Muriel De Bros ist stolz darauf, zu den wenigen Frauen zu gehören, die in einem Plattenladen arbeiten. Im «Plattfon» an der Feldbergstrasse berät sie Musikliebhaber. Im Club sorgt sie als DJ Princess P. für die Ekstase auf dem Dancefloor.
«Frauen trauen sich oft nicht in einen Plattenladen», sagt Muriel De Bros. Die Frau weiss von was sie redet. Denn sie gehört zu den wenigen Frauen, die in der Schweiz Platten verkaufen. De Bros arbeitet im «Plattfon» an der Feldbergstrasse 48. Ihre Kundschaft reicht vom jungen Hipster, der die neusten Trends aus den angesagten Musik-Blogs verfolgt, bis hin zum absoluten Musik-Nerd, den man kaum noch beraten muss. Die meisten Kunden haben vor allem eines gemeinsam: Es sind Männer. Entsprechend freut sich De Bros, wenn mal eine Frau nach neuer Musik sucht.
Kaum haben wir unser Gespräch angefangen, kommt prompt eine Kundin in den Laden. «Das ist eine meiner Lieblingskundinnen. Sie versteht was von Musik und ist richtig nett», verrät sie mir. Die beiden Frauen tauschen sich über die neuesten Veröffentlichungen aus. Wahrscheinlich hat es das «Plattfon» De Bros zu verdanken, dass nun eben vermehrt auch Frauen Platten kaufen kommen.
Weibliche Kunden sind eher in der Unterzahl im Plattenladen – umso willkommener sind sie. (Bild: Danielle Bürgin )
Frauen haben mehr Geduld und Feingefühl
Muriel De Bros ist der Meinung, dass es einem Plattenladen gut tut, wenn auch mal eine Frau hinter dem Tresen steht. «Die haben mehr Geduld und Feingefühl.» Ihr Lächeln verrät, dass sie es humorvoll meint. Ganz unwichtig ist Freundlichkeit in einem Plattenladen nicht, denke ich. Schliesslich geht es beim Verkaufen um eine Dienstleistung.
Dass man Plattenverkäuferinnen in der Schweiz an einer Hand abzählen kann, ist eigentlich unglaublich. «Ja, ich bin schon stolz darauf», sagt sie. Sie sei vor fünf Jahren per Zufall zu diesem Job gekommen. Als Kundin konnte sie sich sofort für diesen Laden begeistern. «Endlich mal ein Plattenladen mit einer richtig tollen Auswahl», sagte sie damals im Gespräch mit dem Ladenbesitzer.
Der richtige Plattenspieler, der richtige Kopfhörer – ganz wichtig für DJs und Vinyl-Liebhaber. (Bild: Danielle Bürgin )
Seit fünf Jahren pendelt sie drei bis vier Mal die Woche von Bern nach Basel – das ergibt einen Arbeitsweg von über zwei Stunden pro Tag. Musik sei ihre Leidenschaft, sagt De Bros, die aus einer Theaterfamilie stammt. Der grosse Bruder hätte sie damals angesteckt. An den Nachmittagen, wenn dieser sich zusammen mit einem Freund in sein Zimmer einschloss und Platten auflegte, spähte sie jeweils neidisch durch das Schlüsselloch. «Das will ich auch lernen», sagte sie dem älteren Bruder. Und der willigte ein und zeigte seiner kleinen Schwester das Handwerk eines DJs.
Als 16-Jährige bekam sie bereits die erste offizielle Einladung. Radio- und Fernseh-Moderator Hannes Hug lud De Bros in seine Sendung «Let’s Dance» beim damaligen Radiosender DRS 3 ein. Als DJ-Duo Tribal Kids trat sie von da an zusammen mit einer Freundin regelmässig in Clubs auf. Ein Wunder, dass der Türsteher sie in diesem zarten Alter überhaupt reingelassen hat. Wobei De Bros findet: «Das war damals alles gar nicht so streng.»
Damals gab es auch noch kein Soundcloud und kein Facebook. «Als ich mit Mixen angefangen habe, machte man noch Tapes.» Ja, von Boyfriends und Verehrern habe sie auch schon Kassettli bekommen. «Aber meist waren die Tapes dafür da, dass man selber prüfen konnte, wie weit man in seinen DJ-Skills war – massgeblich war die Genauigkeit der Mixes», erklärt De Bros. Ihre Leidenschaft für Musik hat mit House und HipHop begonnen.
Beim Auflegen hat sie sich dann aber schnell für die House-Musik entschieden. Nur im Plattenladen und zu Hause, da höre sie auch heute noch fast lieber alles andere als elektronische Musik. Vielseitig sei ihr Musikgeschmack aber schon im Teenie-Alter gewesen. Nur das Interesse an Boygroups, Ballett oder Stepptanz hätte sie schon sehr früh abgelegt. Ein Zeichen dafür, dass die gelernte Köchin sich schon damals nicht in die Mädchen-Schublade stecken lassen wollte.
Es gibt auch Frauen, die sich trauen
Das Thema «Frauen an den Decks» sei vor rund 20 Jahren noch nicht so brisant gewesen wie heute. «Es gab sowieso noch nicht so viele DJs wie heute», sagt sie. Ob Frau oder Mann spielte also gar nicht so eine Rolle. «Jedenfalls nicht für mich», ergänzt De Bros. Heute sei das tatsächlich anders. Als DJ Princess P. tritt die 36-Jährige unterdessen rund zweimal im Monat in angesagten Schweizer Clubs auf. Man müsse ständig dranbleiben und sich behaupten, sagt sie. Die Anzahl junger, ambitionierter DJs auf dem Markt sei in den letzten Jahren regelrecht explodiert.
Viele Köpfe für den gewünschten Klangmix. (Bild: Danielle Bürgin)
Gerade für eine Frau sei es leider schwieriger geworden, fürs Talent ernst genommen zu werden – und nicht bloss dafür, dass eine Frau auflegt. Das nervt De Bros offensichtlich. Denn wer sich ein wenig in der Musikszene auskennt, weiss, dass gewisse Veranstalter Quoten-Frauen im Programm ganz chic finden. Zum Glück gäbe es aber auch Frauen im Business, die beweisen, dass sie es genauso draufhaben wie ihre männlichen Kollegen. Die Berliner Plattenlabel-Besitzerin Ellen Allien, die russische Superstar-DJ-Frau Nina Kraviz, aber auch «Dachstock»-Bookerin Kathy Flück aus Bern seien nur ein paar Beispiele dafür.
Was diesbezüglich ihr Traum sei, frage ich De Bros zum Schluss. «Dass sich noch mehr Frauen trauen. Und dass wir in ein paar Jahren ein Gespräch über Frauen an den Decks gar nicht mehr führen müssen.» Dann wendet sich De Bros wieder ihrer grossen Liebe zu. Dem schwarzen Gold, dem Vinyl.
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Welche Musik empfiehlt Muriel De Bros?
Lieblingsalben 2014: Deadbeat & Paul St Hilaire mit «The Infinity Dub Sessions», Jungle mit «Jungle» und Todd Terje mit «It’s Album Time».
Kommende Releases 2015: Kendrick Lamar, Chance The Rapper, Tame Impala, Toro y Moi
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