Nicola Mastroberardino: Ein Glückskind erobert Bühne und Leinwand

Er sagt, sein Erfolg beruhe auf Glück. Doch wer Nicola Mastroberardino erlebt hat, weiss, dass Theater und Film Glück haben, sein Talent präsentieren zu dürfen.

Auf der Bühne ein Nervenbündel, privat ein ausgeglichener, ruhiger Mensch: der Schauspieler Nicola Mastroberardino.

(Bild: Nils Fisch)

Er sagt, sein Erfolg beruhe auf Glück. Doch wer Nicola Mastroberardino erlebt hat, weiss, dass Theater und Film Glück haben, sein Talent präsentieren zu dürfen.

Nicola Mastroberardino ist eines der vielen neuen Gesichter im Ensemble des Theaters Basel. Vor gut einem halben Jahr ist er mit seinen Kollegen angetreten, das Theater Basel wieder zum Ort spannenden Schauspiels zu machen. Und gleich mit seinem ersten Auftritt spielte er sich in das Gedächtnis und die Herzen des Basler Publikums. Aber was heisst hier spielen: Beim grandiosen Saisonauftakt «Engel in Amerika» von Tony Kushner stürzte er sich mit Haut und Haar in die Rolle des aidskranken schwulen Prior Walter.

«Es war ein toller Einstieg und ein grosser Glücksfall, dass ich bei dieser Produktion mitwirken konnte», sagt Mastroberardino beim Treffen im Kaffeehaus Mitte. Hier kehre er immer wieder ein, besonders am Mittwoch, wenn die Kaffeehalle zum Indoor-Kinderspielplatz wird. Dann komme er gerne mit seinen zwei Töchtern (drei und sechs Jahre alt) her, die er mit seiner Frau, der Schweizer Schauspielerin Evelyne Gugolz, hat.

Immer wieder redet er im Gespräch von «Glück» oder «glücklichen Umständen». Er habe Glück gehabt, dass er vom Theater Basel engagiert wurde, dass Regie-Shootingstar und Hausregisseur Simon Stone ihm diese Rolle gab. Und dass er zum Cast des skurril-tragikomischen Films «Welcome to Iceland» des eigensinnigen Berner Filmemachers Felix Tissi gehörte. Der sehenswerte Film ist soeben im Kultkino Atelier in Basel angelaufen.

Zwischen Coolness und Verzweiflung

In «Engel in Amerika» ist Mastroberardino ein junger Lebemann in der Grossstadt, der durch die HIV-Infektion auf einen apokalyptischen Trip gerät. Im Kino irrt er als gestrandeter Grossstadt-Hipster durch die unwirtlich graue Wüstenlandschaft Islands. Es sind Charaktere, die zwischen Coolness und grosser Verzweiflung pendeln.



«Von meinem Naturell her bin ich eher der ruhige und zurückhaltende Typ»: Nicola Mastroberardino im Gespräch im Unternehmen Mitte.

«Von meinem Naturell her bin ich eher der ruhige und zurückhaltende Typ»: Nicola Mastroberardino im Gespräch im Unternehmen Mitte. (Bild: Nils Fisch)

Wenn Mastroberardino einem als Privatperson gegenübersitzt, wirkt er im Gegensatz zu den Rollen ausgesprochen entspannt. Auch wenn er mit seinen schulterlangen dunkelbraunen Locken, der Farbe auch seiner Augen, Grossstadt-Coolness ausstrahlt, haftet seinem Auftritt nichts Aufgeregtes oder Manieriertes an. «Von meinem Naturell her bin ich eher der ruhige und zurückhaltende Typ», sagt er und lächelt: «Vielleicht bin ich ja deswegen Schauspieler geworden.»

Nicola Mastroberardino kam 1978 als Sohn eines italienischen Lehrers und einer Schweizer Kindergärtnerin in Zürich auf die Welt. «Es mag mit dem Beruf meiner Mutter zusammenhängen, dass in meiner Kindheit immer viel Platz für das Spiel und die Fantasie da war», sagt er. Vom Theatervirus angesteckt wurde er im Gymi, «als ich in eher langweiligen Schultheater-Produktionen meine Freude am Schauspiel entdeckte.»

Ausgesetzt in der grauen Wüste des Nordens: Zusammen mit seiner Filmpartnerin Maryam Zaree im Film «Welcome to Iceland».

Am Theater Basel war Mastroberardino bislang in drei Produktionen zu sehen. Auf «Engel in Amerika» folgte eine Rolle in der ziemlich chaotischen Inszenierung von Eugène Labiches «Das Sparschwein» und ein schöner, relativ kurzer Auftritt als Hirte in «Die Bacchen» von Roland Schimmelpfennig.

Die unterschiedlichen Produktionen waren mit höchst unterschiedlichen Herangehensweisen verbunden. «Bei Simon Stone verbrachten wir fast vier Wochen gemeinsam am Tisch, um das Stück praktisch Wort für Wort neu zu übersetzen», erinnert er sich. Bei den szenischen Proben habe Stone dann ein horrendes Tempo an den Tag gelegt und den langen Abend mit klaren Zurufen inszeniert.

Ganz anders war die Zusammenarbeit mit Regisseur Martin Laberenz, der den Schauspielern bei «Das Sparschwein» alle Freiheiten gab. Die Arbeit habe Spass gemacht, der aber getrübt wurde, als die Schauspieler oftmals vor leeren Zuschauerrängen auftreten mussten. «Wenn man spürt, dass die Spieler auf der Bühne mehr Spass haben als die Zuschauer, dann muss man sich fragen, ob alles richtig gelaufen ist», sagt er. Selbst für einen Nicola Mastroberardino wird nicht jedes Engagement zum Glücksfall.

Roadmovie ohne Strasse

«Welcome to Iceland» führt einen erfolglosen Selbstmörder, ein gestrandetes Hipster-Paar und eine outdoor-affine vierköpfige Familie in der grauen Einöde des isländischen Hochlandes zusammen. Mit ruhigen Bildern und skurrilen Dialogsequenzen lässt der Berner Filmemacher Felix Tissi langsam aber stetig die verborgenen, aber brodelnden Konflikte der unfreiwillig zusammengewürfelten Truppe an die Oberfläche treten. Das Ganze wirkt so, als ob Aki Kaurismäki sich mit Jim Jarmusch zusammengetan hätte, um einen deutschen Autorenfilm zu drehen. Diese Beschreibung ist durchaus positiv gemeint, denn das Resultat ist nicht zuletzt wegen der herausragenden Besetzung eine Tragikomödie, die höchstes Vergnügen bereitet.
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Derzeit im Kultkino Camera.

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