Der Körperschleier ist in unserem Land kein reales Problem. Ebenso wenig wie der Walfischfang in Schweizer Seen.
Nach den Minaretten nun also die Burka. Es war absehbar, dass das Ja der Tessinerinnen und Tessiner zu einem Burka-Verbot jenen Kreisen Auftrieb gibt, die ein solches Verbot schon lange landesweit einführen möchten.
Sofort in Stellung gebracht hat sich etwa das Egerkinger Komitee, das 2009 bereits die Minarett-Initiative zum Erfolg brachte. Morgenluft wittert auch der Basler SVP-Grossrat Joël Thüring, Fürsprecher der Initiative für ein kantonales Vermummungsverbot, die im Mai im Grossen Rat durchfiel, weil sie kapitale Freiheitsrechte infrage stellt.
Was soll das alles? Worin liegt eigentlich das Problem?
Das fragen sich dieser Tage wohl manche Leute. Wie vor vier Jahren, als über schweizweit gerade einmal vier Minarette gestritten und abgestimmt wurde. Walter Wobmann, Solothurner SVP-Nationalrat und Mitglied des Egerkinger Komitees, brachte es diese Woche gegenüber dem «Liechtensteiner Vaterland» so auf den Punkt: «Wir wollen nicht nur im Tessin, sondern auch in Basel und in Genf keine voll verschleierten Leute.»
Wo sieht man «voll verschleierte Leute» in Basel – ausser an der Fasnacht?
Eine klare Ansage. Bloss: Wo sieht man je «voll verschleierte Leute» in Basel – ausser an der Fasnacht? Kann uns eine Handvoll burkatragender Frauen aus reichen Golfstaaten, welche die Genfer Rue du Rhône entlangschlendern, wirklich ernsthaft irritieren?
Und überhaupt: Gäbe es nicht Wichtigeres zu tun, als das Rad der Geschichte bis vor das Jahr 1798 zurückzudrehen, als hierzulande die Kleiderverbote abgeschafft wurden? Es war die Zeit der Aufklärung. Das Ancien Régime lag am Boden, der Ruf nach Freiheit und Demokratie erstarkte.
Verhältnismässigkeit ist ein zentraler und bewährter Grundsatz unserer Rechtsprechung. Verbote werden ausgesprochen, wo konkrete Probleme herrschen, die sich dank Gesetzen lösen lassen.
Die Burka ist kein Problem. Ebenso wenig wie der Walfischfang in Schweizer Seen. Sonst müsste man schleunigst ein entsprechendes Verbot erlassen.
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