Eine Baslerin bringt Stil in gammelige Tupperware

Claudia Schilling isst gern schön. Ihr Beruf: Food-Stylistin. Mit ihrem neuen Kochbuch lehrt sie uns, wie man gesunde Menüs für unterwegs so zubereitet, dass man sie auch essen will.

Hier arbeitet ein kreativer Geist: Food-Stylistin Claudia Schilling in ihrem Atelier.

Claudia Schilling ist immer auf der Suche. Unentwegt wandern ihre Augen. Sehen da ein gebeiztes Holztablett im Schaufenster. Dort einen handgetöpferten Teller auf dem Flohmarkt-Teppich. Und diesem angelaufenen Silberlöffel, dem könnte man doch ganz einfach zu neuem Glanz verhelfen. «Ich kann damit einfach nicht aufhören», sagt sie schmunzelnd.

Es überrascht nicht: Schillings Atelier in Basel ist eine Wunderkammer. Hier trägt sie alles zusammen, was sie auf ihren Erkundungstouren findet. Hunderte Schälchen, Tässchen, Gläschen, gestapelt bis zur Decke. Man traut sich kaum, einen Schritt zu tun. Man könnte schliesslich die blitzenden Porzellanteller streifen.

Einfach, gesund – und so schön

Schilling hat für ihr organisiertes Chaos eine gute Ausrede: Sie ist Food-Stylistin. Essen in Szene zu setzen, damit es so schön aussieht, dass sich jeder Feierabendkoch die Haare rauft, das ist ihr Beruf. Und dafür reicht ein noch so praktisches Ikea-Geschirrset nun mal nicht aus.

Schillings Fenchelsuppe ist nicht nur verdammt gesund, sondern auch schön anzusehen.

Diese Schönheit hat die 45-Jährige nun in ein 350-seitiges Buch gepackt. «Hin und weg» ist ein Schinken voller Leichtigkeit. In ihrem Erstling kombiniert die Food-Stylistin einfache, gesunde Gerichte mit ebenso schlichten wie bezaubernden Verpackungen. Man findet darin Asia-Nudelsuppe mit Erbsen im Weckglas, gebackene Bohnen im Tontöpfchen, Kräuteromeletten mit Spargel im Picknick-Korb. Und 167 weitere Rezepte, durch die man lieber nicht vor dem Mittagessen blättern sollte.

Die Gerichte fürs Buch hat Schilling selber kreiert, die Bastelideen selber entwickelt, die Fotos selber geschossen. Claudia Schilling packt an. «Ich will kreativ sein – egal, was ich mache.»

Mit 24 eröffnete die gelernte Dekorationsgestalterin mit «Scoop» am Spalenberg ihr eigenes Geschäft, schmückte Hochzeiten, deckte festliche Tafeln. «Eine tolle Zeit», sagt sie, «und viel Arbeit. Nach acht Jahren war dann wieder mal Zeit für Ferien.»

Sie gab ihr Geschäft auf, blieb aber selbstständig und dekorierte nun die Geschäfte von Thalia und Mammut. Dabei rutschte sie ins Set-Styling, gestaltete also Tische, Wände, Räume für Fotos, zum Beispiel einer glückseligen Familie beim Osterschmaus in der «Coopzeitung».

«Wenn ich in der Raststätte frage, ob es zum Kinderteller denn auch Gemüse gebe, werde ich ungläubig angestarrt.»

Oft wurde dabei auch Essen gekocht, das der Food-Stylist stimmungsvoll anrichtete. Claudia Schilling erschnupperte die nächste Herausforderung. Probierte aus, lernte Tricks von Kollegen, denn Food-Styling kann man nicht lernen, eine Ausbildung dafür gibt es nicht.  «Der Beruf entsteht durch Erfahrung», wie sie sagt. Die hat sie in den letzten zehn Jahren gesammelt.

Kein gewöhnliches Kochbuch

Irgendwann juckte es der quirligen Baslerin wieder in den Fingern, natürlich. Ein Buch sollte entstehen – aber was für eines nur? Es wurde ein Kochbuch. Ausgerechnet, als würden die kulinarischen Ecken in den Buchhandlungen nicht schon überquellen. Schilling lacht warmherzig. Sie machte sich nichts vor: Mit einem gewöhnlichen Kochbuch würde sie untergehen, das war ihr von Anfang an klar. Der Verlag hatte ihr das bestätigt. «Nur: Es ist eben kein gewöhnliches Kochbuch.»
«Hin und weg» zeigt Gerichte, die «lecker und gesund sind und sich vor allem gut transportieren lassen», wie auf der ersten Seite steht. Kein Superfood, einfach gesund.

Bei einem selbstgemachten (und selbstgebackenen!) Brötchen beissen die Töchter der Food-Stylistin gerne zu.

Denn unterwegs mit ihren beiden zehnjährigen Töchtern rauft sich Schilling regelmässig die Haare: «Wenn ich in der Raststätte frage, ob es zum Kinderteller denn auch Gemüse gebe, werde ich ungläubig angestarrt.» Oder dass man sich in der Mittagspause im Büro einfach schnell ein gekauftes Sandwich mit lauter lustigen E-Nummern reindrückt – muss das sein?

So richtig «gezündet» hat die Idee, wie Schilling sagt, als sie mit ihrem Mann den Film «Lunchbox» geschaut hat. Vertauschte Fresspäckli sorgen darin für eine romantische Verstrickung. Nach dem Film ging Schilling Lunchboxen googeln. Und zwei Jahre und unzählige Stunden später, im Januar 2018, erscheint «Hin und weg» und beweist, dass das Auge mindestens so viel mitisst wie der Mund.

Aber Essen und Ästhetik mal beiseite, denn Claudia Schillings Buch kann mehr: «‹Das Buch, das bist du!›, haben mir Freunde gesagt. Und hey, sie haben recht! Das Buch erzählt eine Geschichte von mir.» Es zeigt Schillings Töchter im Wald, ihren Mann am See, ihre Freunde auf der Wiese. Immer dabei: das Essen.

Das macht Lust, sich vor den Herd zu stellen, die angegammelte Tupperware wegzuschmeissen, seine Freunde anzukicken und einfach mal rauszugehen, um unter knarrenden Bäumen zu geniessen.

Claudia Schilling schafft mit ihrem Buch das, was viele in der vollgestopften Kulinarik-Ecke verpassen: Sie bleibt nah am Leben, und das mit Stil. Und: Die Schoggiweggli aus Dinkelmehl sind in der Redaktion nach wenigen Minuten vergriffen.

Die letzten Reliquien: Schoggiweggli aus Dinkelmehl.

Claudia Schilling: «Hin und weg», AT-Verlag, 2017. Die Buvchvernissage findet am 27. Februar bei Orell Füssli in der  Freien Strasse statt. Hier geht es zu Claudia Schillings Website.

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