Ein glanzloser Abstimmungskampf endet, wie es alle erwartet haben. 61,9 Prozent Nein-Stimmen zur Einheitskasse. Jetzt braucht es echte Reformen im Gesundheitswesen.
Es ist nur wenige Tage her, da präsentierte der Bundesrat einen weiteren saftigen Anstieg der Krankenkassen-Prämien. Anfang des Jahres hiess es, diese Bekanntgabe könnte die Abstimmung über eine «öffentliche Krankenkasse» entscheiden. Nichts da. Das Ergebnis war mit 61,9 Prozent Nein-Stimmen doch recht eindeutig. Wobei der Prämienanstieg vielleicht den einen oder anderen Stimmbürger noch umstimmte.
Gerade in Basel-Stadt, wo die durchschnittlichen Prämien sehr hoch liegen, gab es mit 45 Prozent Ja-Stimmen einige Sympathien für die Einheitskasse.
Das schweizweite Ergebnis ist fast schmeichelhaft für die Initianten – forderten sie doch nicht weniger als die faktische Abschaffung aller Privat-Krankenkassen. Initiativen mit radikalen wirtschaftlichen Forderungen haben erfahrungsgemäss einen schweren Stand bei der Bevölkerung. Das gilt erst recht im Gesundheitswesen, wo seit 20 Jahren nur eine Initiative an der Urne angenommen wurde – nämlich der Gegenvorschlag zur Komplementärmedizin (2009).
Dürftige Faktenlage
Die Bevölkerung will den Status quo nur dann verändern, wenn sie einen klaren Vorteil in einer Initiative sieht. Und das war bei der «öffentlichen Krankenkasse» ganz und gar nicht der Fall.
Das beste Argument der Initianten – «Prämienexplosion stoppen» – war von Anfang an umstritten. Die Gegner monierten, die Einheitskasse würde gar zu höheren Prämien führen. Das war für die Initiative fatal.
Dazu kamen die Argumente der Gegner, der Wechsel zu einer Einheitskasse wäre zu teuer und würde einige Tausend Arbeitsplätze kosten.
Die Initianten stützten sich auf eine dürftige Faktenlage. Es gab im grossen Ganzen nur eine Studie im Auftrag der SP, die die Vorteile einer öffentlichen Krankenkasse aufzeigte.
Und diese überzeugte nicht vollends.
Initiative steht in der Sozialismus-Ecke
Zu den mangelnden Fakten kamen die Emotionen. Eine geschickte Gegen-Kampagne stellte die Einheitskasse in die Sozialismus-Ecke. «Wir sind keine Einheitsmenschen?» fragten die Gegner. Und wer mochte ihnen nicht Recht geben? Ein sozialistisches Gesundheitssystem – darauf kann die Schweiz verzichten, so der Tenor in der Bevölkerung.
Das Argument nutzte die Angst der Bevölkerung, alle Kontrolle an den Staat abzugeben und einer einzigen öffentlichen Kasse ausgeliefert zu sein.
Dabei liegt die Kontrolle über die Grundversicherung sowieso beim Staat. Mit oder ohne Einheitskasse: Der Staat entscheidet, was bezahlt wird und was nicht – wir sind den Behörden gewissermassen auch so ausgeliefert.
Die SP spricht nun von einem «Achtungserfolg». Das ist schön geredet. Es ist eine klare Niederlage. Zum dritten Mal hat das Stimmvolk eine in dieser Art gelagerte Initiative versenkt – eine vierte Vorlage wird sich die SP wohl sparen.
Das nächste Mal: echte Einsparungen bitte
Dennoch: Die Initiative hat auch mit dem Nein einiges erreicht. Das Parlament verabschiedete einen verfeinerten Risikoausgleich und führte ein Aufsichtsgesetz über die Krankenkassen ein. Das waren nötige Ausbesserungen, die weiterentwickelt werden müssen.
Was es jetzt braucht, sind Lösungen, die nur an den Gesundheitskosten ansetzen. Zum Beispiel: mehr Koordination in spezialisierten Gesundheitsbereichen. Nicht jedes Kantonsspital braucht eine hoch spezialisierte Orthopädie-Klinik, nicht jedes Herzzentrum muss den neuesten Operationsroboter anschaffen. Mehr Zusammenarbeit, weniger Konkurrenz – das senkt die Gesundheitskosten.
Die Einheitskasse wäre eine Chance gewesen, ein paar hundert Millionen Franken für Werbung und Verwaltung zu sparen. Das Nein ist aber nicht weiter tragisch – hoffentlich gibt es durch die nächste Vorlage im Gesundheitssystem echte Kosteneinsparungen.