Kleingeist erstickt die Kreativität

Am Mittwoch debattiert der Grosse Rat über die Neugestaltung des Kasernenareals. Grosse Ideen wurden kleingeredet: Statt über Visionäres wird nur noch über grössere und kleinere Öffnungen des Kopfbaus gestritten. Schade.

Was soll bloss aus ihr werden? (Bild: Hans-Jörg Walter)

Am Mittwoch debattiert der Grosse Rat über die Neugestaltung des Kasernenareals. Grosse Ideen wurden kleingeredet: Statt über Visionäres wird nur noch über grössere und kleinere Öffnungen des Kopfbaus gestritten. Schade.

Manchmal verunstalten Worte Orte. In Basel geht das so: «Das Kasernenareal soll sich zum urbanen Experimentierfeld mit Treibhaus­charakter entwickeln.» Zum ­«Cluster». Zur «Brut­stätte». Zur «Kommunikationsplattform» der «creative industries».

Diese Leer­formeln im Soziologenslang entstammen keiner Seminar­arbeit über Kulturmanagement. Sie sind das Resultat vieler Mann- und Frau-Stunden Arbeit im Präsidialdepartement und teurer externer Studien. Und sie sind das Ergebnis grosser Rat- und Mutlosigkeit.

Seit Jahren wird über die Nutzung des Kasernenareals gestritten. Es wurden auch spektakuläre Visionen entworfen – etwa die Errichtung eines Musikzentrums oder gar eines Stadthafens.

Wochendebatte:
Ist die Basler Stadtplanung zu mutlos?

Das Kasernenareal soll einen seitlichen Durchbruch erfahren. Mehr liegt nicht drin, findet die  Regierung heute. Ist das so?
Oder fehlt den Basler Behörden schlicht der Mut für einen grossen Wurf?
Kerstin Wenk, SP-Grossrätin und Mitglied im Komitee «Kulturstadt Jetzt» streitet mit Tattoo-Chef Erik Julliard darüber, ob es der Basler Stadtplanung an Visionen und Durchsetzungskraft fehlt.
Mischen Sie sich ein!

Von grossen Würfen ist längst nicht mehr die Rede. Neustes Zwischenresultat der Debatte ist der regierungsrätliche Ratschlag zur Gesamtsanierung des Kasernenhauptbaus. Eine Vorlage, mit der die vorberatende Bau- und Raumplanungskommission nur sehr bedingt zufrieden ist. Ihrer Meinung nach muss die grosszügige Öffnung des Platzes zum Rhein beim Architekturwettbewerb unbedingt geprüft werden.

Aller Voraussicht nach wird sich der Grosse Rat, der sich ab Mittwoch mit diesem Geschäft befasst, dieser Forderung anschliessen und den Kredit von 2,3 Millionen Franken für die Projektionierung verabschieden.

Kann das genug sein? Reicht es, zu entscheiden, ob der Kopfbau der Kaserne, welcher Rhein­­promenade und Platz abtrennt, «grosszügig geöffnet» werden soll, wie es die Verfechter der Initiative «Öffnung zum Rhein» fordern? Oder ob bloss ein seitlicher Durchgang geschaffen werden soll, wie das die Regierung will?

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Zig Seiten Papier wurden bereits zur Neugestaltung des Kasernenareal produziert. Um die wichtigste jedoch haben sich alle herumgemogelt: Wo­für konkret soll das 12 000 Quadratmeter grosse Areal künftig genutzt werden? Müssen hier wirklich weiterhin Veranstaltungen wie das Tattoo, das «Viva con Agua»-Festival oder die Herbstmesse stattfinden? Welchen Interessen soll der neue «Stadtplatz» dienen? Wird weiterhin toleriert, dass die Künstler in der Klingentalkirche die subven­tionierten Ateliers als ihr Eigentum betrachten? Was passiert mit der Moschee? Braucht es einen Seniorentreff? Einen Spiel-Estrich?

Kurz: Welche Form von Kultur soll an dieser «Brutstätte» konkret stattfinden?

Basels Stadtentwickler drücken sich in ihrem abgehobenen Nutzungskonzept um klare Antworten. Diese soll nun ein Architek­tur­­wett­bewerb nach­liefern – ganz nach dem Motto: Zuerst umbauen, dann weiterschauen.

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