Braungrüne Propaganda

Das Kampagnen-Video zur Ecopop-Initiative argumentiert mit unzulässigen Vereinfachungen und zeugt von einer rassistischen Gesinnung. Alois-Karl Hürlimann hat den Text des Videos analysiert.

«Es wird eng in der Schweiz»: Dichtestress, einfach erklärt im Propagandavideo von Ecopop.

Das Kampagnen-Video zur Ecopop-Initiative argumentiert mit unzulässigen Vereinfachungen und zeugt von einer rassistischen Gesinnung. Alois-Karl Hürlimann hat den Text des Videos analysiert.

Es ist eine massive Anmassung, welche auf den «geistigen Hintergrund» verweist:

«Zur ganzheitlichen Bewältigung der weltweiten Überbevölkerung packt die Initiative das Problem in der Schweiz sowie in Entwicklungsländern an.»

Einem Menschen, der seine direkte Umwelt alltäglich so wahrnimmt, dass er deren Heterogenität – also deren individuelle als auch soziale Verschiedenheit – erkennt, würde ein solcher Satz niemals einfallen.

Zur «ganzheitlichen Bewältigung» heisst, dass «man» in der Schweiz und aus der Schweiz heraus die Problematik angeblicher Überbevölkerung mit Hilfe zweier Verfassungssätze ein für allemal lösen könne. 

1. Die Ecopopisten-«Lösung» für die Schweiz:

«Es wird eng in der Schweiz. Wir Schweizer sind ein wohlhabendes  Volk und konsumieren deshalb viel. Bereits in der Vergangenheit haben wir dabei weite Teile unseres Landes mit Häusern und Strassen verbaut. Es nützt keinem, wenn die Schweiz 10 Millionen Einwohner hat. Wir werden damit nur etwas vom Schönsten schädigen, das wir haben: Unsere Natur und unsere Lebensqualität.

Deshalb fordert die Ecopop-Initiative eine Begrenzung der Netto-Zuwanderung von 0,2 % der ständigen Wohnbevölkerung.»

Der Wohlstand drückt sich aus, indem «wir» in der Vergangenheit weite Teile des Landes zugebaut haben. Daraus schliesst die Ecopopisten-Logik: Es nützt keinem, wenn die Schweiz zehn Millionen Einwohner hat. Das eine hat aber mit dem anderen allerhöchstens nur sehr am Rande, eigentlich nichts zu tun. 

Das eine ist zu 95 Prozent, wenn nicht vollständig, Folge einer fehlenden Landesplanung – oder wie man in der Schweiz den Umgang mit der Ressource Boden auch sonst nicht organisiert hat, wie es in einem kleinen Land notwendig wäre. Vielmehr hat man die in den heutigen Grenzen des Staates Schweiz nicht vermehrbare Ressource Boden dem eingeschränkten und egoistischen Blick einer weit übertriebenen Gemeindeautonomie und zahlreichen auch lokal ansässigen Bodenspekulanten ausgeliefert.

Das andere ist erst einmal einfach das Wachstum der Bevölkerung. Die Bevölkerung der Schweiz wächst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ständig. Ein Teil des Wachstums ist immer durch Zuwanderung zustande gekommen. Zuwanderung, die seit über 150 Jahren überwiegend mit der schweizerischen Wirtschaft zu tun hat.

Wie wuchs – zum Beispiel – die Stadt Basel im 19. Jahrhundert?

Im Jahr 1850 hatte Basel-Stadt 29’700 Einwohner. Davon waren immerhin 6800 «Ausländer», meistens Badenser oder Elsässer. 50 Jahre später, im Jahr 1900, hatte Basel-Stadt 112’300 Einwohner. Davon waren 43’000 Ausländer. Zu den Badensern und Elsässern kamen da noch viele Italiener, welche in den Baugewerben arbeiteten. Ein überwiegender Teil des Bevölkerungswachstums zwischen 1850 und 1900 beruhte auf Zuwanderung aus dem Ausland. Der Grund für die Zuwanderung bestand darin, dass es in Basel ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer mehr Industriearbeitsplätze gab. 

Die Zuwanderung wurde durch vielerlei Massnahmen aufgefangen, zum Beispiel mit ausgedehntem Genossenschaftswohnbau. Man hat in Basel die «Ausländerzahl» in der ersten und zweiten Dekade des 20. Jahrhunderts aber auch dadurch reguliert, als ausserordentlich viele Einbürgerungen auf sehr unkomplizierte Art vorgenommen wurden. Was natürlich auch damit zu tun hatte, dass die Zuwanderung vor allem aus Südbaden und dem Südelsass, also aus der zwar fremdstaatlichen, aber nicht als fremd empfundenen Nachbarschaft, stattgefunden hatte. Die Bevölkerungszunahme von 1850 ins Jahr 1900 betrug in Basel rund 380 Prozent! 

(Quelle: Historisches Lexikon der Schweiz)

Wem hat diese «exzessive» Bevölkerungszunahme in Basel «genützt» oder «geschadet»?

Man sieht sofort: Nützlichkeit oder Schaden sind keine Beurteilungskriterien, mit denen man den Begriff Bevölkerungswachstum auf einen einzig gültigen Nenner bringen kann. Wer das tut, vereinfacht, bezogen auf Probleme des Wachstums insgesamt (wirtschaftlich, bevölkerungsbezogen, bildungspolitisch, Lebenserwartung des Individuums usw.), unverantwortlich und unzulässig.

Hauptsache: «Unsere» Lebensqualität. «Unser» Jetzt-Sein. «Unser» Heute.

Sich über die Dürftigkeit dieses utilitaristischen Satzes wohl selber im Klaren gehen die Ecopopisten deshalb in ihrem Propagandatext in unterschwellig angebrachte Botschaften über. Einmal dadurch, dass sie «unsere» Natur, die das schönste sei, was wir haben, bemühen. Und zum zweiten weisen sie auf «unsere Lebensqualität» hin. Damit setzen sie zwar einen Widerspruch zur vorherigen Aussage, wonach «wir» in der Vergangenheit «unser Land» mit Häusern und Strassen zugebaut hätten, aber das ist egal. Hauptsache: «Unsere» Lebensqualität. «Unser» Jetzt-Sein. «Unser» Heute. 

Im Videotext kommt der Begriff «Natur» mehrmals vor:

«Die Ecopop-Initiative entfacht eine Diskussion über unsere Landesgrenzen hinaus. Sie fühlt den Puls der Zeit und inspiriert die Menschen, denen unsere Erde am Herzen liegt, etwas gegen die Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen zu unternehmen.» 
«Darum bietet die Ecopop-Initiative die Möglichkeit, der immer schneller fortschreitenden Zerstörung unserer Natur Einhalt zu gebieten.» 
«Wir müssen mit unserer Welt verantwortungsbewusst umgehen. Eine Welt, die keinen unendlichen Platz bietet und auf deren natürliche Ressourcen wir alle angewiesen sind.»
«Stimmen Sie Ja zur Initiative «Stopp der Überbevölkerung zur Sicherung der natürlichen «Lebensgrundlagen». Unseren Kindern und der gesamten Natur zuliebe

Auffallend: Was sie, die Ecopopisten, unter «Natur» verstehen, erklären sie nirgendwo. Deshalb hier, als Bemerkung zum Gebrauch des Begriffs «Natur» verstanden, das Folgende:

Das «schönste» was wir haben, angeblich «unsere Natur», ist seit vielen Jahrzehnten mit Nützlichem verbunden und überall sichtbar und erfahrbar, nicht zuletzt auch überlaut hörbar, mit allerhand Unnatürlichem in grossem Stil «erschlossen» worden. Man kann anfangen bei den meistens völlig verprivatisierten Seeufern, kann dann auf einem der zahlreichen  bergbahnerschlossenen Alpengipfel im Rundblickrestaurant sitzen und, wenn man Lust hat, irgendwann ins Tal hinuntersteigen, etwa in Uri oder in der Leventina im Tessin, im Domleschg oder im Wallis und sich am 24-Stunden-Sound der Autobahnen erquicken: Jede Menge umgestaltete Natur!

Trotzdem ist da auch «Natur». Gezähmte, bewirtschaftete. Aber es ist auch Landschaft, die den «Einheimischen» ein sinnvolles Leben vor Ort ermöglicht.

Etwas ganz anderes an Problematik stellt sich ein, wenn der Begriff «Ressource» ins Spiel gebracht wird.

Frage: Was verstehen die Ecopopisten unter «natürlichen Ressourcen»? 

Gut, sicherlich zählen sie das Wasser dazu. Vermutlich denken sie auch an die Luft. Beide lebensnotwendigen Ressourcen nennen sie aber nicht. Dafür unterstellen sie, dass «die Zuwanderung», also die Menschen, die «wandern», «unsere natürlichen Ressourcen» bedrohen würden. Dazu formulieren sie wie folgt:

«Doch was heisst das am praktischen Beispiel?

In den letzten 7 Jahren sind durchschnittlich  über 160’000 Menschen pro Jahr in die Schweiz eingewandert. Gleichzeitig haben jährlich 90’000 Menschen die Schweiz verlassen. Also hatten wir eine Nettozuwanderung von rund 70’000 Menschen pro Jahr. Da 0,2 % der ständigen Wohnbevölkerung etwa 16’000 Menschen entspricht, hätten bei Annahme der Ecopop-Initiative immer noch über 100’000 wichtige Arbeitskräfte pro Jahr einwandern können.

Die Ecopop-Initiative will also die exzessive Einwanderung der letzten Jahre um einen Drittel reduzieren. Dies müsste ausreichen, um unsere wirtschaftlichen und kulturellen Anliegen zu erfüllen.»

Die «Natur» mitsamt den «natürlichen Ressourcen» ist bei dieser Kleinkleinrechnerei nur insofern zu erkennen, als es in der Natur von Krämern liegt, alles, was sie umgibt, mit Kleingeld und dessen «Addition» oder «Subtraktion»zu bewerten und daraus eine Nützlichkeit abzuleiten. «Natur» an sich ist in unseren Breitengraden schon längst nicht mehr «natürlich», sondern anerzogen oder angewöhnt, kultiviert oder gestört, gepflegt, oft auch «denaturiert» oder auch mal «renaturiert».  

Dem  Begriff «netto» steht  als Berechnungsgrundlage  der Begriff «brutto» zur Seite. Wenn man «netto» erkennen will, muss man auch «brutto» kennen. Als einziges Nettozuwanderungskriterium nennen die Ecopopisten in ihrem Propagandatext «wichtige Arbeitskräfte», welche  schon noch in die Schweiz gelangen würden. 

Da stellt sich sofort die Frage nach den Kriterien für «wichtige Arbeitskräfte».

Gehören zum Beispiel die etwa 50 Millionen Flüchtlinge weltweit und die wenigen von ihnen, welche die Schweiz erreichen, in das «Netto» der Zuwanderung? Sind sie für die Ecopopisten nicht – stillschweigend natürlich –  blosses statistisches Material im «Brutto», mit welchem man die 0,2 Prozent  «netto» dann ohne grosse Mühe erreichen kann?

Ecopop biedert sich an SVP-Propaganda und an all die Xenophoben an.

Der Begriff «wichtige Arbeitskräfte» ist eine sprachliche Anbiederung an die SVP-Propaganda. Von dieser Seite ist die AUNS-Fraktion folgerichtig ins Feld der Unterstützer von Ecopop einmarschiert.  

Die Begriffsanwendung ist zusätzlich auch eine Anbiederung an all die Xenophoben in der Schweiz, welche in jedem Zuwanderer die Bedrohung sehen (wollen) und die das Asylwesen mitsamt dessen völkerrechtlichen Verpflichtungsaspekten bloss als eine Einrichtung für «Asylmissbrauch» erkennen und deshalb für die Schweiz abschaffen wollen. 

Man muss als Ecopopist den Begriff «Asyl» oder «Flüchtling» in der deutschschweizerischen Politiklandschaft mit der jahrzehntelang von vielen politisch Handelnden und vor allem vielen Medien geübten Unterwerfung unter das SVP-Sprachdiktat gar nicht nennen. Indem man «wichtige Arbeitskräfte» als einziges Kriterium für Zuwanderungsberechtigung formuliert, organisiert man sich die Unterstützer dort, wo Rassismus und Xenophobie als Alltäglichkeit existieren. 

Die Ecopopisten tun ein weiteres, um diese Kreise mit fadenscheinigen, unbewiesenen, dafür aber immer zugkräftigen Unterstellungen an «die Wirtschaft» zu mobilisieren:

«Initiative und Initianten wurden in letzter Zeit von Wirtschaftsvertretern angegriffen, jenen Kreisen, die von einem stetigen Bevölkerungswachstum profitieren und somit die Lebensgrundlagen von uns allen leichtfertig aufs Spiel setzen.» «Jedoch werden Bundesrat und Parlament von Lobbyisten beeinflusst. Darum liegt es an uns, den Bewohnerinnen und Bewohnern der Schweiz, für ein zukunftsfähiges Wachstum einzustehen und im Sinne unserer Kinder verantwortungsbewusst zu handeln.»

Diese  «Wirtschaft» hat Folgen:

«Es wird eng in der Schweiz.»«Während wir mit überfüllten Zügen und überbauten Landschaften zu kämpfen haben…»

Die  Zusammenlegung von «überfüllten Zügen» und «überbauten Landschaften» weist auf eine weitere unterschwellige Botschaft der Ecopopisten an ganz bestimmte Kreise hin: 

In der Schweiz sei es (zu) eng geworden. 

In Basel, in Zürich, in Bern, in Lausanne, in Genf, in Luzern, in Lugano, seit einiger Zeit auch in einigen anderen Städten, etwa in Zug, in Baden oder in Winterthur, welche nicht bloss «Schlafgemeinden» abgeben, sondern voll ausgebaute Stadtstrukturen aufweisen, geht es schon seit Jahrzehnten «eng» zu und her. Wie es halt in Städten seit Menschengedenken, jedenfalls auch im Mittelalter, eng zu- und herging und zu- und hergeht.

In diesen Stadtregionen, Agglomerationen oder neuerdings Metropolitanregionen genannt, lebt der überwiegende Teil der schweizerischen Bevölkerung. Je näher am Kern der jeweiligen Stadtregionen man sich befindet, desto dichter ist das Leben organisiert. Also auch: Desto enger sind die Wohnungsbauten beieinander, desto voller sind die Trams, die Busse und auch die S-Bahnen. Weil die Stadtregionskerngebiete in der Schweiz teilweise nicht einmal 50 Kilometer auseinanderliegen, existiert, wen wundert’s, seit Jahrzehnten ein den Bedürfnissen angepasster sehr dichter Bahnverkehr. 

Als Bewohner einer der grossen europäischen Metropolen ist mir das Phänomen der «überfüllten Züge» sehr geläufig. Wenn ich mich in Berlin bewege, muss ich wegen der schieren Grösse der Stadt oft S-Bahnfahrten mit mehr als 20 oder 30 Kilometer Entfernung von A nach B antreten, was durchaus eine Stunde Fahrzeit bedeuten kann. Natürlich in überfüllten U-Bahn-, S-Bahn- oder Regionalbahnzügen. Das ist nun mal ein Phänomen der Verkehrsinfrastruktur in Metropolregionen. Nicht bloss in der Schweiz. Nicht bloss in Europa. Sondern global überall dort, wo es eine öffentliche Verkehrsinfrastruktur gibt.

Es ist einfach unstatthaft, für «überfüllte Züge» die «Zuwanderer» verantwortlich zu machen.

Als ich in den frühen Siebzigerjahren eine Weile lang in Paris wohnte, waren mir überfüllte Métrozüge durchaus eine alltägliche Erfahrung. Als ich seit Mitte der Siebzigerjahre in Basel wohnte, habe ich täglich, vor allem am Morgen und nach 17 Uhr, überfüllte Trams und Busse erlebt. Dieses Phänomen existiert wohl, seit es «öffentlichen» Nahverkehr gibt. Es existiert in Städten genau so wie die täglichen Stosszeiten seit vielen Jahrzehnten.

Es ist sachlich gesehen einfach unstatthaft, für «überfüllte Züge» die «Zuwanderer» verantwortlich zu machen. Die Mobilitätsbedürfnisse aller Bewohnerinnen und Bewohner der Schweiz oder Deutschlands, von Berlin, von Zürich oder Basel genauso wie jene von Eimeldingen oder Hinterkrachingen, von Waldenburg oder von Hintertupfingen sind es, welche volle Züge, volle Autobahnen, gut gefüllte Bars, Cafés und Einkaufscenters generieren. 

Deshalb ist klar: Unsere schlauen Ecopopisten lancieren eine Art Erinnerung an eine romantische Dorfidylle, der sie dann die Botschaft unterjubeln, dass «wir» unseren Platz zum Leben verlieren. So eine verlogene Botschaft wirkt auf die Dörfler, die es eigentlich schon längst nicht mehr gibt, die aber in vielen SVP-beeinflussten ultraschweizerischen Köpfen, wo das Wahrnehmen der Realität und das Denken darüber völlig verstellt ist, auf aufnahmebereite Vorurteilspraxis fällt. 

2. Die Erde als Spielfeld der schweizerischen Ecopopisten

«Unsere Bevölkerung, wie auch die der ganzen Welt, wächst unvermindert weiter. Um 1800 gab es auf der Erde 1 Milliarde Menschen. Etwa 100 Jahre später waren es 2 Milliarden. Ein solcher Zuwachs von 1 Milliarde Menschen benötigt heute gerade noch 12 Jahre.

Diese Entwicklung kann und darf nicht ewig so weitergehen.

Darum bietet die Ecopop-Initiative die Möglichkeit, der immer schneller fortschreitenden Zerstörung unserer Natur Einhalt zu gebieten.»

Worin besteht sie nun, «die» – nicht «eine», sondern «die», also die einzig wahre – Möglichkeit,  dieser Zerstörung Einhalt zu gebieten? 

Aus Ecopopistensicht aus zwei Elementen:

In der Beschränkung auf 0,2 Prozent Zuwanderung zur jeweiligen Bevölkerung am Ende eines Jahres in der Schweiz und in der verfassungsbestimmten Verpflichtung, dass 10 Prozent der schweizerischen Entwicklungshilfe der staatlichen DEZA für den Bereich «Familienplanung» in den «Entwicklungsländern» ausgegeben werden müssen.

Zur «grünen» Absicht, Menschen aus dem angeblich aufgefüllten, keinen Platz für Zuwanderer mehr bietenden Biotop namens Schweiz fernzuhalten, kommt ein von rassistischen Vorurteilen getränktes Beglücken von Entwicklungsländerbevölkerungen. Diese Beglückung bezeichne ich aus folgenden Textgründen als «braun»:

«Die Menschen befinden sich dort teilweise seit Jahrzehnten in einem Teufelskreis, aus welchem sie nicht aus eigener Kraft entfliehen können.

Vereinfacht sieht dieser Kreis wie folgt aus:

Menschen in Armut sind leider noch immer oft zur Kinderarbeit gezwungen. Dabei verpassen sie die Chance auf Bildung, welche sie über Familienplanung und Sexualität aufklären könnte. Unter anderem führt dies zu 80 Millionen ungewollten Schwangerschaften pro Jahr. Dies ist ein Drittel des weltweiten Bevölkerungswachstums. Einer jungen Mutter ohne Ausbildung oder Perspektive  fehlt jede Möglichkeit zur wirtschaftlichen Selbstbestimmung, wodurch sie und auch ihre Kinder in der Armut gefangen bleiben.»

Wie die Behauptung, dass 80 Millionen Schwangerschaften jährlich «ungewollt» seien, belegt, gar auch nur in Ansätzen «bewiesen» werden kann, spielt keine Rolle. Die Behauptung ist blosses Propagandagerede, genauer: Übles Hetzgeschwätz. Aber das Geschwätz kann Stimmung erzeugen: Wow, 80 Millionen ungewollte Schwangerschaften pro Jahr! Und das, weil die Leute «dort», also in «Entwicklungsländern», nicht über Sexualität aufgeklärt sind. Genauer:

«Die Ecopop-Initiative durchbricht diesen Teufelskreis an einem sinnvollen und konkreten Punkt, indem Frauen in Entwicklungsländern der Zugang der Bildung über die Familienplanung und Verhütungsmittel ermöglicht wird

Mit anderen Worten: Weil es zu 80 Millionen ungewollten Schwangerschaften kommt, die ihrerseits einen Drittel der weltweit pro Jahr erfolgten Geburten ausmachen würden, kommt es  zu jenem weltweiten Bevölkerungswachstum, welches laut Ecopopisten «die Erde» oder «den Planeten»  zerstört. Die ungewollten Schwangerschaften wiederum sind der Ungebildetheit der Frauen in Entwicklungsländern zu verdanken – und die Menschen «dort» damit, wie die Ecopopistenlogik haarscharf schliesst,

«teilweise seit Jahrzehnten in einem Teufelskreis (verbleiben lässt), aus welchem sie nicht aus eigener Kraft entfliehen können». 

Da soll nun «die Schweiz» die einzig wirksame Erziehungsaufgabe übernehmen und über die DEZA 10 Prozent des jährlichen Zusammenarbeitsbudgets für Verhütungsmitteldistribution ausgeben – damit «dort» das Kinderkriegen reguliert wird. 

Kurz: Arme Frauen sollen möglichst keine Kinder mehr gebären. Armut, laut Ecopopisten ein Teufelskreis, hat ausschliesslich mit Millionen «ungewollten Schwangerschaften in Entwicklungsländern» zu tun. Kein Wort über andere Gründe der Armut und der Unterentwicklung, namentlich in Afrika: Raubbau an den «natürlichen Ressourcen» durch wenige weltweit operierende Erdölfirmen, Rohstofffirmen (von denen eine der grössten «Händlerinnen» ihren Sitz in der Schweiz hat: Glencore), Diebstahl an Wasser (wo wiederum die weltweit führende «Spezialistin» ihren Sitz in der Schweiz hat: Nestlé). Kein Wort über die von wenigen Samenhändlern mit Hilfe von fragwürdigen Patenten blockierte Veränderung einheimischer Landwirtschaften «in Entwicklungsländern» zum Anbau lokaler Fruchtvielfalt.

Dafür eine billige Anmache an die Genderpolitik in Europa oder Nordamerika:

«Dies (die 10 Prozent DEZA-Gelder für Verhütungsmitteldistribution) ist nichts anderes als eine Hilfe zum selbstbestimmten Leben und ist eine der wichtigsten Massnahmen, wenn es darum geht, Armut und Elend langfristig und nachhaltig zu bekämpfen. Umfassende Studien beweisen, dass Frauen, welche die Möglichkeit auf Familienplanung haben, später schwanger werden und weniger Kinder haben, besser ausgebildet und allgemein zufriedener sind.»

Dies (die Eloge auf «selbstbestimmtes Leben) ist nichts anderes als eine Verhöhnung von über 800 Millionen Menschen (laut Welthungerhilfe), welche an umfassender Unterentwicklung leiden. Als ob 10 Prozent des schweizerischen Entwicklungshilfebudgets für irgend eine Massnahme zu Gunsten «der Frauen in Entwicklungsländern» auch nur einen Tropfen auf den heissen Stein ausmachen könnten!

Eine Verhöhnung, die kein Mensch vornehmen würde, dem es wirklich um eine Verbesserung der Lebensgrundlagen «in Entwicklungsländern» geht. Sie ist von einem rassistischen Element beherrscht: Die dort können das nicht. Also bringen wir denen das Material, damit sie nicht unnötige Kinder produzieren. Die können das nicht, weil sie ungebildet sind. Ungebildet sind sie, weil sie unterentwickelt sind. «Wir» hingegen sind entwickelt, gebildet, unsere Frauen leben durchs Band ein «selbstbestimmtes Leben». Deshalb wissen wir, was für unsere Erde gut ist: Kein Bevölkerungswachstum in Entwicklungsländern, wo sich Armut, Ungebildetheit, Primitivität in Sachen Sexualität ausbreitet, indem es den Teufelskreis laufend ausweitet. Man, fordern die Ecopopisten, muss den Nachwuchs der Unterentwickelten verunmöglichen.

Das ist Ausdruck einer rassistischen Gesinnung. 

3. Fazit

Was will die Ecopop-Initiative?

Sie will die Zuwanderung in die Schweiz beschränken. In der Verfassung würde dann stehen, dass die «Zuwanderung» auf 0,2 Prozent der Bevölkerung beschränkt wird.

Mit der Zuwanderungsbeschränkung nichts zu tun hat die zweite Forderung der Initiative:

Jährlich sollen zehn Prozent des DEZA-Budgets für Geburtenregulierung «in Entwicklungsländern» ausgegeben werden.

Mit der zweiten Forderung wollen die Initianten sich von rechtsextremen und xenophoben Radikal«forderungen» unterscheiden. Sie geben vor,  sich um «unsere Erde» zu kümmern. 

Was diese Besorgnis allerdings hervorgebracht hat, nämlich zehn Prozent DEZA-Budget für Verhütungsdistribution «in Entwicklungsländern» verfassungsmässig zu binden, ist bezüglich der Möglichkeiten, Geburtenzahlen einzuschränken, völlig nutzlos. Das wissen auch die Initianten. 

Weil dem allem so ist, zeigt sich die wirkliche Gesinnung der Ecopopisten indirekt sehr deutlich: «Reinhaltung» der Schweiz vor Zuwanderung und Behinderung von Bevölkerungswachstum bei «Unterentwickelten». Da letztere aus Gründen, die die Ecopopisten in ihrer Propaganda anführen,  bildungsmässig, kulturell und wirtschaftlich nicht auf «unserem Stand» sind, muss man ihr Wachstum im Interesse «unseres Überlebens» entschleunigen, am besten unterbinden.

Für mich ist das Ausdruck einer sehr überheblich angelegten Selbstwahrnehmung, welche mit rassistischen Elementen angefüllt sektiererisches Verhalten allgemeinverbindlich erklären will. 

Es ist Sektendogmatik, welche die Ecopopisten in ihrem Propagandavideo sprachlich zum Ausdruck bringen. 

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»Auf die Einbettung/Verlinkung des Ecopop-Videos wurde bewusst verzichtet. Ein vollständiges Transkript des Videotexts finden Sie auf der Rückseite dieses Artikels

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Auf die Einbettung/Verlinkung des Ecopop-Videos wurde bewusst verzichtet. Ein vollständiges Transkript des Videotexts finden Sie auf der Rückseite dieses Artikels.

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