Fritz Schumacher blickt zurück auf über 20 Jahre Stadtplanung

Bei ihm liefen die Fäden der Basler Stadtplanung zusammen: Nach 21 Jahren geht der einflussreiche Basler Kantonsbaumeister Fritz Schumacher in Pension. Während seiner Dienstzeit hat er viele grosse und nachhaltige Projekte und Entwicklungen ins Rollen gebracht.

Der Mann, der bei der Basler Stadtplanung die Fäden in der Hand hielt: Nach 21 Jahren Amtszeit geht Kantonsbaumeister Fritz Schumacher in Pension. (Bild: Dominique Spirgi)

Bei ihm liefen die Fäden der Basler Stadtplanung zusammen: Nach 21 Jahren geht der einflussreiche Basler Kantonsbaumeister Fritz Schumacher in Pension. Während seiner Dienstzeit hat er viele grosse und nachhaltige Projekte und Entwicklungen ins Rollen gebracht.

In über zwei Jahrzehnten an der Spitze eines der einflussreichsten Ämter im Kanton sammelt sich einiges an – vor allem bei einem Mann, der als Leiter Städtebau und Architektur im Bau- und Verkehrsdepartement viele gewichtige Projekte und Entwicklungen in Gang und zur Vollendung gebracht hat.

«Da draussen sehen Sie die letzte Kiste mit Materialien, die ich aus meinem Büro entsorgt habe», zeigt der Basler Kantonsbaumeister Fritz Schumacher auf den Flur. Es ist eine grosse Kiste mit gut einem Kubikmeter Inhalt – es waren insgesamt deren drei. Dazu kamen viele Akten und Pläne, die ins Archiv wanderten, und solche, die er seinem Nachfolger Beat Aeberhard übergeben hat.

Vieles währte oft lange

«In den drei Wochen, die ich mit dem Räumen verbrachte, stiess ich auf viele alte Geschichten, von denen ich nichts mehr wusste», sagt er. Und die zeigen, dass beim Städtebau oft viel Geduld und Ausdauer nötig sind. Als Beispiel nennt er die Testplanung für die Wohnüberbauung am Walkenweg. Sie stammt aus dem Jahr 1996. Aber erst 2014 gab der Grosse Rat im Rahmen der Zonenplanrevision grünes Licht für die konkrete Umsetzung der lange geplanten Siedlungsentwicklung.

«Planung ist eine Marathon-Disziplin», sagt Schumacher. In seinen 21 Jahren Amtszeit habe er einen Halbmarathon absolviert, fühle sich aber noch nicht erschöpft. Eigentlich hätte er bereits 2012 mit 63 Jahren in Pension gehen sollen, doch der umtriebige Amtsleiter liess es sich nicht nehmen, noch zwei Jahre dranzuhängen

«Planung ist eine Marathon-Disziplin», sagt Schumacher.

Schumacher vermittelte stets den Eindruck eines Arbeitstiers, das sich mit Feuer und Flamme für die bauliche Stadtentwicklung einsetzt. Und wenn man auf die Resultate seiner Arbeit schaut, dann darf man von einem ausgesprochen effizienten Schaffer sprechen.

«Als ich 1994 mein Amt antrat, war Basel eine relativ verhaltene Stadt, die nicht so richtig wusste, wohin sie sich entwickeln will», sagt Schumacher. Damals war Christoph Stutz Vorsteher des Baudepartements, der laut Schumacher diesen Stillstand durchbrechen wollte und den Bau der Nordtangente konkretisierte. «Die Linienführung ist zwar falsch, aber für uns bot sich eine grosse Chance, konkret darüber nachzudenken, was wir ausrichten können, wenn sich dieser Maulwurf unter der Stadt hindurchgegraben hat.»

Das war der Auftakt zu einem regen Entwicklungsreigen, die Schumacher unter drei Departementsvorstehern mitgestalten konnte. Auf Stutz folgten Barbara Schneider, die sich oft anhören musste, lediglich so etwas wie eine Erfüllungsgehilfin Schumachers zu sein (was sie aber nicht gewesen sei, wie dieser betont), und Hans-Peter Wessels, dessen Dauerpräsenz die Person des Kantonsbaumeisters in der öffentlichen Wahrnehmung wieder in die zweite Reihe zurücktreten liess.

Viele Leuchttürme, aber auch bodennahe Projekte

Eine Aufzählung aller Projekte und Entwicklungen, die Schumacher angestossen, begleitet und zum Abschluss gebracht hat (oder auch nicht) würde den Rahmen dieses Berichts sprengen. Darum eine unvollständige Aufzählung: Die Planung von Basel Nord, die Entwicklung des Dreispitzareals, der Erweiterungsbau für das Kunstmuseum, die Hafen- und Bahnhofsentwicklung, das Erlenmattareal, die projektreiche Schulhaus- und Hochschulentwicklung, die Entwicklung auf und um den Messeplatz und der Neubau des Kinderspitals.

Wenn er über diese Projekte zu sprechen beginnt, dann ist Schumacher kaum zu stoppen. Jedes Detail ist ihm wichtig: die Menschen und Institutionen, die beteiligt waren, aber auch Details, die seiner Ansicht nach nicht optimal gelaufen sind. «Es wäre wohl besser gewesen, wenn der Kanton das Areal übernommen und es nicht privaten Investoren überlassen hätte», sagt er zum Beispiel zur Grossbaustelle Erlenmatt.

Wichtig sind für Schumacher aber nicht nur die Leuchttürme, sondern auch die «bodennahen» Entwicklungsprojekte. Damit meint er die Projekte zur Aufwertung des Wohnumfelds, die aus dem Mitwirkungsprozess Werkstatt Basel hervorgegangen sind. Auch hier gibt es bekannte und gut sichtbare Beispiele, wie die Umgestaltungen des Tell- und des Karl-Barth-Platzes, aber auch kleine und leise Projekte, die nur lokal wahrgenommen werden.

Glück des Zusammenspiels

Schumacher ist ein seltbewusster Mensch, der seinen Einfluss nicht allzu sehr kleinredet und der durchaus auch stolz ist auf das, was er erreicht hat, auch wenn er das Wort Stolz nicht explizit in den Mund nimmt. «Wenn wir einen Stadtplan gestalten würden mit all den Projekten, die in den 21 Jahren angestossen und verwirklicht wurden, dann wären sehr viele bunte Punkte zu sehen», sagt er.

Aber natürlich weiss er, dass nicht er allein, sondern jeweils viele Menschen und Umstände die Entwicklungen vorangetrieben haben. «Ich konnte die Gunst des Zusammenspiels verschiedener Faktoren nutzen», sagt er. Wichtige Faktoren waren sicherlich auch eine prosperierende Wirtschaft und ein Staat, «der nicht jeden Rappen mehrmals umdrehen musste», betont er.

Sich selber bezeichnet er als beharrlichen Netzwerker oder als eine Art Portfolio-Manager. «Ich kann mich gut ausdrücken», sagt er, was er zum Teil darauf zurückführt, dass er acht Jahre lang in Deutschland gelebt hat. Dort hatte er unter anderem in der berühmten Gesamthochschule Kassel studiert unter dem legendären Lehrmeister Lucius Burckhardt.

Auch Niederlagen zu verkraften

Schumacher hat auch keine Mühe, über Niederlagen zu sprechen, ohne sich dabei aus der Verantwortung zu nehmen. Zu diesen gehören das gescheiterte Projekte für ein Multiplexkino auf der Heuewaage, das abgeschmetterte Neubauprojekt des Stadtcasinos oder der Plan, auf dem «Bonsai-Wäldchen» unterhalb des Tinguely-Brunnens ein neues Schauspielhaus zu bauen – «ich war viel zu verliebt in diese Idee und habe es nicht verstanden, andere wichtige Entscheidungsträger mit aufs Boot zu holen».

Schumacher hat auch keine Mühe, über Niederlagen zu sprechen, ohne sich dabei aus der Verantwortung zu nehmen.

Die jüngste Niederlage musste er beim Stadtrandentwicklungsprojekt Ost hinnehmen. Er nehme die verlorene Abstimmung aber nicht persönlich. «Ich weiss gut genug, dass die Entscheide auf diesem Gebiet meist sehr knapp ausfallen, aber wir haben das Projekt nicht optimal verkauft, wir konnten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nicht davon überzeugen, dass eine Hochhaus-Siedlung gut an diesen Ort gepasst hätte.»

In den 21 Jahren hat Schumacher nach eigenen Angaben beobachtet, dass der Kampf um die Flächen in der Stadt schärfer geführt wird – «nicht, was die Argumente betrifft, die sind dieselben wie früher, aber in der Tonalität», sagt er. In all die positiven Eindrücke, die er bei seinem Abgang mitnimmt, mischen sich so auch ein paar Sorgenfalten: «Ich hoffe sehr, dass Basel auch in Zukunft die Kraft zu gemeinsamen Perspektiven aufbringen wird.»

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Lesen Sie mehr über Basels Hochhaus-Projekte in unserem Dossier.

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