Die Schweizer Armee hat eine Aufgabe gefunden: Ab heute Freitag unterstützt sie die Baselbieter Polizei im Kampf gegen Einbrecher. Dazu eine kurze Observation.
Noch ehe sie richtig lanciert ist, sorgt die neuste Offensive der Schweizer Armee bereits für beträchtlich Ärger. Dabei ist es ausgerechnet die Partei des Baselbieter Sicherheits- und Militärdirektors Isaac Reber, die am lautesten aufbegehrt. Die Grünen stellen Rebers gemeinsame Aktion mit der Militärpolizei schon fast als kriminell dar.
Überraschend ist die Kritik allerdings nicht, weil Militäreinsätze in Friedenszeiten höchstens in einem Militärstaat üblich sind.
Entsprechend wortreich setzen sich nun die Befürworter für die Armee ein.
Entwaffnend ehrlich äussert sich Urs Müller, Sprecher des Armeeführungsstabes, in der «bz Basel». «Explizit Einbruchschutz kennen wir als Auftrag nicht», gibt er zu.
Will heissen: Einbruchstouren sind nicht der Armee ihr Ding.
«Geschossen wird nur im Notfall»
Wobei Müller ein schlechter Soldat wäre, wenn er die Schlacht im Voraus verloren gäbe. Darum seine Relativierung. Einbruchschutz im weiteren Sinne sei ein «weites Feld». Dazu gehöre: Präsenz markieren, Fahrzeugkontrollen, Geländeobservierung. Genau die Aufgaben also, in denen Müllers Mannen geübt sind.
Nun kann man sich allerdings fragen, ob man das im Baselbiet tatsächlich will. Militärpolizisten, die in Wohnquartieren Präsenz markieren um in den Vorgärten Geländeobservationen vorzunehmen – ohne dass sie die eigentliche Aufgabe ihres Einsatzes – den so genannten Einbruchsschutz – tatsächlich beherrschen würden.
Es ist eine Frage, die wohl jeder Baselbieter für sich selbst beantworten muss. Gott sei Dank, kann er das in aller Ruhe tun, ohne Angst.
Müller jedenfalls verspricht, dass die Soldaten ihre Schusswaffen nur zur Notwehr oder zum Selbstschutz zücken werden.
Vorbild Euro?
Nico Buschauer wiederum, der Sprecher der Baselbieter Polizei, verweist auf frühere Einsätze, welche die Schweizer Armee im zivilen Bereich erfolgreich gemeistert hat, etwa bei der Euro 2008 oder beim World Economic Forum (WEF) in Davos.
Natürlich gäbe es auch ganz andere Beispiele. Vom Einsatz von 1918 zum Beispiel, als die Armee im Landesstreik gegen das eigene Volk vorging, was mehrere Arbeiter das Leben kostete.
Aber das ist natürlich kein Thema für Buschauer. Der aktuelle Einsatz richtet sich ja auch nur gegen Einbrecher, gegen die so genannten Kriminaltouristen, die nichts anderes im Sinn haben, als uns auszurauben. (Gut, der eine oder andere komische Kauz wird möglicherweise auch noch ins Visier der Militärpolizei geraten, aber: selbst schuld, wer sich verdächtig benimmt.)
SVPler stand selbst schon mit Sturmgewehr am Flughafen
Das sehen offenbar auch die bürgerlichen Politiker so, die sich nun zu Wort melden. Darunter auch wahre Experten wie SVP-Landrat Hans-Jürgen Ringgenberg, der Ende der 1960er-Jahre selbst mit dem Sturmgewehr am Genfer Flughafen stand. Als Soldat, im Ernsteinsatz, nach der Entführung einer El-Al-Maschine. «Eine Ausbildung zum Spezialkommando brauchten wir dafür nicht», sagte er der «bz Basel».
Die Botschaft ist klar: Nachdem die Armee auch schon mit Terroristen gekämpft hat, wird sie wohl auch noch mit Einbrechern fertig.
Nun könnte man einwenden, dass die Bekämpfung der Luftpiraterie in der Schweiz zu Ringgenbergs Soldatenzeiten nur bedingt eine Erfolgsgeschichte war. Todesschüsse auf Piloten, Flugzeugentführungen und -abstürze nach Bombenanschlägen – all das konnte nicht verhindert werden.
Für Riggenberg steht dennoch fest: «Wir dürfen ruhig mal unsere Zähne zeigen.»
Erst mal nachdenken
Auch gegen diese Aussage lässt sich nur schwerlich was einwenden. Manchmal lohnt es sich aber wahrscheinlich auch, erst mal ein bisschen nachzudenken – ehe man seine Beisserchen präsentiert. So wie die Basler Regierung zum Beispiel. Oder die Berner Regierung. Sie beide sind von Seiten von Rechtspolitikern schon früher mit der Forderung nach dem Einsatz von Militärpolizei in der Verbrechensbekämpfung konfrontiert worden. Und sie beide kamen unabhängig voneinander zum Schluss, dass ein solcher Einsatz unnötig und «verfassungsrechtlich heikel» wäre.
Was mit Blick aufs Baselbiet nichts anderes bedeutet, als dass die Verbrechensbekämpfer selbst das Gesetz verletzen. Oder zumindest im Graubereich ermitteln.
Eine mehr als fragwürdige Konstellation, zu der die Baselbieter Polizei und Justizdirektion am liebsten gar nichts sagen würde. «Aus polizeitaktischen Gründen» könne man leider nichts Näheres über den Einsatz sagen, schwadronierte die so genannte Kommunikationsabteilung zuerst. Nach der lauten Kritik versucht die Polizei die gemeinsame Aktion mit der Militärpolizei nun als «Übung» herunterzuspielen.
Vielleicht ist das Ganze aber noch sehr viel einfacher: Sicherheitsdirektor Isaac Reber hat zu wenig Geld und darum zu wenige gute Polizisten und die Armee keine wirkliche Aufgabe mehr.
Nun haben beide Seiten ihre Probleme gelöst – scheinbar zumindest.