Sie schminkte Models – jetzt verbreitet sie andere Schönheitsrezepte

Wahre Schönheit kommt von innen – genauer aus dem Darm. Dort liegt die Basis eines gesunden Immunsystems. Davon handelt das neuste Buch der Make-up-Artistin Dora Borostyan.

Dora Borostyan kreiert lieber für die Kamera, als selbst zu posieren – das Foto ist gleichwohl gelungen. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Fachfrauen für den Verdauungstrakt kennt man, seit Giulia Enders ihr Bestseller-Buch «Darm mit Charme» mit viel Schalk in Talk-Shows vermarktete. Auch Dora Borostyan spricht vom Darm als zweitem Gehirn: «Die Bakterien der Darmflora beeinflussen nicht nur unser Immunsystem, sondern auch unsere Psyche.»

Damit sind die Parallelen zwischen den beiden Autorinnen beinahe fertig gezogen. Borostyans «Kochen für ein starkes Immunsystem» beginnt am Anfang des Essgenusses und ist weniger amüsante Sach-Literatur, denn ein praktischer Ratgeber, inklusive Rezepten. «Die hat meine Mitautorin Carola Schoch eigens für dieses Buch zusammengestellt», erklärt Borostyan beim Treffen im «So’up» sofort. Sie selber kocht heute hier ein paar der Gerichte, um Gäste der gesunden Hausgerichte auf den Geschmack ihres Buches zu bringen.

Borostyan würde lieber in der Küche bleiben, statt später draussen das Buch zu präsentieren. Sie exponiert sich ungern, schon gar nicht, wenn eine Kamera auf sie gerichtet ist. Könnte man für Kokettieren halten, doch Borostyan konkretisiert: «Ich kreiere lieber für die Kamera, als selbst zu posieren.» Die aktuell grassierende Influencer-Welle ist nicht Borostyans Welt, auch wenn sich ihr Leben oberflächlich betrachtet zwischen Ess- und Schminktipps abspielt.

Harte Arbeit und ein langer Atem

Denn bevor sie sich mit dem Innenleben des Körpers beschäftigte, wirkte Borostyan als Spezialistin für Äusserlichkeiten. Nach ihrer Ausbildung zur Visagistin schminkte sie Models für Shootings und Modeschauen auf der ganzen Welt. Vom Glamour und dem Geld des Schönheitsbusiness bekam sie zu Beginn wenig mit: «Anfangs arbeitete ich oft gratis, weil ich meine Arbeit liebte und mich weiterentwickeln wollte. Aber wie in allen künstlerischen Berufen braucht es nebst harter Arbeit einen langen Atem, um etwas aufzubauen.»

Mit der Zeit war ihr Können nicht nur an den Sets gefragt. Immer mehr Leute meldeten sich, um als Assistentin von ihrem Know-how zu lernen. 2003 eröffnete Borostyan mit einer Partnerin in Basel eine  Visagistenschule, weil es in der Region für professionelles Make-up nur Maskenbildner-Ausbildungen gab: «Ob man für das Theater oder Kamera Close-ups schminkt, sind zwei Welten.»

«Meine Psyche und der Körper rebellierten. Schon nur beim Lesen von Mails, musste ich wortwörtlich erbrechen.»

Für Borostyan bedeutete das eine Doppelbelastung. Nun war sie auf Sets wie in der Schule gefragt. Privatleben wurde ein Fremdwort. Ausserdem bezeichnet sich Borostyan als Perfektionistin, die etwas zu 100 Prozent oder gar nicht macht.

Irgendwann wurde es zu viel. Nach fünf Jahren kam das Burnout. «Meine Psyche und der Körper rebellierten. Schon nur beim Lesen von Mails, musste ich wortwörtlich erbrechen», erinnert sich Borostyan.

Sie gleiste ihr Leben neu auf, stoppte ihr Engagement für die Schule und das Akkord-Schminken. Von der Schönheit konnte sie aber nicht lassen. 2012 erschien die erste Ausgabe des aufwändig produzierten «Gloss»-Magazins, wo Borostyan als Art Director mit der Zeit die komplette Gestaltung der Fotostrecken, manchmal auch das Styling der Models übernahm. «Es begeisterte mich, immer neue Aufgaben zu übernehmen, da ich wieder viel lernen konnte.»

«Ich will keine Gesundheitspredigerin sein. So schlecht Zucker ist, so gut tut ein Kuchenstück zwischendurch.»

2013 erschien zudem ihr erstes Buch «Gloss Make-up Guide». «Darin sammelte ich mit zwei Mitautorinnen das Wissen, das wir in der Schule vermittelt hatten», so Borostyan. Doch erneut forderte die Doppelbelastung ihren Tribut. Borostyan brannte wieder aus. «Das klingt natürlich dumm. Dennoch hatte ich nach dem ersten Mal durchaus dazugelernt», erinnert sie sich: «Diesmal bemerkte ich es schneller und die Leere traf mich weniger mental, sondern vor allem physisch: Husten, Infekte und Ausschläge – die Leidensliste nahm kein Ende. Ich war komplett am Anschlag.»

Teil ihrer Therapie war die Ernährung. Borostyan: «Anfangs war ich noch zu fertig und suchte nach ein paar Rezepten, um mein Immunsystem zu stärken. Als etwas Energie zurückkehrte, fing ich an, gründlicher zu Recherchieren.» Entsprechend ihrem Naturell kniete sie sich richtig rein und bildete sich weiter zur Ernährungsberaterin.

Als immer mehr Freundinnen um Rat fragten, war der Schritt zum Buch getan. Borostyan: «Ich will keine Gesundheitspredigerin sein. So schlecht Zucker ist, so gut tut ein Kuchenstück zwischendurch. Ich möchte den Menschen einfach aufzeigen, welche Wirkung die einzelnen Lebensmittel auf unser Immunsystem, auf unsere Gesundheit haben.» Das Buch soll denn auch nicht die Ernährung neu erfinden: «Ich erkläre auf wissenschaftliche Studien gestützte Zusammenhänge vereinfacht und bildlich, damit sie sich für immer einprägen.»

«Wahre Schönheit kommt zwar von innen. Gesundes Essen macht Make-up aber nicht überflüssig», findet Dora Borostyan.

Doch was hat sie für ihr Leben selbst daraus gelernt? Immerhin hat sie seit dem letzten Burnout 2015 nicht nur die Ausbildung gemacht, das Buch geschrieben, die Fotos zu den Rezepten gemacht und einen Verlag gegründet. Parallel zum Ess-Ratgeber brachte Borostyan auch noch das Buch «Gloss Make-up Guide 60+» heraus – als Nachfolger ihres Schmink-Bestsellers, von dem allein in der Schweiz 10’000 Exemplare verkauft wurden und der nun übersetzt auch Frankreich erobern soll.

Schönheit ist für Borostyan immer noch wichtig, auch wenn sie momentan kaum mehr als Make-up-Artistin oder Stylistin tätig ist. «Wahre Schönheit kommt zwar von innen. Gesundes Essen macht Make-up aber nicht überflüssig», erklärt Borostyan. Schminken hat für sie nicht mehr mit Stress, sondern Genuss und Lebensgefühl zu tun: «Selbst wenn ich mal eine längere Zeit zu Hause am Computer arbeiten muss: Spätestens nach zwei Tagen im Trainer muss ich mich stylen, um mir etwas Gutes zu tun.»

Burnout-Befürchtungen ob des wiederum sehr vollen Programms hegt Borostyan deshalb nicht: «Es gibt noch immer strenge Arbeitstage, doch das Kochen danach ist wie Meditation. Ausserdem sind die Wochenenden nun heilig. Statt zu arbeiten, spiele ich mit den Kindern meiner Geschwister lieber Piraten-Tante.» Ein Kinderbuch ist schon in der Pipeline.

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