Nur keine Aufregung!

Nach der Absage der Baselbieter Regierung an einen gemeinsamen Kanton Basel ist nun alles gut, sagen die einen. Nein, schlecht, entgegnen die anderen. Recht hat keine der beiden Seiten.

Das Zusammenwachsen der beiden Basel – ein Prozess, der sich nicht mehr aufhalten lässt. (Bild: Nils Fisch)

Nach der Absage der Baselbieter Regierung an einen gemeinsamen Kanton Basel ist nun alles gut, sagen die einen. Nein, schlecht, entgegnen die anderen. Recht hat keine der beiden Seiten.

Grosses Tamtam in Liestal: Am Dienstag trat der Gesamtregierungsrat vor die versammelten Medien, um zu verkünden, was das Gremium von der Initiative zur Fusion der beiden Basel hält: mehrheitlich gar nichts. Oder um es – wie Regierungspräsident Urs Wüthrich – etwas höflicher nach Richard von Weizsäcker zu sagen (solche Zitate machen sich immer gut): «Es geht nicht darum, Grenzen zu verschieben, sondern ihnen den trennenden Charakter zu nehmen.» Das spreche gegen eine Fusion, aber für eine vertiefte Zusammenarbeit.

Die Reaktionen auf die Ankündigung fallen so aus, wie sie ausfallen müssen: Die Berufsbaselbieter sind zufrieden, die Städter enttäuscht, ebenso die Regionalisten auf dem Land. Es ist ein Graben, der sich auch durch die Medien zieht. Die fusionsfreundliche «bz Basel» wirft der Baselbieter Regierung vor, ein «offenes Nachdenken» über dieses so bedeutende ­Geschäft zu verhindern. Die fusionsfeindliche «Basler Zeitung» wiederum freut sich schon jetzt darüber, dass es den «emotional schwierigen Fusionsprozess» dank der nunmehr verbesserten Zusammenarbeit «schlicht nicht mehr brauche» (online sind beide Texte leider nicht verfügbar).

Dazu ein paar Anmerkungen.

Erstens: Was die Mehrheit in der Baselbieter Regierung über Basel und die Idee eines gemeinsamen Kantons denkt, wusste man eigentlich schon seit Langem. Enttäuschung über die Stellungnahme vom Dienstag ist darum fehl am Platz.

Umso erfreulicher ist – zweitens –, dass Wüthrich auf Transparenz drängte und alle Regierungsmitglieder auch ihre persönliche Meinung sagten. Er selbst hatte sich in der Regierung für die Fusions-Initiative ausgesprochen, ebenso der Grüne Isaac Reber, dagegen waren die drei Bürgerlichen. Das zeigt, wie dogmatisch die Debatte bis jetzt geführt wird. Und wie dringend nötig Fakten wären und damit seriöse Abklärungen über die Vor- und Nachteile einer Fusion – oder anders gesagt: ein «offenes Nachdenken», um das sich die «bz» nun sorgt.

Diesen Prozess wird die Regierung – Punkt 3 – aber nicht aufhalten können. Nach den vielen schlechten Erfahrungen der vergangenen Jahre kommen im Baselbiet wohl nur noch die Allerfaulsten unter den politisch Interessierten auf die Idee, die Denkarbeit der Regierung zu überlassen.

Dazu passend: Punkt 4. So naiv, das Partnerschaftsgesülze der Baselbieter Regierung allzu wörtlich zu nehmen, werden auch nur noch die Wenigsten sein. Zu oft haben die Baselbieter in den vergangenen Jahren gemeinsame Projekte erschwert oder sogar hintertrieben, sobald es ums liebe Geld ging.

Bemerkenswert ist der Auftritt des Baselbieter Regierungsrates dennoch, weil er zeigte – Punkt 5 – wie stark die Vertreter des eigenständigen Baselbiets bereits in der Defensive sind. Anders ist das wortreiche Bekenntnis der Baselbieter Regierung nicht zu erklären. Lokalpatriotismus kann man sich in dem finanziell angeschlagene Kanton kaum mehr leisten, zu gross ist dafür die Abhängigkeit vom Fortschritt in der gesamten Region. Das weiss auch die Regierung, die nun entweder ihr Versprechen einlöst und die regionale Zusammenarbeit verbessert – oder aber zulässt, dass ihr Kanton noch weiter unter Druck gerät. Wobei weder das eine noch das andere gegen eine Fusion spricht.

Aber der Entscheid darüber liegt nun ohnehin bald nicht mehr bei irgendwelchen Interessenvertretern und Parteipolitikern, sondern beim Volk.

Das ist – sechstens – wahrscheinlich das Erfreulichste an der ganzen Angelegenheit.

Artikelgeschichte

Erschienen in der Wochenausgabe der TagesWoche vom 30.08.13

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