Eine Woche Selbstdemontage

Die Basler SVP-Spitze hat sich nach der BaZ-Berichterstattung selbst angeschossen. Aber allem Fatalismus zum Trotz: Sebastian Frehner schleicht sich auch aus dieser Situation.

Affären zuhauf: Im Visier der aktuellen BaZ-Kampagne standen Sebastian Frehner und Joël Thüring. Wie im Fall Arslan startete alles mit einem Bericht über eine Betreibung.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Die Basler SVP-Spitze hat sich nach der BaZ-Berichterstattung selbst angeschossen. Aber allem Fatalismus zum Trotz: Sebastian Frehner schleicht sich auch aus dieser Situation.

Der Schlaf kann Eduard Rutschmann wieder gnädig sein. Am Dienstagnachmittag beschloss die Basler SVP, keine ausserordentliche Versammlung im Fall Thüring/Frehner einzuberufen und auch keine Vertrauensabstimmung für Frehner einzuleiten.

Dabei sinnierte Rutschmann, Vizepräsident und seit 14 Jahren erklärter Herzensdiener der Partei, am Dienstagmorgen in der «Basler Zeitung» noch, ob die Partei ihren Präsidenten einer Vertrauensabstimmung aussetzen soll. Er mache sich dermassen Sorgen über den Zustand seiner Partei, sagte Rutschmann, dass er kaum mehr schlafen könne.

Schlag mit der Betreibungskeule

Was den verdienten SVP-Mann aus Riehen nächtens grübeln und sich im Bett wälzen liess, war die Tatsache, dass eine Reihe von in der «Basler Zeitung» publizierten Vorwürfen der Parteileitung den Boden komplett unter den Füssen weggezogen hatte.

  • SVP-Grossrat Joël Thüring soll seine Militärersatzabgabe über Monate nicht bezahlt haben. Es handle sich dabei laut «Basler Zeitung» um einen Betrag von 2400 Franken, auf den ihn der Staat betreibe; es drohe sogar eine Pfändung wegen des Betrags.
  • SVP-Parteipräsident und Nationalrat Sebastian Frehner soll während des Ständeratswahlkampfs vor vier Jahren Adressdaten aus der Kartei des verstorbenen Grossrats Karl Schweizer für die eigene Spendensammlung missbraucht haben. 11’000 Franken sollen dabei mutmasslich zusammen gekommen sein. Dabei steht Aussage gegen Aussage: Frehner sagt wiederholt, es handle sich nicht um einen Missbrauch. Die Witwe von Karl Schweizer wiederum sagt, die publizierte Geschichte stimme eins zu eins.

Beide SVP-Geschichten wurden vergangene Woche publiziert; seither hält sich die Basler SVP ununterbrochen in den Schlagzeilen. Vordergründig nicht einmal wegen der Vorwürfe selbst. Die sind im Einzelfall von nicht besonderer Tragweite.

Frehner ist bis dato aus der Spendengeschichte kein strafrechtlicher Strick zu drehen. Und Thürings Nachlässigkeit sagt wohl etwas über seine private Zahlungsmoral aus, unterstellt aber mittels der medialen Betreibungskeule eine Parabel über menschliche Integrität und Tragbarkeit.

Wie ein Unfall vor laufender Kamera

Es sind also vor allem moralische Vorwürfe, die auf die Basler SVP einprasseln. Und damit Vorwürfe, die eine Parteileitung im Normalfall unter Tagesgeschäft abbuchen kann.

Aber die Spitze der Basler SVP demontierte sich gleich selbst. Angefangen beim Versand einer Medienmitteilung, in der die Parteileitung die BaZ-Berichterstattung als Kampagne verurteilt, während gleichzeitig Sebastian Frehner in einer separaten Mitteilung die geschäftliche Trennung von Joël Thüring bekannt gibt.

Ungeschickter lassen sich Brustton der Empörung und kleinlautes Nachgeben nicht kombinieren. Es ist, wie einem Unfall vor laufender Kamera zuzuschauen. Man will es gar nicht sehen. Aber man kann einfach nicht anders.

«Mieser Fink»: Sebastian Frehner im «Regionaljournal» über die Quelle der «Basler Zeitung».

Der unbekannte Maulwurf also, den Frehner wahlweise als «Gauner» (gegenüber Telebasel) oder «miesen Fink» (gegenüber dem Regionaljournal) bezeichnet, kann sich freuen. Sofern er das unbestrittene Führungsduo demontieren wollte, kann er zumindest einen Teilerfolg verbuchen.

Thüring geopfert, Frehner im Sattel

Denn Thüring trägt nicht nur den Reputationsschaden davon, sondern auch den geschäftlichen Schaden. Schliesslich hat sich Frehner, der nicht nur Politiker ist, sondern unter anderem auch im Bankrat der Basler Kantonalbank sitzt, auf geschäftlichen Druck hin öffentlichkeitswirksam von ihm getrennt.

Thüring bleibt Geschäftsführer der bald ehemals gemeinsamen Beratungsfirma «aspero», ist aber durch die öffentliche Trennung von Frehner gebrandmarkt als einer, der seine Finanzen nicht im Griff hat. Zudem wird Thüring voraussichtlich mit dem Abgang von Frehner mehrere einträgliche Firmenmandate verlieren.

Frehner hingegen, obwohl in der Defensive, wird nicht mehr mit der Vertrauensfrage konfrontiert. Gegenüber dem Regionaljournal meinte er noch, dass er vielleicht doch etwas viele Mandate innehabe. Jetzt herrscht wieder Ruhe im Stall.

Und während sich die politischen Aussichten des Bauernopfers Joël Thüring auf ein Grossratspräsidium trüben, dürfte Frehner auch weiterhin im Sattel sitzen. Mit der Hoffnung auf die Unterstützung derer, für die er seinen Kompagnon hat fallen lassen. 

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