Das Asylgesetz von Justizministerin Simonetta Sommaruga ist deutlich angenommen worden. Die SVP muss nach der Durchsetzungsinitiative vor wenigen Monaten zum zweiten Mal in dem für sie so wichtigen Ausländer-Dossier eine schmerzhafte Niederlage einstecken.
Im Kampf SVP gegen Simonetta Sommaruga ging die Justizministerin am Abstimmungssonntag als klare Siegerin hervor. Die Schweizer Bevölkerung hat die Asylgesetz-Revision mit 66,8 Prozent deutlich angenommen und damit der SVP eine klare Absage erteilt.
Entsprechend frustriert lässt sich der SVP-Asylverantwortliche Andreas Glarner zitieren: «Der Bundesrat hat eine Propagandamaschine geschaffen und das Volk damit hinters Licht geführt.» Diese Aussage ist schlicht peinlich, weil in diesem Dossier einzig die SVP mit nicht ganz sauberen Behauptungen wie «Gratisanwälten» und «Hausenteignungen» gekämpft hat.
Die Reaktion zeigt aber, dass das Abstimmungsresultat der SVP offensichtlich Sorgen bereitet. Das Ergebnis steht für zwei Entwicklungen:
- Verschärfungen und immer noch extremere Positionen verfangen nicht mehr. Die SVP hatte kaum Argumente. Sie wollte ursprünglich selbst schnellere Asylverfahren und jetzt, da genau dieser Vorschlag auf dem Tisch lag, lehnt die Partei dies ab. Ihre Behauptungen, dass die Vorlage nun neu teure Gratisanwälte finanziere und Hausbesitzer für Asylunterkünfte enteignet würden, konnten eindeutig widerlegt werden. Die Schweizerinnen und Schweizer haben offensichtlich realisiert, dass die SVP hier Widerstand um des Widerstands willen inszeniert. Vermutlich weil die Partei realisiert, dass ihr Kerndossier – mit dem sie in der Schweiz bislang erfolgreich auf Stimmenfang ging – langsam ausgereizt ist. Das Schweizer Asylgesetz wurde in den letzten Jahren dank der SVP verschärft. Nun haben auch andere Parteien die Angst vor diesem Gebiet abgelegt und punkten mit vernünftigen Argumenten und Fakten, aber ohne die von der SVP oft gezeigte aggressive Ablehnung von Ausländern anzunehmen.
- Und damit kommen wir zur zweiten Entwicklung: Justizministerin Simonetta Sommaruga hat es geschafft, das Thema Asylwesen zu ent-emotionalisieren. Sie hat mit ihrem Team eine Vorlage ausgearbeitet und getestet, die die wichtigsten Anliegen der Parteien und der Bevölkerung wie zum Beispiel schnelle Asylverfahren aufnimmt, ohne den Asylsuchenden grundsätzlich das Misstrauen auszusprechen. Mit ihrer sachlichen und meist unaufgeregten Art ist sie Vorbild dafür, wie man populistischen und oft auch auf die Person zielenden Kampagnen begegnen kann. Das wird von einer Mehrheit der Bevölkerung offenbar anerkannt.
In den nächsten Monaten werden Tausende Asylsuchende in die Schweiz reisen mit der Hoffnung auf ein besseres Leben. Viele werden bleiben dürfen, viele werden die Schweiz wieder verlassen müssen.
Das Abstimmungsergebnis hat gezeigt, dass man diese Entscheide schnell und sauber abklären soll. Der Andrang wird uns weiterhin fordern. Und da sind bei der Integration der Flüchtlinge wie auch bei der Rückschaffung Lösungen und nicht nur Parolen gefordert. Das zeigt auch die zurückhaltende Reaktion der Parteien und Organisationen auf diesen Abstimmungserfolg.
Kein Tag zum Feiern: Der erste Abstimmungssonntag von SVP-Parteipräsident Albert Rösti ging alles andere als erfreulich aus für seine Partei. (Bild: WALTER BIERI)