Zum Glück gibt es im Baselbiet auch noch ein Volk, obwohl – oder gerade weil – es der Regierung manchmal lästig scheint. Das zeigt sich nun einmal mehr bei der Abstimmung über die Abschaffung der Pauschalsteuer.
Es ist ein klarer Entscheid: Mit 61,5 Prozent der Stimmen sagt das Baselbiet Ja zur SP-Initiative «Schluss mit den Steuerprivilegien». Keine Chance hatte dagegen der Gegenvorschlag der Regierung (nur 48 Prozent Ja und deutlich unterlegen auch bei der Stichfrage). Dieser Entscheid ist ein schöner Erfolg für die SP. Und gut für den ganzen Kanton, weil die Sonderbehandlung reicher Ausländer bei der Besteuerung schlicht ungerecht war.
Umso unverständlicher war die Haltung der Baselbieter Regierung, welche das unfaire System mit einer Erhöhung der Ansätze retten wollte. Den Gegenvorschlag rechtfertigte die Regierung mit der Behauptung, dass die Abschaffung der Pauschalsteuer gute Steuerzahler vertreibe, was sich der finanziell angeschlagene Kanton nicht leisten könne. Es war ein Argument, das vom Volk zu Recht nicht ernst genommen worden ist.
Zürich profitierte von der Abschaffung
Erste Erfahrungen aus Zürich zeigen nämlich, dass zwar tatsächlich einige Pauschalbesteuerte wegziehen, wenn sie auf eine Sonderbehandlung verzichten müssen. Dafür zahlen die, die bleiben, mehr Steuern. In Zahlen liest sich das so: Von den rund 200 steuerlich Privilegierten verabschiedete sich nach 2010 und dem Ende der Aufwandbesteuerung rund die Hälfte aus Zürich. Dadurch entgehen dem Kanton 12,2 Millionen Franken Steuereinnahmen; dafür zahlen die verbliebenen reichen Ausländer insgesamt 13,7 Millionen Franken mehr.
Hinzu kommt, dass die schönen Häuser und Wohnungen der Weggezogenen nicht lange leer stehen: Dort ziehen andere Reiche ein, die ebenfalls ganz normal ihre Steuern zahlen. Das heisst also, dass sich die beiden Basel nun auch auf mehr Steuereinnahmen freuen können, nachdem Basel-Stadt vergangene Woche im Grossen Rat mit der Steuergerechtigkeit aufgeräumt hat und Baselland nun an der Urne nachgezogen hat.
Baselbieter Regierung müsste dankbar sein
Entsprechend dankbar könnte die Baselbieter Regierung dem Volk nun eigentlich sein. Das wird allerdings kaum der Fall sein. Spätestens seit der schweren Niederlage mit dem Sparpaket gilt zumindest in den Augen der bürgerlichen Mehrheit: Die Regierung hat immer recht, auch wenn das Volk anders entscheidet. Darum werden auch die überfälligen personellen Konsequenzen oder zumindest ein Kurswechsel nie ernsthaft zum Thema. Trotz der Pleite mit dem Sparprogramm, dem Abschiffer mit dem Bausparen und dem neuerlichen Scheitern auch bei der Pauschalbesteuerung.
Dumm nur, dass sich gegen das Volk nicht wirklich gut regieren lässt. Die grossen Probleme dieses Kantons werden so nie gelöst.
Zahlen und Fakten
In der Schweiz gibt es rund 5500 Pauschalbesteuerte, die rund 670 Millionen Franken Steuern zahlen (Stand Ende 2010). Ein beträchtlicher Anteil lebt in der Waadt (1400), in den beiden Basel sind es eher wenige. Im Baselbiet gibt es 16 Personen, die auf diese Weise rund 1,7 Millionen Franken Staats- und Gemeindesteuern zahlen. In Basel-Stadt 17; sie zahlen 2,31 Millionen Franken Steuern (2009). Die Baselbieter Regierung wollte die Pauschalbesteuerten keinesfalls verlieren und setzte sich darum für den Gegenvorschlag zur Abschaffungsinitiative der SP ein. Demnach sollten die Steuern neu nach dem Siebenfachen der Wohnkosten berechnet werden (heute: nach dem Fünffachen). Die minimale Bemessungsgrundlage soll zudem beim Einkommen von 200 000 auf 400 000 Franken und beim Vermögen von 3,07 Millionen auf 6,155 Millionen Franken erhöht werden. Für eine sinngemässe Lösung hat sich auch der Nationalrat ausgesprochen. Die Kantone können aber auch abweichende Bestimmungen erlassen. Und auf dieser Ebene ist die Pauschalsteuer weiter unter Druck. Zürich, Schaffhausen und Appenzell Ausserrhoden haben sie bereits abgeschafft. Vom umstrittenen System profitieren können bis jetzt Ausländer, die in der Schweiz nicht erwerbstätig sind. Die Höhe ihrer Steuern wird nicht nach dem Einkommen und Vermögen bemessen, sondern aufgrund der Lebenskosten; festgelegt werden diese nach den Wohnkosten. Die Befürworter bezeichnen das System als einfach. Bei weltweit tätigen Unternehmern, Künstlern oder Sportlern sei es für die Schweizer Steuerverwaltungen nur schwer möglich, einen Überblick über ihr Einkommen und Vermögen zu gewinnen.