in den Bereichen Schule, Ausbildung, Arbeit, Freizeit, Wohnen, öffentlicher Verkehr, Bauen und Kommunikation abzubauen.

In enger Zusammenarbeit mit den Departementen und Betrieben der kantonalen Verwaltung, den Institutionen der Behindertenfach- und -selbsthilfe soll den rund 25’000 unterschiedlich behinderten Menschen in Basel die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglicht werden. Basel-Stadt galt in dieser Hinsicht schweizweit als Vorbild: Es war der erste Kanton, der eine Fachstelle für Behinderte einführte.

Konkret ist die Fachstelle dafür besorgt, dass die Mobilität für Menschen mit Behinderung – zum Beispiel im öffentlichen Verkehr – gewährleistet ist. Ebenfalls müssen Tagesheime, Quartierzentren, Musikschulen und Museen für behinderte Menschen frei zugänglich sein. Ausserdem muss der Kanton Ausbildungsplätze für Behinderte anbieten.

Die Fachstelle ist für die Umsetzung der entsprechenden Gesetze verantwortlich, bietet Beratungen für die Betroffenen und ihr Umfeld an und betreibt Öffentlichkeitsarbeit, um die Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren.

Zahllose Hindernisse

Fachstellenleiter Martin Haug hat sich kürzlich im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung («Palaver Loop») zu seinen Aufgaben geäussert und ein alarmierendes Fazit gezogen: Die selbstverständliche Teilnahme von Menschen mit Behinderung am sozialen, politischen und kulturellen Leben des Kantons Basel-Stadt ist aufgrund zahlloser Hindernisse noch immer nicht gegeben.

Es gäbe noch viel zu tun. Trotzdem wollen Regierungspräsident Guy Morin und Thomas Kessler, Leiter der Kantons- und Stadtentwicklung, diese Fachstelle jetzt quasi im Windschatten einer allgemeinen Sparübung ganz streichen. Es gab kein Vernehmlassungsverfahren, und auch die Behindertenverbände konnten im Vorfeld nicht Stellung zu den Sparplänen beziehen.

Interessant zu wissen ist auch, dass Guy Morin die Budgetdebatte im Grossen Rat nicht abwartet, sondern sozusagen proaktiv handelt und unter Ausschluss der Öffentlichkeit dem jetzigen Stelleninhaber bereits auf Ende Jahr gekündigt hat. Solche Entwicklungen sind bedenklich in einem Kanton, der sich gerne als sozial verantwortungsvoll präsentiert.

Nächster Artikel