Roger Federer hat sich zu viel vorgenommen

Nach den harten Turnieren des vergangenen Herbsts hätte sich Roger Federer eine Ruhepause gönnen sollen. Nach dem Ausscheiden in Melbourne ist er nun zu einer Zwangspause verdammt, die ihm nicht gefallen wird.

Bittere Niederlage: Roger Federer unterliegt in Melbourne gegen den Südtiroler Andreas Seppi – einen Spieler, dem er den in zehn vorangehenden Matches gerade einmal einen einzigen Satzgewinn gestattet hatte. (Bild: Keystone/BARBARA WALTON)

Nach den harten Turnieren des vergangenen Herbsts hätte sich Roger Federer eine Ruhepause gönnen sollen. Nach dem Ausscheiden in Melbourne ist er nun zu einer Zwangspause verdammt, die ihm nicht gefallen wird.

Als Rafael Nadal im Spätherbst des letzten Jahres wegen seiner Blinddarm-Operation auf den lukrativen Einsatz in der panasiatischen Schaukampfserie ITPL verzichtete, hatte Roger Federer plötzlich die Wahl. Eigentlich hatte er sich das sportlich unbedeutende Spektakel erst einmal aus der Distanz anschauen und dann über einen Einsatz im 2015 entscheiden wollen.

Dann gesellte er sich doch noch zur Artistencrew. Dem Vernehmen nach kassierte er eine weitaus höhere Antrittsgage als der ursprünglich mit einer Million Dollar dotierte Matador Nadal.

Nun ist Federers Engagement bei dieser wertlosen Tingelei sicher nicht allein verantwortlich für den bitteren Fehlschlag von Melbourne – gegen Andreas Seppi, einen Mann, dem er in den zehn vorangehenden Matches gerade einmal einen einzigen Satzgewinn gestattet hatte.

Eine Pause wäre nach den Strapazen des ATP-Finals und des Davis Cups wichtig gewesen.

Aber hilfreich war die Shownummer in Indien und am Golf gewiss nicht, denn nach den Strapazen des ATP-Finals und des Davis-Cup-Endspiels hätte Federer unbedingt eine sofortige und längere Pause nötig gehabt. Umso mehr, als ihn bei diesen beiden letzten grossen Herausforderungen wieder der Rücken plagte, der ihn bereits in London zum Verzicht auf den finalen Titelkampf zwang und ihn auch beim Nationenduell in Lille behinderte.

Noch einmal hätte Federer die Wahl gehabt nach den turbulenten und strapaziösen Davis-Cup-Tagen in Nordfrankreich: Er hätte einfach nur unter grösstem Bedauern den Abstecher ins ITPL-Revier absagen können. Doch das geschah nicht, obwohl Federer schon einmal nach einer Schaukampf-Serie in Südamerika Ende 2012 schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Damals kam er in der Folgesaison nie in Tritt, stolperte sogar Mitte 2013 in die schwerste Krise seiner späten Tennis-Jahre.

Federer hatte in Melbourne Mühe mit Spielern, die ihm eigentlich keine Probleme machen sollten.

Als Federer in Melbourne erklärte, er benötige nach den Australian Open dann doch eine längere Pause, musste man aufhorchen. So jedenfalls hörte sich keiner an, der ganz ohne leise Zweifel und Befürchtungen in diesen erbarmungslosen Titelkampf geht, schon gar nicht in die aufreibenden Kämpfe der zweiten Turnierwoche. Federers richtige Power schimmerte jedenfalls nur in Brisbane auf, der ersten Station der Australien-Reise. Dort durchbrach er auch die Marke von 1000 Karriereerfolgen beim Pokalgewinn.

Insgesamt habe er nach den Härten des Herbsts im Rhythmus bleiben wollen, meinte Federer am Freitag. Er glaube nicht, zu früh seine Spitzenleistungen gezeigt und falsch kalkuliert zu haben.

Vielleicht aber war doch einfach nicht mehr drin für den hart beanspruchten Maestro, der schon früh in Melbourne zuviel Mühe mit Spielern hatte, die ihm eigentlich keine Probleme machen sollten. Jetzt hat Federer seine Ruhe. Aber das wird ihn nach diesem Drittrunden-Aus bei den Australian Open nicht freuen.

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