Auf den Baum gekommen

Der Weihnachtsbaum gehört zum Fest der Nächstenliebe wie die Schlaufe am Geschenk und Rudolfs rote Nase. Besonders in Zunzgen wächst eine Vielzahl von ihnen. Anita und Beat Hugi-Schneider machen dort die Ernte zum Erlebnis. Ein Besuch mit Familie Mathys.

(Bild: Lucas Huber)

Der Weihnachtsbaum gehört zum Fest der Nächstenliebe wie die Schlaufe am Geschenk und Rudolfs rote Nase. Besonders in Zunzgen wächst eine Vielzahl von ihnen. Anita und Beat Hugi-Schneider produzieren Blau-, Rot-, Weiss- und Nordmanntannen fürs Oberbaselbiet. Sie machen die Ernte zum Erlebnis. Ein Besuch mit Familie Mathys.

Mit vorsichtigen Schritten watet die Familie Mathys durch den matschigen Untergrund. Ein falscher Schritt, und man taucht bis über die Stiefel ins dreckige Nass. Darum hofft Landwirt Beat Hugi stets auf tiefe Temperaturen so kurz vor Weihnachten. Dann nämlich wäre die Baumauslese auf seiner Weihnachtsbaumplantage ein Spaziergang in Halbschuhen. Zumindest fast.

Es ist Samstag vor Weihnachten. Weihnachtsbaumkauftag Nummer 1, die Parkplätze um den Hof sind prall gefüllt, und der Plantagenboden ist aufgeweicht. Gummistiefelland. Das hindert all die Familien nicht daran, trotzdem aufs Feld zu gehen, ihren eigenen Baum auszusuchen und selbst Hand anzulegen, das Bäumchen zu fällen. Und so streift die Familie Mathys, eigens aus Thürnen gekommen, mit einem Fuchsschwanz bestückt durch kleinere und grössere, durch buschigere und kahlere Bäumchen, durch Weiss- und Rot-, durch Blau- und Nordmanntannen. 

Betreiber der Plantage rund um den Hardhof ob Zunzgen sind Anita und Beat Hugi, die eigentlich in Eptingen daheim sind und dort ihre eigene Rinderzucht betreiben. Sie haben das Weihnachtsbaumfeld Anfang Jahr von Anitas Vater übernommen. Der heisst Albert Schneider und ist eine Kapazität auf dem Gebiet. Schneider-Bäume, das ist ein Begriff im Oberbaselbiet.




Anita und Beat Hugi-Schneider. (Bild: Lucas Huber)

Nun bewirtschaften die Hugis die fünf Hektaren rund um den Hardhof ob Zunzgen. 5000 Bäume könnten hier statistisch pro Saison geerntet werden. Doch Weihnachtsbäumchen mögen etwa die Trockenheit nicht, wie sie vergangenen Frühling herrschte. «Leider gingen viele ein», erklärt Beat Hugi, ohne sich zu beklagen.

Denn der Weihnachtsbaumverkauf dieses Jahr läuft gut, bis zur Weihnacht werden die Hugis rund 2000 Bäume verkauft haben, vor allem an Wiederverkäufer. Doch auch Private gehören zu den Kunden. Die ersten kommen bereits im Oktober auf den Hof. Dann liegen Bändel bereit, mit denen jeder seinen Baum reservieren kann. Kurz vor Weihnachten ist dann Abholzeit.

«Wir beobachten manch einen, der stundenlang durch die Plantage schlendert», erzählt Anita Hugi grinsend. Manchmal stapfen auch Kinder mit Fuchsschwänzen bewaffnet zwischen den Bäumchen umher. Geflissentlich suchen sie sich dann eins aus, mustern es aus allen Windrichtungen, fällen es. Ernte-Event auf dem Hardhof, von dem auch die Familie Mathys profitiert, die noch immer nach dem perfekten Bäumchen sucht.

Das Ziel ist ein «naturgeküsster Baum».

Mitte November läuft die Weihnachtsbaumsaison so richtig an. Deckäste wechseln dann den Besitzer und Adventsbäume, stramme Burschen, die auf Gemeindeplätzen und in Einkaufsstrassen Festtagsstimmung verbreiten. Für die Hugis bedeutet dies dann doppelte Arbeit. Tagsüber kümmern sie sich um den Baumverkauf, «unseren eigenen Hof versorgen wir frühmorgens und spätabends», sagt Anita Hugi. Hinzu kommen zahlreiche Nachteinsätze, um alles unter einen Hut zu bringen. «Trotzdem: Ohne die Hilfe der Familie würde es nicht hinhauen.»

Das Weihnachtsbaumgeschäft ist ein nadeliges Business. Importe aus dem Ausland ergänzten einst die heimische Baumproduktion. Vor rund einer Dekade konstituierte sich die IG Suisse Christbaum – mit Erfolg. Sie konnte Landwirte motivieren, was die hiesige Produktion gehörig vorantrieb. Heute ist der Markt gesättigt mit einer wachsenden Zahl einheimischer Bäume und einer konstanten Zahl importierter.




Das Geschäft mit den Weihnachstbäumen ist in der Schweiz wieder eines. (Bild: Lucas Huber)

Von der Baumschule kaufen die Hugis die zweijährigen Setzlinge, rund 20 Zentimeter hoch sind sie dann. Weitere sechs Jahre braucht eine Rottanne bis zur Reife, bis zu zehn eine Nordmanntanne, der edle unter den Weihnachtsbäumen. Die perfekte Form haben längst nicht alle. «Das ist auch gut so, denn viele Kunden suchen naturgeküsste Bäume», sagt Beat Hugi.

So nennt er einen Baum, der nicht in perfekter Gleichmässigkeit gediehen ist, wenn ein Ast etwas absteht, auf einer Seite eine Lücke klafft, die Spitze kurvig in den Winterhimmel ragt. Und dann gibt es noch die besonders Naturgeküssten. Von ihnen benutzen die Hugis lediglich die Äste, denn die Nachfrage nach Deckästen erfreut sich steigender Beliebtheit. Doch mit der richtigen Technik und etwas Fingerspitzengefühl können selbst naturgeküsste Bäume den Sommer über in die gewünschte Form gebracht werden. «Für uns», sagt Beat Hugi, «ist der Weihnachtsbaum eine ganzjährige Aufgabe.»




Der perfekte Baum ist gefunden, nun brauchts nur noch den Fuchsschwanz. (Bild: Lucas Huber)

Nach gewissenhafter Suche hat die Familie Mathys den Auserwählten gefunden, eine gleichmässig runde, winterlich gepolsterte Nordmanntanne für die warme Stube. Papa Mathys legt die Säge an, während ihm Mama und die beiden Kinder genau auf die Finger schauen. Dann fliegen die Späne, der Baum erbebt und wankt, bis er schliesslich rauschend fällt.

Zurück auf dem Hofplatz, wo offerierter Kaffee und Gebäck als Belohnung im warmen Stübli warten, verkaufen die Hugis Baum um Baum. Längst nicht alle Kunden fällen selbst. Unentwegt ist er mit der Motorsäge unterwegs, um Nachschub zu schlagen, hinter sich ein ganzes Team, das rüstet, verlädt, einnetzt, kassiert, Kaffee ausschenkt.




Gut verstaut, muss das gute Stück noch werden. (Bild: Lucas Huber)

Ernte nach Mondphasen

Der Holzschlag nach Mondphasen ist weit verbreitet, auch wenn die ihm nachgesagten positiven Eigenschaften bis heute ihren wissenschaftlichen Beweis schuldig bleiben. Aber zahlreiche Förster, Händler und Verarbeiter schwören darauf. Auch Beat Hugi schlägt Beat Hugi seine Weihnachtsbäume nach den Mondphasen, soweit dies möglich ist. Der Baum bleibe dadurch saftiger, hielte den Duft und auch seine grüne Farbe besser. Besonders punkto Saft habe das dann nicht nur ästhetische Gründe, sagt der Weihznachtsbaumproduzent, sondern auch feuerpolizeiliche. Je saftiger der Baum nämlich, desto länger widersteht er einem allfälligen Feuer.




(Bild: Lucas Huber)


Wer noch mehr für die Saftigkeit seines Baumes tun will, für den hat die Familie Hugi einen weiteren Tipp parat: Heute spitzt man den Weihnachtsbaum nicht mehr an. Damit sich der Baum optimal mit Wasser versorgt, muss die Rinde bis ins Wasser reichen. Das erzählt einem Beat Hugi gern bei einem Kaffee. Den gibt es nämlich beim Kauf eines Baums auf dem Hardhof gratis dazu. «Schliesslich wollen wir auch etwas weihnachtliche Stimmung verbreiten.»

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