Frohnatur mit dunklen Saiten

Mit der Sonne Neuseelands im Gemüt, einer Schweizer Liebe im Herzen und seiner Gitarre im Koffer verliess Nick Broadhurst vor zwölf Jahren seine Heimat, um in Basel erstaunlich melancholische Lieder zu spielen.

Nick Broadhurst sitzt stets der Schalk im Nacken. Nur dann nicht, wenn er spielt.

(Bild: Alexander Preobrajenski)

Mit der Sonne Neuseelands im Gemüt, einer Schweizer Liebe im Herzen und seiner Gitarre im Koffer verliess Nick Broadhurst vor zwölf Jahren seine Heimat, um in Basel erstaunlich melancholische Lieder zu spielen.

Er will sich am Fluss treffen. Dem «River Rhein» haben Nick Broadhurst und die Static Frames auf dem neuen Album einen Song gewidmet. Jetzt trinkt er da in der Abendsonne sein Feierabendbier nach einem Tag voll mit Gitarrenschülern. «So fühlt sich Heimat an!», sagt er genüsslich.

Heimat? Aufgewachsen in Auckland sollten doch eher Salzwasser und Sand zwischen den Zehen solche Gefühle wecken. Doch nach zwölf Jahren ist der 35-Jährige hier genauso daheim. Dank des kulturellen Mix im Kleinbasel fühlte er sich bald als Teil des Ganzen. «Und hier kann jeder von der Wohnung ans Wasser spazieren, während die Stadtstrände Aucklands den Millionären gehören.»

Ein Betrug, der sich lohnte

Um so richtig in Basel anzukommen, machte er anfangs bewusst einen Bogen um die Pubs. Bis er Deutsch lernte, dauerte es trotzdem lange. «Ich fühl mich bis heute schuldig und faul, treffe ich auf jemanden, der nicht Englisch spricht. In der Musikszene mag halt jeder Englisch sprechen und auch sonst wirst du von allen geschont. Thank God habe ich noch ein paar Freunde, die nur Deutsch mit mir sprechen!»

Ihm ist aufgefallen, dass man am Rheinbord seit einiger Zeit immer mehr Englisch hört. Als er vor vier Jahren im Pub seine All Blacks im Rugby-WM-Final schauen ging, staunte er aber doch, wie gross die Kiwi-Community geworden ist. «Zum Glück», sagt er, «viele Schweizer hätte ich kaum gefunden, die unseren Sieg sonntagmorgens um 9 Uhr gebührend gefeiert hätten.»

«Wenn du zu den Englisch sprechenden Expats gehörst, denken die Schweizer, du hast Geld.»

Beim Feiern sieht Broadhurst durchaus Unterschiede zwischen den beiden Landtypen. Andere Stereotype träfen jedoch nicht auf alle zu: «Wenn du zu den Englisch sprechenden Expats gehörst, denken die Schweizer, du hast Geld.» Beim studierten Jazz-Gitarristen war es allerdings nicht ein lukrativer Job bei einem Pharmariesen, der ihn vom weit­ entfernten Wellington nach Basel gelockt hatte. Es war die Liebe.

Seine heutige Frau lernte er im Ausgang in Wellington kennen, sie bereiste damals mit einer Freundin Neuseeland. Weil sie verriet, dass sie nach Auckland weiter wollten, behauptete er kurzerhand, dort müsse er auch gerade hin. Und schon begann für sie ein gemeinsamer Roadtrip. «Ich weiss bis heute nicht, ob es gut oder schlecht war, die Beziehung mit einem kleinen Betrug zu starten», sagt Broadhurst heute.

Jedenfalls wurde mehr daraus: Hochzeit vor vier Jahren, und seit vier Monaten sind die beiden Eltern. «Als Nächstes ziehen wir nach Arlesheim», scherzt er, den Bünzli im Hinterkopf. «Weil ich meinen Gitarrenlehrerlohn weiter in die Musik stecke, reicht es aber nicht fürs Einfamilienhaus.»

Vom Kopf zum Bauch

Broadhurst sitzt der Schalk im Nacken, wenn er redet. Kaum etwas, das ihm keinen Lacher wert ist. Seine Musik ist anders; ­ruhig und fragil. Und sie hat einen Hang zu traurig-schönen Melodien. «Viele Freunde überrascht das, wenn sie zum ersten Mal an ein Konzert kommen.» Er schreibe einfach lieber in Moll als in Dur. «Aber hey, es könnte schlimmer sein: Stell dir vor, ich würde noch immer Jazz spielen!»

Das komplexe Spiel scheint Broadhurst immer weniger zu reizen. Mit dem ersten Basler Trio Aphid spielte er noch äusserst progressiven Rock. Auf dem neuen Album von Static Frames dagegen wirkt es so, als würde der fein arrangierte Indierock mehr dem Bauch als dem Kopf entspringen.
Statt alles aus der Gitarre zu kitzeln, sei es ihm diesmal mehr um den Gesang gegangen. Das hat auch mit Jennifer Jans zu tun.

Die umtriebige Musikerin und Veranstalterin hat das Grundtrio seit dem letzten Album zunächst bei Konzerten ergänzt. Jetzt auch im Studio. Die neuen Songs präsentieren sie in Basel erstmals am Donnerstag. Wobei die dann gar nicht so neu sind. «Das Album haben wir bereits Anfang letztes Jahr aufgenommen.» Der Release habe sich aber verzögert: die Babypause.

Gleich alle drei Musiker des Grundtrios wurden dieses Jahr Vater – eine fast schon unheimlich gut austarierte Bandchemie! Doch wie fruchtbar sind Vaterfreuden für eine Band mit Hang zur Schwere? «Ich schreibe meine Texte nicht nur aus dem realen Leben. Musik ist für mich oft eine Flucht aus dem Alltag – das brauche ich als Vater in Zukunft wohl noch mehr.»

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Static Frames & Mantocliff; Do, 26. Mai, 21 Uhr, Kaserne Basel.

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