Die Überwachung der Bürgerinnen und Bürger wird immer grenzenloser. Anstatt sich gegen diese Entwicklung zu wehren, unterstützen die Politiker sie noch, aus Angst und Unwissen. Ein grosser Fehler.
Das Beste wäre natürlich, wenn die Massnahmen gar nie angewendet werden müssten: Mit dieser bemerkenswerten Aussage hat Sicherheitsdirektor Isaac Reber anfangs Woche das Ja der Baselbieter Regierung zum Hooligan-Konkordat begründet.
Da setzt sich also eine Regierung für ein neues, härteres Regime ein, das gar nicht nötig sein soll.
Ein Widerspruch, der in der Politik leider keine Ausnahme ist, sondern der Regel entspricht, vor allem im Bereich der Sicherheit, in dem die Emotionen dominieren.
Drei aktuelle Beispiele:
- Aus Angst vor marodierenden Fanbanden schliessen sich die allermeisten Kantone dem Hooligan-Konkordat an, ohne sich auch nur einen Moment die Fragen nach dem Sinn und der Verhältnismässigkeit zu stellen.
- Aus Angst vor Terror und Cyber-Attacken sind Bundesrat und Bundesparlament bereit, dem Nachrichtendienst weitreichende Kompetenzen zu geben. Telefongespräche abhören, Computer durchsuchen, private Wohnungen verwanzen: alles soll möglich werden. Oder besser gesagt: muss möglich werden, so gross wie die Gefahren sind. Seit dem 11. September 2001 sind in Bundesbern fast alle davon überzeugt – auch die grossen Kritiker und Warner von einst in den Reihen von SP und SVP.
- Aus Angst vor kriminellen Ausländern drängt das gleiche Parlament auf DNA-Datenbanken für «bestimmte Asylbewerber». Heute scheinen vor allem die Nordafrikaner und Osteuropäer verdächtig, bald werden es vielleicht andere sein. Und irgendwann wird vielleicht auch noch die Idee aufkommen, neben diesen Ausländergruppen auch noch alle jungen Erwachsenen zu erfassen, weil die auch in kriminalistischer Hinsicht aktiver sind als die Alten?
Alle sind verdächtig
Begründet werden diese Forderungen nach noch mehr Kontrolle mit den ewig gleichen Argumenten. Die neuen Massnahmen würden nur sehr zurückhaltend und sehr zielgerichtet eingesetzt, heisst es. Gegen Personen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen oder sogar schon kriminell geworden sind; am liebsten also gar nicht, wie Reber gesagt hat.
Dieses Denken ist falsch, weil Gesetze nicht in erster Linie dazu da sind, neue Möglichkeiten zu schaffen, sondern Grenzen zu setzen (darum sollten auch nicht mehr als wirklich nötig erlassen werden; aber leider haben das auch die meisten Bürgerlichen schon längst vergessen).
Gerade die Staatsmacht braucht diese klaren Limiten, vor allem im Bereich der Sicherheit. Sonst kümmern sich die Sicherheitsbeamten bald einmal um alle und jeden. Oder ist da etwa einer unter uns, der garantiert nie irgendeinen schwerwiegenden Fehler, eine Missetat begehen wird? Eben.
Das Netz der unbegrenzten Möglichkeiten
Daran sollten die Politiker mehr denn je interessiert sein, weil die moderne Technik und speziell das Internet auch den Spionen schier unbegrenzte Möglichkeiten bietet, wie die Enthüllungen des amerikanischen Geheimdienst-Informanten Edward Snowden zeigen.
Umso erfreulicher ist es, dass wenigstens die Basler auf die Problematik aufmerksam machen – mit ihrer kritischen Haltung gegenüber dem Hooligan-Konkordat und ihrem Widerstand gegen das neue Nachrichtendienstgesetz, das den Spionen wie die Erfüllung ihrer Wünsche vorkommen muss.
Noch ist es ein einsamer Kampf, den die Basler da austragen. Aber das macht ihn nur noch wichtiger.