Egal, ob privat unter Duschen oder prominent auf Bühnen: Singen ist gut fürs Gemüt. Kein Wunder, wirkt Jasmin Albash beim Treffen locker und voller ansteckender Lebensfreude. Die 34-Jährige tauft am Freitag ihre neue EP «Resonate», fliegt aber schon seit zwölf Jahren durch das Leben wie ein Singvogel.
Damals beschloss die Primarlehrerin, nicht nur in der Freizeit zu singen, und begann mit dem Studium am Institut für aktuelle Musik in Winterthur. Nach dem Abschluss gründete Albash in Basel die «Sing Out Loud!»-Schule. Dort unterrichtet sie Sängerinnen und Sänger aller Level und leitet Workshops für Chöre.
Doch Albash wollte das Phänomen Stimme noch tiefer ergründen und studierte in Kopenhagen drei Jahre am Complete Vocal Institute: «Deren Pädagogik ist die Beste, die ich bisher kennengelernt habe, und die Stimmausbildung basiert auf konkreten wissenschaftlichen Studien.»
Darunter versteht sie nicht nur das traditionelle Singen, sondern das gesunde Produzieren oraler Sounds. «Ich höre schnell, ob eine Stimme gesund ist», sagt Albash.
Inhalieren, nicht trinken
Sogar das grunzige Growlen der Death Metaller kann technisch fein erlernt werden. Und für die Stimmbildung sollte man sich Zeit nehmen, will man eine Tour durchstehen – egal, in welchem Genre. Klassische Hausmittel wie Ingwer-Honig, Whisky oder Kräuterpastillen hätten höchstens einen Placebo-Effekt, sagt Albash: «Die Stimmbänder liegen zwischen Speiseröhre und der darunterliegenden Luftröhre. Wenn wir schlucken, kommt das vermeintliche Heilmittel gar nicht zu den Stimmbändern, sondern flutscht die Speiseröhre runter. Inhalieren ist daher effektiver.»
Solche Mythen-Checks waren einst ihr Lieblingsfach. Doch Wissenschaft und Technik haben auch ihre eigene Stimme verändert: «Heute bin ich weniger weich im Timbre und habe sowohl Stimmumfang wie -spektrum nach unten und oben erweitert.»
Letztes Jahr schloss Albash die Ausbildung in Kopenhagen mit einem Lehrdiplom ab und wollte sich endlich vermehrt der eigenen Musik widmen. Da merkte sie: «Pädagogik und Originalität sind zwei verschiedene Welten.» Das über Jahre erworbene Wissen musste zugunsten der Kreativität zurück stehen. «Ich musste wieder spüren, was ich will und wer ich bin», sagt Albash.
Klassik, Schlager, Trip Hop
Die Musik geniesst in ihrer Familie einen hohen Stellenwert. Die ältere Schwester ist klassische Pianistin, der Bruder spielte Gitarre. Jasmin Albash wählte mit sieben Jahren – trotz Zweifeln der Mutter – die Geige. «Ich lernte schneller und lieber über das Ohr. Als ich dann Noten lesen musste, habe ich mit dem Geigenspielen aufgehört», resümiert sie.
Auch ihre musikalischen Vorlieben wechselten. «Als Kind fand ich klassische Musik und Schlager super.» Als Teenager entdeckte Albash mit Björk und Portishead den Trip Hop und zwei Ausnahmestimmen. Darauf schickten Mutter und Schwester sie in den Gesangsunterricht und «plötzlich stand ich im Halbfinal der Thurgauer Talentnacht» – wie sie lachend gesteht.
Basel ist erst seit 13 Jahren ihre Heimat. Aufgewachsen ist Albash mitten in Mostindien, in Altnau am Bodensee mit 2000 Einwohnern und 300’000 Apfelbäumen. «Die Umgebung war nicht sehr inspirierend und für Bandproben oder Konzerte bedeutete es vor allem Kilometer abspulen», erinnert sie sich. Bald kannte sie die Zeiten der ersten Morgenzüge nach Hause auswendig, denn sie sang in verschiedenen Bands der Region und versuchte sich in diversen Stilen, von einer P-Funk Tribute Band über Jazz bis zu Trip Hop mit Madtrix in St. Gallen.
Auch als sie ihrem Herz nach Basel folgte, sang sie bald in verschiedenen Formationen. Das Feuer in der Beziehung erlosch, die Liebe zur Stadt und dem Singen in verschiedenen Jazz- und Pop-Bands blieb. So unterstützte Albash letztes Jahr bei grossen Konzerten etwa Anna Rossinelli. Doch so sehr ihr das Umherziehen mit der Band Spass gemacht hat, solche Jobs hat Albash nun auf ein Minimum reduziert, genauso wie den Unterricht an ihrer Schule: «Momentan investiere ich alle meine Ressourcen in meine eigene Musik.»
Sphärische Loops
Letztes Jahr hat sie als The Richard Kingston Project bereits eine EP veröffentlicht. Fünf Songs, für die Albash nicht nur die Texte schrieb und sang. Denn das Instrument Stimme beschränkt sich für sie nicht auf das melodiöse Interpretieren von Texten: Viele ihrer Sounds sind in A-cappella-Manier geloopt und verleihen ihrem vielschichtigen Klangteppich Charakter.
Diesen Stil verfeinerte sie für die neue EP. «Ich habe meine Ideen nochmals komprimierter auf den Nenner gebracht», sagt Albash. Den Namen hat sie auf The RK verkürzt – der Sound ist aber kaum spartanischer geworden.
Dafür hat Simon Wunderlin ihren sphärischen Schichten einen Boden verleiht. Der Schlagzeuger und Beat-Bastler, der auch mit dem BPM Collective oder als Simon in Wonderland an der Schnittstelle von Band- und Club-Musik wirkt, übersetzte in satte Rhythmen, was ihm Albash in «ziemlich schlechter Beat-Box-Qualität» vortrug, wie sie selbst sagt.
Gemischt wurde alles von Joachim Piehl in Konstanz – besser bekannt als Sir Jai, dessen Ohren und Finger auch für die Produktionen von Kool Savas, Manilio oder Bausa verantwortlich sind. «Die Zusammenarbeit mit Jo war grossartig, entspannt und professionell. Wir haben auch gemeinsam einen neuen Song geschrieben», sagt Albash: «Für die Zusammenarbeit kehre ich gerne an den Bodensee zurück.»
Doch zuerst steht die Plattentaufe an und dann eine kleine Tour durch Deutschland. Die Vorfreude sieht man Albash an. Die heilende Kraft unbeschwerten Singens ist übrigens auch wissenschaftlich belegt.
Plattentaufe The RK, EP «Resonate», Freitag 27. Oktober, 19.30 Uhr, Parterre Basel.