Mobile Studenten machen noch lange keine Spitzenforschung

Nach dem Rauswurf der Schweiz aus europäischen Forschungs- und Austauschprogrammen ist die Lage immer noch angespannt. Studenten können zwar weiter Auslandssemester absolvieren, doch die Schweiz droht im internationalen Wettbewerb der Spitzenforschung den Anschluss zu verlieren.

Studenten im Lichthof an der Universitaet Zuerich, aufgenommen am Freitag, 21. September 2012, in Zuerich. (KEYSTONE/Alessandro Della Bella) (Bild: ALESSANDRO DELLA BELLA)

Nach dem Rauswurf der Schweiz aus europäischen Forschungs- und Austauschprogrammen ist die Lage immer noch angespannt. Studenten können zwar weiter Auslandssemester absolvieren, doch die Schweiz droht im internationalen Wettbewerb der Spitzenforschung den Anschluss zu verlieren.

Der Studentenaustausch ist also nicht tot, wie der akademische Aufschrei noch vor einem Jahr kundtat. Weil die Schweiz damals die Masseneinwanderungsinitiative angenommen hatte, stufte die EU die Schweiz im Rahmen des Programms neu als Drittstaat ein – ein faktisches Aus für das Studentenaustauschprogramm «Erasmus+» und das Forschungsprogramm «Horizon 2020».

Der Aufschrei war lauter als die direkten Auswirkungen. Der organisierte Studentenaustausch funktioniert auch noch ein Jahr nach dem Entscheid ohne grössere Probleme. Der Bund griff als Reaktion auf den EU-Entscheid in die eigene Tasche, und die Hochschulen handelten eigene Programme aus. Der Aufwand dafür ist hoch, das Ziel aber erreicht: Wer im Ausland studieren will, der kann das immer noch.

Doch es geht um mehr als jährlich rund 3500 Studierende, die gerne für einige Monate ins Ausland möchten. Es geht um die Sicherheit der Hochschullandschaft Schweiz – und damit um einen Pfeiler des nationalen Wohlstands.

Exempel auf Kosten der Forschung

Das eigentliche Problem ist nicht die direkte Betroffenheit der Studierenden, die nach wie vor von Austauschprogrammen profitieren. Das Problem ist, dass auf Kosten von Bildung und vor allem von Forschung auf europäischer Ebene ein Exempel statuiert wurde. 

Faktisch betroffen vom Erasmus-Entscheid war ohnehin nur ein kleiner Teil der Bevölkerung: An diesem Programm nahmen in den Jahren 2011 bis 2013 nur etwa fünf Prozent der Studierenden teil, wie der Basler Regierungsrat bereits vergangenen April in seiner Antwort auf eine SP-Interpellation ausführte.

Der Rauswurf aus dem «Erasmus»-Austauschprogramm und insbesondere aus dem «Horizon 2020»-Forschungsprogramm verfehlte sein Ziel auf wirtschaftlicher Ebene nicht. Er traf die Schweiz dort, wo es wehtut: In der Ausbildung künftiger Kader und – noch wichtiger – in ihrer Rolle als Standort internationaler Forschung. Wird die Schweiz in der europäischen Forschungslandschaft zurückgestuft, geht es nicht nur um Finanzierung von Projekten, sondern vielmehr um den faktischen Ausschluss aus dem internationalen Forschungswettbewerb.

Teilnahme an europäischen Programmen ist Pflicht

Der Warnschuss hat gesessen: Die Diplomaten handelten in einem halben Jahr wenigstens eine Teilassoziierung zu «Horizon 2020» aus, was die Rückstufung zumindest abfedert; bis 2016 darf die Schweiz mitmachen. Danach ist wieder alles offen. Will die Schweiz mit ihrer Nähe zur Life-Sciences-Industrie und als Zentrum universitärer Spitzenforschung in der obersten Liga mitspielen, ist die Teilnahme an europäischen Programmen Pflicht.

Das reicht weit über den studentischen Austausch hinaus, direkt in die Forschungslabors internationaler Spitzenwissenschaft, die von einem Netzwerk an Wissen und Austausch lebt. Der Ausschluss an europäischen Hochschulprogrammen ist also kein Zwist, der auf dem Buckel von einigen Studierenden ausgetragen wird. Er wird direkt auf dem Rücken der wirtschaftlichen Entwicklung der Nation ausgetragen.

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