Religiöse Vielfalt eignet sich nicht für Propaganda

Lilo Roost Vischer, die Basler Koordinatorin für Religionsfragen, muss im Moment viel Kritik einstecken. Die BaZ spricht von einem «Wächterministerium», das Roost Vischer anführe und via «Telebasel» kritisierten mehrere Politiker die Rolle der Koordinatorin. Zu Unrecht.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Lilo Roost Vischer, die Basler Koordinatorin für Religionsfragen, muss im Moment viel Kritik einstecken. Die BaZ spricht von einem «Wächterministerium», das Roost Vischer anführe und via «Telebasel» kritisierten mehrere Politiker die Rolle der Koordinatorin. Zu Unrecht.

Die Fakten sind klar. Mit 86’000 Personen oder 44,7 Prozent der Basler Einwohnerinnen und Einwohner ist die Gruppe derer, die keiner religiösen Gemeinschaft angehören, weitaus am grössten. Das entspricht fast der Hälfte der Bewohner des Rheinknies. Ein Drittel aller Basler und Baslerinnen ist reformiert, römisch-katholisch, christkatholisch oder jüdisch. Der Rest verteilt sich laut der Datenbank inforel.ch auf insgesamt 474 religiöse Gruppierungen, 329 davon sind christliche Institutionen. Dies sind die Zahlen, die die Basler Koordinatorin für Religionsfragen Lilo Roost Vischer am Mittwoch der Öffentlichkeit präsentierte.  

Mit anderen Worten: Diese religiöse Vielfältigkeit in Basel gleicht einem bunten Mosaik, das sich unter anderem auch der verfassungsmässig garantierten Religionsfreiheit verdankt. In diesem Licht betrachtet ist die religiöse Vielfältigkeit keine Bedrohung, sondern kann mit Fug und Recht als eine Bereicherung des geistlichen Bemühens um gutes und anständiges Leben gedeutet werden. Dabei ist unbestritten, dass es zwischen unterschiedlichen religiösen Überzeugungen und auch Strömungen innerhalb einer Religionsgemeinschaft zu Konflikten kommen kann. Dies zeigt ein Blick in die Geschichte ebenso wie die tägliche Zeitungslektüre.

Dass der Staat das Heft des Handelns in die Hand nimmt, um das friedliche Zusammenleben zu gewährleisten, entspricht seiner ureigensten Aufgabe.

Dass der Staat, sprich der Kanton, angesichts dieser unübersichtlichen Mannigfaltigkeit das Heft des Handelns in die Hand nimmt, um das friedliche Zusammenleben zu gewährleisten, entspricht seiner ureigensten Aufgabe, die für jedes Gemeinwesen eine Herausforderung bedeutet. Darum ist es richtig, wichtig und weitsichtig zugleich, dass Basel in der Fachstelle Diversität und Integration eine Koordinationsstelle für Religionsfragen angesiedelt hat.

Das friedliche Miteinander fördern

Was also ist genau die Aufgabe, der Auftrag dieser Koordinationsstelle? Zunächst muss die Koordinationsstelle das friedliche Miteinander der verschiedenen Religionsgemeinschaften fördern. Zu diesem Zweck hat Stellenleiterin Lilo Roost Vischer bereits 2007 mit dem Runden Tisch der Religionen beider Basel eine schweizweit einmalige Einrichtung gegründet, die den ständigen Kontakt und Informationsaustausch überhaupt erst ermöglicht.

17 verschiedene religiöse Institutionen, Kirchen und Gemeinschaften haben Vertreter oder Vertreterinnen an den Runden Tisch der Religionen delegiert. Glaubensfragen oder theologische Debatten können hier selbstredend kein Thema sein, denn es geht dem Runden Tisch nicht um absolute Wahrheiten und/oder Alleinvertretungsansprüche, sondern um pragmatische Lösungen für ein friedliches Zusammenleben der Religionen.

Wer von einem «Wächterministerium für Religionen» spricht, betreibt nichts anders als gefährliche Propaganda

Grundlage dabei sind die rechtlichen Rahmenbedingungen, die unter anderem in der Kantonsverfassung für alle verbindlich festgelegt sind. Entsprechend geht es am Runden Tisch in der Regel eher sachlich und nüchtern zu. Das erfordert Sorgfältigkeit und Fingerspitzengefühl, Eigenschaften, die die kommunikative Koordinatorin Lilo Roost Vischer im Umgang mit den verschiedensten Vertretern der Religionsgemeinschaften schon mehrfach unter Beweis gestellt hat. 

Wer vor diesem Hintergrund wie die «Basler Zeitung» von einem «Wächterministerium für Religionen» spricht, betreibt nichts anders als gefährliche Propaganda, die mit der Realität rein gar nichts zu tun. Es steht zu vermuten, dass hinter solchen Attacken eine ganz andere Agenda steht: Aufwiegelung und Stimmungsmache gegen religiöse Minderheiten. Ein beschämendes Spiel mit dem Feuer!

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