«Joa, ich kann sagen, ich bin zufrieden», sagt Sven Steinmann in seiner norddeutschen, etwas bärigen Art. «Ich habe hier meinen Platz gefunden und möchte gerne bleiben.» Der Wunsch könnte Wirklichkeit werden, denn mit seinem Geschäft hat Steinmann eine Nische gefunden. Die Kunden kommen, das Konzept geht auf.
Das Ladensterben war gewissermassen Sven Steinmanns Chance. Als Ronald Wenk seinen «Pfyffe Laade» am Rümelinsplatz schloss, schien die Gelegenheit günstig und der Pfeifenraucher Steinmann machte aus dem Hobby einen Beruf: Er gründete Steinmanns Pfeifenladen an der Schützenmattstrasse.
Schon länger «in der Pfeifenszene»
Er war reif für einen beruflichen Wechsel. 15 Jahre hatte Steinmann an verschiedenen Orten in der Schweiz in Führungspositionen gearbeitet, mit all dem zeitlichen Einsatz, der dazugehört. Damit sollte Schluss sein.
Steinmann nahm sich eine Auszeit. Er wünschte sich mehr Zeit fürs Sein, für sich, die Familie. Und etwas Neues, das private Interessen und berufliche Tätigkeit stärker miteinander verbindet.
Er sei schon länger «in der Pfeifenszene aktiv», sagt Sven Steinmann. Er ist immer auf der Suche nach alten Pfeifensammlungen. Dort finden sich nicht nur Schätze, «aber manchmal habe ich Glück und finde seltene Stücke». Er restauriert sie in seiner Werkstatt, fräst sie neu aus, reinigt und desinfiziert sie, versiegelt sie neu und poliert sie auf.
Dank seinem Angebot an gebrauchten sogenannten Estate-Pfeifen können sich auch Pfeifensammler mit kleinem Geldbeutel grosse Namen leisten: «Dann kostet ein Sammelstück eben 100 bis 200 statt 500 oder 800 Franken», sagt Steinmann. Im Laden bietet er insgesamt über 500 Modelle an, davon rund ein Drittel Estate-Pfeifen. Gute, funktionale Pfeifen gebe es schon für 100 Franken, das Sammelstück eines lange verstorbenen Meisters könne mehrere Tausender kosten.
Gibt es denn so etwas wie den Stradivari unter den Pfeifenbauern? «Jedenfalls ist das Pfeifenbauen ein Kunsthandwerk, das viel Können und Geschick erfordert», antwortet Steinmann. «Wenn sie von Hand gebaut werden, dauert der Entstehungsprozess von einem Tag bis hin zu mehreren Wochen.»
Jeder Pfeifenbauer habe seine eigene Formsprache, und wenn das Holzstück von der Maserung her völlig gleichmässig sei, könne ein grosser Künstler «die perfekte Pfeife» bauen. Den einen, herausstechenden Namen gebe es vielleicht so nicht, denn «das liegt stark im Auge des Betrachters und ist abhängig von den persönlichen Vorlieben des Pfeifenrauchers». Es sei daher eher eine Handvoll berühmter Namen.
Als Holz für den Kopf verwenden Pfeifenbauer die Maserknolle eines Heidekrauts, das sogenannte Bruyère-Holz, das besonders hitzebeständig ist. Weil die Pfeife durch das Kondensat des Tabaks feucht wird, sollte sie pro Tag nur einmal geraucht werden. Lässt man sie nicht trocknen, kann sie Schaden nehmen. Durchschnittliche Pfeifenraucher hätten zwischen zehn und dreissig Pfeifen, sagt Steinmann. Und eine gut gepflegte Pfeife halte ein Leben lang.
Der Genuss des langsamen Tabakrauchens
Das Sammeln, Pflegen, Polieren und auch Rauchen der Pfeifen brauche Zeit. «Darum ist all das die perfekte Entschleunigung für mich», sagt Steinmann. Er raucht nicht in der Fünf-Minuten-Pause wie ein Zigarettenraucher, für die Pfeife nimmt er sich Zeit. «Da mache ich das Handy aus, ich fahre runter und geniesse.» Mit dem Pfeife-Rauchen verbindet er Im-Moment-Sein, es gut sein lassen, alles stehen und liegen lassen.
Jede Pfeife raucht sich anders, und jeder Tabak schmeckt anders. 20 bis 30 offene Tabaksorten hatte Steinmann früher zu Hause, im Geschäft führt er zehnmal so viele. «Ich habe also immer die volle Auswahl», grinst er.
Die Tabakkenner vergleicht er mit Whiskytrinkern, die die verschiedenen Nuancen und Intensitäten schätzen und würdigen. Der offene Tabakverkauf ist heute in den meisten Ländern verboten – ein weiterer Grund, warum sein Geschäft auch Kunden aus dem angrenzenden Ausland anlockt. Aus Heidelberg zum Beispiel kommt regelmässig eine Männergruppe in Steinmanns Pfeifenladen.
«Immer auf Augenhöhe»
Für ein funktionierendes Geschäft braucht es neben der Liebe zum Produkt natürlich auch Unternehmergeist. «Die Mischung machts», sagt Steinmann. «Wenn im Laden nichts los ist, klappe ich meinen Laptop auf und pflege meinen Online-Shop.» Und so hat er zusätzlich zu den über 400 Stammkunden, die aus einem Umkreis von rund 100 Kilometern in sein kleines Geschäft kommen, auch Käufer aus den USA, aus Australien und China.
Klar, es gibt Pfeifen und Tabak auch woanders in der Stadt. Aber sein Laden sei eben der einzige reine Fachhandel. Weshalb die Pfeifenraucher-Community ihn, den norddeutschen Wahlbasler, schnell akzeptiert hat. Vielleicht ist es aber auch seine unkomplizierte und unaufdringliche Art, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. «Immer auf Augenhöhe», sagt ein Kunde. Das schönste Kompliment für seinen Laden: «Schön, Herr Steinmann, dass es Sie gibt!»