Ein Vorwärts-Rutsch

Weder ein Links- noch ein Rechts-Rutsch. Dies war das banale Fazit der Wahlen in den Basler Grossen Rat. Gestärkt gehen die traditionellen Parteien FDP und Liberale aus den Wahlen hervor. Mehrheiten werden voraussichtlich schwieriger zu finden sein. Aber: Profilierte neue Köpfe dürften Schwung in den Politbetrieb geben, und das Volk wird mehr mitreden.

Bekanntgabe des Wahlresultats: Die SP jubelt (Bild: Michael Würtenberg)

Weder ein Links- noch ein Rechts-Rutsch. Dies ist das banale Fazit der Wahlen in den Basler Grossen Rat. Gestärkt gehen die traditionellen Parteien FDP und Liberale aus den Wahlen hervor, die CVP kann sich immerhin halten. Die Pole Rot-Grün und SVP legten ebenfalls leicht zu. Mehrheiten werden voraussichtlich schwieriger zu finden sein. Aber: Profilierte neue Köpfe dürften Schwung in den Politbetrieb geben, und das Volk wird mehr mitreden.

Zuerst mal ganz nüchtern: SP plus ein Sitz, Grün wie bisher. SVP plus ein Sitz. FDP und Liberale plus ein Sitz. CVP wie bisher, die Grünliberalen halten die Stellung. Die DSP verschwindet, die EVP fast ganz.

Und jetzt?

Buhlen um die schwache Mitte

Von einem Rutsch in irgendeine Richtung zu reden, wäre sicher verfehlt. Wie bei den Regierungsratswahlen bleibt ziemlich viel beim alten. Rot-grün hat sich verstärkt, verfehlt aber die Mehrheit im Parlament um drei Sitze. Die bürgerlichen Parteien SVP, FDP, Liberale und CVP, die in Finanz-, Verkehrsfragen oft an einem Strick ziehen, gehen gestärkt aus den Wahlen hervor. Sie kommen auf einen Sitz weniger als Rot-Grün. Und das heisst: Trotz Stagnation werden die Grünliberalen zur Mehrheitsbeschafferin, sie werden in den kommenden vier Jahren umworben, um ihre Zustimmung wird gebuhlt werden – jetzt, da die Mitteparteien DSP ganz und die EVP bis auf Annemarie Pfeifer fast ganz verschwunden sind.

Rein rechnerisch ist das jedenfalls so. Doch bei diesem Parlament, dessen Balance kaum verschoben worden ist, dürfte etwas anderes in den kommenden vier Jahren eine gewichtigere Rolle spielen als bisher: Köpfe. Entweder bereits im Laufe der kommenden Legislatur oder dann nach Ende der Amtszeit in vier Jahren dürften drei, vielleicht sogar vier Regierungsmitglieder zurücktreten. Das bringt Pfeffer in den Parlamentsbetrieb. Das Rennen um eine gute Position in einer künftigen Nomination für die Regierung hat begonnen. Die Grünen haben den Abwärtstrend stoppen können, die SP hat sich von ihrer Wahlschlappe bei den Nationalratswahlen vor einem Jahr erholt, FDP und Liberale dürfen wieder auf bessere Zeiten hoffen, werden mit stärkerem Selbstbewusstsein auftreten. Für die einzelnen Fraktionsmitglieder heisst das: Jetzt muss ich mich profilieren. Und profilieren heisst: Grösserer Einsatz, engagiertere Auseinandersetzungen, pointiertere öffentliche Debatten.

Potenzial ist da

Ein Blick auf neue Köpfe im Grossen Rat zeigt, dass das Potenzial für spannendere Politik gewachsen ist. Leonhard Burckhardt (SP), Thomas Gander (SP), Daniel Jansen (SP), Michael Koechlin (LDP), Anita Lachenmeier (Grüne), Ruedi Rechsteiner (SP), Elias Schäfer (FDP), Karl Schweizer (SVP),  Joël A. Thüring (SVP), Christian von Wartburg (SP), Sara Wyss (SP), – um nur einige Namen zu nennen – werden den Politbetrieb beleben. Die diesjährigen Wahlen waren angesichts des vorhersehbaren Resultats und des guten Zustands der Stadt eine Art Übergangswahlen. So richtig neu gemischt dürften die Karten erst in vier Jahren gemischt werden, und auf diese Auseinandersetzung werden sich Parteien und Politiker nun vorbereiten müssen.

Neuen Schwung in die Basler Politik dürfte auch der Umstand geben, dass Parlamentsentscheide wegen der geschwundenen Mitte knapper ausfallen werden. Das erhöht die Bereitschaft, Referenden gegen umstrittene Parlamentsbeschlüsse zu ergreifen. Das Volk wird dann entscheiden müssen, seine Stellung wird gestärkt. 

Auch wenn bei oberflächlicher Betrachtung alles beim Alten zu bleiben scheint: Neue Köpfe und die Gewissheit, dass in vier Jahren grössere Änderungen anstehen, dürften die Basler Politik farbiger werden lassen. Wird sie näher zu den Leuten bringen und hoffentlich auch dazu führen, dass im Jahr 2016 wieder etwas mehr als 41,6 Prozent der Stimmberechtigten an die Wahlurnen gehen.

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