«Feminismus, meine Damen und Herren, ist für und mit uns allen»

Zum Weltfrauentag 2017 veröffentlicht die freie Journalistin Anna Miller eine Reihe von Wünschen im Internet. Wir möchten die Ihnen hier nicht vorenthalten.

«Hatte grade keinen Pussyhat zur Hand, Pyjamahose geht auch»: Autorin Anna Miller am Weltfrauentag.

(Bild: Anna Miller)

Zum Weltfrauentag 2017 veröffentlicht die freie Journalistin Anna Miller eine Reihe von Wünschen im Internet. Wir möchten die Ihnen hier nicht vorenthalten.

Ich möchte mir zum heutigen Tag der Frau ein paar Dinge wünschen, die mir wichtig sind. Vielleicht wünschen ein paar von euch ja mit, und tun dann auch was, und dann wird sich was ändern.

Ich wünsche mir, dass wir uns alle sicher und gut fühlen können, auch als Frau, in der Nacht, im Club, auf dem Sofa, im Dschungel, auf Reisen, beim Sex, allein, in Gruppen, als Einzige unter Männern, nur unter Frauen.

Ich wünsche mir, dass ich für meine Arbeit Geld bekomme, und zwar ziemlich anständig viel, zumindest so viel, dass es sich gut anfühlt, etwas dafür zu bekommen, dass ich mir den Arsch aufreisse. Und dass es klar ist, immer und überall, dass es sowieso gleich viel sein wird wie ein männlicher Freund gerade an meiner Stelle bekommen würde, wenn er an meiner Stelle sässe. Und dass gar nicht über das Geschlecht gesprochen werden muss, weil es in gewissen Momenten gar keine Rolle spielt, zum Beispiel dann, wenn ich einen Vortrag zu einem Thema halte, in welchem ich mich auskenne.

Ich möchte, dass Gleichstellung und Gleichheit nicht mehr verwechselt werden, weil wir einfach die gleichen Rechte und den gleichen Respekt wollen, aber nein, keine Bärte, keine cellulitefreien Füdlis, obwohl das noch cool wäre, und auch keine Penisse (manchmal auch von Vorteil, natürlich).

Ich wünsche mir, dass ich nicht mehr den Satz höre: Aber ist Sexismus in der Schweiz denn noch ein Thema?

Ich wünsche mir Elternurlaub, gemeinsam, über ein paar Monate.

Ich wünsche mir, dass die Unternehmen endlich Arbeitsmodelle schaffen, die beiden Geschlechtern Freiheiten geben, und nicht nur den Teilzeitfrauen. Weil auch Männer ein Leben neben der Arbeit haben.

Ich wünsche mir, dass sich die Männer nicht mehr von dieser Diskussion ausgeschlossen fühlen oder benachteiligt. #heforshe, #sheforhim

Ich wünsche mir, dass ich so weiblich sein kann, wie ich will, und mein Frausein zeigen kann, in allem, was mir entspricht, kochen, backen, schreinern, Möbel zusammenbauen und fluchen, schwach sein, stark sein. Dass ich nicht männlich sein muss, um respektiert zu werden. Und weiblich sein darf, auch unter Frauen, und dafür nicht Missbilligung erfahre oder Neid. Und dass keiner, weder Frau noch Mann, mir dann, wenn ich wirklich weiblich bin, wie ich selbst das definiere, vorwirft, ich sei eine Zicke, eine Emanze, eine Rückständige, eine Mutter, eine Hausfrau, ein Nichtmodel, eine, die sich zu viel, zu wenig oder falsch schminkt, dick, dünn, blöd, geil.

Ich wünsche mir, dass man weniger von «in den Kampf» ziehen und mehr von «wir verändern jetzt diese scheiss patriarchale Struktur» spricht.

Weil auch viele Männer saumässig leiden. Weil sie gerne Prosecco trinken würden, ohne gleich schwul zu gelten, ihre Kinder nach einer Trennung öfter sehen wollen, sich alle jeden Tag den Arsch aufreissen, zuhause und im Beruf und überhaupt gute Kerle zu sein und dann noch kritisiert zu werden, warum sie Teilzeit arbeiten (schwach) oder eben nicht (egoistisch), warum sie eine Glatze haben oder kein Geld. 

Ich wünsche mir, dass jeder Mutter, ob sie nun 100 Prozent arbeitet oder 100 Prozent zuhause zu den Kindern schaut, respektvoll und mit Achtung begegnet wird. Dass am Ende jede das leben kann, was sie will, und das nicht Besonderes, was Richtiges oder was Falsches ist. Weil es eben nicht mehr nur darum geht, WAS EINE FRAU SO MACHT.

Um es mit Emma Watson zu sagen: «I really dont know what my tits have to do with it».

Feminismus, meine Damen und Herren, ist für und mit uns allen. #wecantkeepquiet

Und was wünscht ihr euch?

Schönen Frauentag, meine Freunde.

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Anna Miller hat diesen Text am Weltfrauentag um 7.11 Uhr morgens auf Facebook gepostet. Auf Anfrage der TagesWoche erscheint der Text nun hier unverändert als Gastkommentar.

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