So ein Müll!

Wieder einmal debattiert die Schweiz über Littering. Und wieder einmal dreht sich die Diskussion um neue Gebühren, neue Verbote und neue Bussen. Leider. Wahrscheinlich gäbe es sehr viel bessere Ideen. Auch von Ihnen?

So macht das Entsorgen Spass: Abfallsammelstelle in Panama. (Bild: Jon Hicks)

Wieder einmal debattiert die Schweiz über Littering. Und wieder einmal dreht sich die Diskussion um neue Gebühren, neue Verbote und neue Bussen. Leider. Wahrscheinlich gäbe es sehr viel bessere Ideen. Auch von Ihnen?

Rekord! Zwar leider nicht in Bezug auf die Höhe der Aussentemperatur. Aber dafür von der Betriebsamkeit der Politiker und Behörden her: So früh und so eifrig wie in diesem Jahr haben sie wohl noch nie über Littering debattiert. Noch bevor die Menschen wegen der Kälte länger als irgendwie nötig draussen sind und überhaupt erst in Versuchung kommen, ihre Picknick-Verpackungen, ihre Bierbüchsen und alten Zeitungen liegen lassen, wird landauf landab schon über neue Abfall-Verbote, -Gebühren und -Vorschriften gestritten.

Alle sollen mehr zahlen

Jacques Bourgeois, FDP-Nationalrat und Direktor des Schweizerischen Bauernverbandes, fordert ein nationales Littering-Verbot und schmerzhafte Bussen für die Schmutzfinke. Die Unterstützung der grossen Kammer hat er bereits auf sicher, wie die 109 Unterschriften für seine parlamentarischen Initiative zeigen.

Ein Erfolg, der auch andere anspornt, neue Ideen im Kampf gegen die Vermüllung unserer schönen Weiden, Wiesen und Städte zu entwickeln. Oder alte zur rezyklieren. So wie unter anderen auch CVP-Nationalrat und Bierbrauer Alois Gmür, der die Einführung eines obligatorischen Pfandes auf Getränkedosen verlangt.

Gar noch weiter gehen die Dachverbände der Gemeinden und Städte, die einen so genannten «Littering-Rappen» einfordern: Beim Kauf von PET-Flaschen, Aludosen oder Zigarettenpäckli soll eine vorgezogene Entsorgungsgebühr entrichtet werden. Zahlen sollen selbstverständlich alle Kunden – die vorbildlichen Entsorger genau gleich wie die Abfallsünder. Eine Ungerechtigkeit, welche die Verbände aber nicht davon abhält, mit dem «Verursacherprinzip» zu argumentieren.

Zwangsrecycling für Plastik

Ähnlich aktiv geben sich die Bundesbeamten in Bern. Wie die «NZZ am Sonntag» schreibt , plant das Bundesamt für Umwelt (Bafu) auf Geheiss des Bundesrates ein neues Recycling-System für Plastik. Die Läden sollen zum Beispiel gezwungen werden, leere Shampooflaschen, gebrauchte Folien und anderes Plastikmaterial wieder zurückzunehmen und wiederzuverwenden. Der Nutzen wäre zwar nicht so hoch wie etwa beim PET-Recycling; umso grösser soll dafür die erzieherische Wirkung sein: Im Bafu geht man davon aus, dass der Zwang die Läden bald einmal dazu bringen würde, ihre Ware sparsamer zu verpacken.

Die Händler selbst wollen davon allerdings nichts wissen. Ein solches Recycling bringe – neben den Kosten – nur sehr wenig, heisst es bei der Interessengemeinschaft der grossen Detailhändler. Und in einem ganz ähnlichen Sinn liess sich auch eine Coop-Managerin in der «NZZ am Sonntag» zitieren. Entsprechend eindeutig ist das Fazit, zu dem das Sonntagsblatt kommt: «Bei der Wirtschaft kommen die Pläne schlecht an.»

Und was denkt eigentlich der Konsument?

Vielleicht müsste man aber nicht nur die Wirtschaftsführer fragen. Sondern auch einmal die ganz normalen Menschen. Möglicherweise hätten die ganz interessante Ideen, wie die Entsorgung verbessert werden könnte. Ganz einfach auch, ohne neue Gebühren, ohne neue Verbote und ohne neuen Bussenandrohungen. Indem die Basler Stadtreinigung zum Beispiel aufhört, mit der Umstellung der Abfalltouren Leute zu verärgern. Oder indem alles an den gleichen Sammelstellen abgegeben werden könnte, zum Beispiel. Nicht nur Glas und Alu, sondern auch PET, Papier, Karton und Batterien.

Andere Länder bringen das schon seit längerem fertig, auch solche, die gemeinhin eher mit Abfallproblemen in Zusammenhang gebracht werden wie Italien oder Spanien. Nur in der schönen Schweiz muss man seine PET-Fläschchen und wohl bald auch das alte Plastikzeug an einen anderen Ort bringen als den Rest. Auch nicht unbedingt das, was man sich unter einer sauberen Lösung vorstellt.

Was ärgert Sie beim Entsorgen? Und welche Verbesserungen halten Sie für wirklich nötig? Schreiben Sie uns Ihre Meinung – in der Kommentarspalte oder in einer Mail an community@tageswoche.ch. Wir bleiben an dem Thema dran.
Übrigens gibt es auch Behörden, die einräumen, dass die getrennte Sammlung von Glas und Alu einerseits und PET auch Sicht des Konsumenten aufwändig sei. Alexander Isenburg, Leiter der Basler Stadtreinigung, zum Beispiel sagt das in einem Interview mit der TagesWoche. Eine Änderung sei dennoch nicht möglich, sagt er, weil die Entsorgung von PET über den Verein PET-Recycling und den Handel geregelt sei: «Da können wir uns nicht einmischen.» Eine überzeugende Erklärung? Auch zu dieser Frage würde uns Ihre Ansicht interessieren.

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