Jahresrückblick 2012: Das Basler Stimmvolk hat die Sicherheitsinitiative klar abgelehnt. Warum die Angstpropaganda der SVP und einiger lokaler Medien in Basel einen schweren Stand hat.
Die Basler Stimmberechtigten sind den Angstpropagandisten der SVP und einiger lokaler Medien nicht auf den Leim gekrochen und haben der Initiative «für einen sicheren Kanton Basel-Stadt» eine deutliche Abfuhr erteilt. Das war zu erwarten. Denn die Initiative hatte Unsinniges gefordert: eine flächendeckende Erhöhung der Polizeipräsenz im ganzen Stadtgebiet. Der Kanton hätte dafür rund 120 weitere Polizisten einstellen müssen. Diese Massnahme hätte das Staatsbudget mit Mehrkosten von zirka 20 Millionen Franken belastet und allenfalls das Sicherheitsempfinden einiger Einwohnerinnen und Einwohner ein wenig verbessert – mit moderner Polizeiarbeit haben solche Giesskannenlösungen aber nichts zu tun.
Wirksamer sind gezielte Einsätze an neuralgischen Punkten, wie es die Regierung mit einer Aufstockung des Korps um 45 Stellen plant: verstärkte Patrouillen an den Hotspots des Partylebens, wo es vor allem freitag- und samstagnachts zu Pöbeleien und Schlägereien kommt. Diese meist unter Alkohol- und Drogeneinfluss verübten Raufhändel sind mühsam. Aber ein «Sicherheitsproblem» für die ganze Stadt sind sie nicht, wie ein Blick in die Kriminalitätsstatistik zeigt: Von 2009 bis 2010 hat die Zahl «einfacher Körperverletzungen» und «minderschwerer Raubdelikte» gerade einmal um 26 Fälle zugenommen. Die Zahl der Raub- und Entreissdelikte, der Sexualtstraftaten und Tötungsfälle dagegen ist im Zehn-Jahres-Vergleich zurückgegangen. Von einem «Sicherheitsproblem» kann also keine Rede sein.
Mit jährlich 105 Straftaten pro 10’000 Einwohner ist Basel-Stadt sogar mit Abstand die sicherste aller grossen Schweizer Städte. In Bern werden pro 10’000 Einwohner rund 150 Verbrechen begangen, in Zürich sind es 139. Trotzdem fühlen sich die Baslerinnen und Basler nachts weniger sicher in ihrem Quartier als die Berner und Zürcher.
Wo drückt der Schuh?
Das Sicherheitsgefühl wird geprägt von eigenen Erfahrungen und den Schilderungen anderer – aber auch von der öffentlichen Debatte über Gewalt und dem Stil der Berichterstattung. Hier tickt Basel wirklich anders als andere Städte wie zum Beispiel Zürich. So verschickt die Basler Staatsanwaltschaft fast gleich viele Pressemitteilungen an die Medien wie die Zürcher Stadtpolizei – obwohl in der Zwinglistadt mehr als doppelt so viele Delikte begangen werden wie am Rheinknie.
Einige Basler Lokalmedien nehmen solche Meldungen dankbar auf und packen diese in reisserische Schlagzeilen wie «Mehr Gewalt in Basel» oder «Basel Nord brennt»; sie produzieren – wie zum Beispiel die «Basler Zeitung» – sogenannte «Crime Maps» und zelebrieren eine «Achse der Gewalt», die vom Bahnhof SBB über den Barfüsserplatz und das Kasernenareal bis zum Messeplatz verlaufen solle. In dieser Optik wird die ganze Innerstadt zu einem Hort der Gewalt und des Verbrechens…
Menschen, die wie der Schreibende seit Jahrzehnten an dieser «Achse der Gewalt» wohnhaft sind, oft nachts (manchmal auch spätnachts) zu Fuss nach Hause gehen und das bis anhin unbeschadet überstanden haben, reiben sich ob solcher gewalttrunkener Berichte die Augen. In der Basler Innenstadt ist es in den vergangenen Jahren nicht unsicherer geworden als zum Beispiel in den 1980er-Jahren, als Schlägerbanden die Steinenvorstadt unsicher machten und regelmässig Jugendliche vor den Augen bestürzter Passanten spitalreif schlugen.
Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Heute sind an den Brennpunkten des innerstädtischen Party-Ausnahmezustands vor allem betrunkene und lärmende Fast-Food-Konsumenten anzutreffen. Diese nerven hie und da die Anwohner. Allerdings nur an den Wochenenden. An allen anderen Abenden in der Woche sind ab Mitternacht die Trottoirs hochgeklappt – und es grüsst die Schlafstadt.