Skizzen eines Aufbruchs: Rahel Schlagbauer wandert nach Israel aus

Es ist keine Flucht aus Basel, sondern vielmehr die Liebe zu Israel, die Rahels Leben in eine andere Richtung lenken wird. Die 21-Jährige wagt im April den Schritt in einen neuen Lebensabschnitt. Und sie wird für die TagesWoche darüber berichten.

Noch sitzt Rahel Schlabauer nicht am Jordan, sondern am Rhein. An ihrem Entscheid, nach Israel auszuwandern, wird sich aber nichts mehr ändern. (Bild: Annie Day)

Es ist keine Flucht aus Basel, sondern vielmehr die Liebe zu Israel, die Rahels Leben in eine andere Richtung lenken wird. Die 21-Jährige wagt im April den Schritt in einen neuen Lebensabschnitt. Und sie wird für die TagesWoche darüber berichten.

Eine junge Frau wandert aus. Ihr Ziel: Israel. Ihre Erfahrungen und Begegnungen wird sie für die TagesWoche in Form eines Blogs festhalten und damit die Herausforderung eines neuen Lebensabschnitts nachlesbar, miterlebbar, vielleicht nachvollziehbar machen. Die junge Frau heisst Rahel Schlagbauer und ist 21 Jahre alt.

Wenn Schlagbauer von ihren Plänen spricht, ist ihr keine Unsicherheit anzumerken. Ihr Entscheid ist gefällt, der Flug gebucht. One way, no return. Wohl gibt sie zu, dass das nicht immer so war. Dass sie unglücklich gewesen sei und nicht gewusst habe, ob sie bleiben oder gehen solle. Letztes Jahr hatte sie ihre Ausbildung in Sozialer Arbeit an der FHNW begonnen. Sechs Wochen nach Studienbeginn brach sie ab. Das war im vergangenen Oktober.

Leben nach dem Selbstversorgungsprinzip

Israel ist kein Neuland für Rahel Schlagbauer. Sie lebte und arbeitete dort bereits für ein Jahr in einer sozialen Einrichtung für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Das war im Kfar Rafael, einer Dorfgemeinschaft vergleichbar mit einem Kibbuz. Es liegt nordwestlich der Stadt Be’er Scheva, rund 40 Kilometer vom Gaza-Streifen entfernt. Der Aufenthalt in diesem Dorf ist für Schlagbauers Zukunftspläne ausschlaggebend geworden. «Zu Beginn war es eine entbehrungsreiche Zeit», erinnert sie sich, «das Leben funktioniert dort zu einem grossen Teil nach dem Selbstversorgungsprinzip.» 

In Jerusalem (rechts oben) wird Rahel Schlagbauer während ihrer Anfangszeit leben. Der rote Punkt markiert das Kfa Rafael, wo sie bereits für zwölf Monate gearbeitet hat und wo sie sicher wieder vorbeischauen wird.

Schlagbauer war zuvor noch nie so weit weg von zu Hause gewesen. Ihre Familie hatte bislang keinerlei Bezug zu Israel. Die Verbindung entstand eher zufällig. Ihre Praktikumsleiterin vermittelte ihr einen Kontakt ins heilige Land. Und sie wollte einfach etwas Neues wagen.

Nun soll das Neue für Schlagbauer zum Alltäglichen werden. Aber warum? Woraus schöpft eine 21-Jährige die Entschlusskraft, ihre Ausbildung abzubrechen, ihre Familie und Freunde zurückzulassen, um 4000 Kilometer entfernt von der Heimat einen Neuanfang zu wagen?

«Mein Weggehen ist keine Flucht aus Basel, ich spüre einfach, dass ich in Israel zu Hause bin.» 

Rahel Schlagbauer

Die Frage hat Schlagbauer schon oft beantworten müssen, noch immer tut sie sich schwer damit. Denn in der Frage schwinge die Annahme mit, da sie nach Israel wolle, könne es ihr in Basel nicht gefallen. Doch dem sei nicht so: «Mein Weggehen ist keine Flucht aus Basel», sagt Schlagbauer, «ich spüre einfach, dass ich in Israel zu Hause bin.»

Ihre Erfahrungen bei der Arbeit im Kfar hätten viel zu diesem Gefühl beigetragen, besonders die Mentalität der Menschen, die sie als «direkt, manchmal beinahe schroff, meistens aber offen und herzlich» beschreibt. Die Lebensumstände seien ein weiterer Faktor: «Die Arbeit von morgens bis abends hat mich vollkommen erfüllt, wir backten Brot, zogen Kerzen, pflanzten Gemüse. Dieser unmittelbare Kreislauf zwischen Arbeit und Ertrag fasziniert mich.»

Und dann war da noch diese eine Begegnung: Im Kfar lernte Schlagbauer ihren Freund kennen. Er lebt in Jerusalem, und bei ihm wird sie nun zumindest am Anfang wohnen. Dass die Beziehung womöglich der eigentliche Grund für das Auswandern sei, verneint sie entschieden: «Ich fühlte mich bereits in Israel zu Hause, bevor ich meinen Freund kennengelernt habe.»  

«Hasst du Palästinenser?»

Aber Schlagbauer erlebte auch die Schattenseiten des Landes, das während ihres Aufenthalts seinen jüngsten Konflikt mit den Extremisten der Hamas ausfocht. Eines Tages sass sie im Bunker und wartete auf das Abklingen des Raketenalarms, anderntags konnte sie vom Dorf aus mitverfolgen, wie israelische Kampfjets palästinensische Ziele beschossen. Zurück in der Schweiz wurde sie dann ständig mit Fragen konfrontiert: «Hasst du jetzt die Palästinenser? Findest du das Bomben Israels gut?» Oft traf sie hier auch auf Pauschalurteile, die sie ignorant fand.

Beides liess in ihr den Gedanken an den Blog, den sie nun für die TagesWoche schreiben wird, gedeihen. Rahel Schlagbauer möchte ihre Beiträge verschiedenen Menschen widmen, säkularisierten oder orthodoxen Juden, arabischen Israelis oder Palästinensern. Es sollen Menschen sein, denen sie im Verlauf ihres Aufenthalts begegnet, und die ein Bruchstück der vielfach verflochtenen und durchmischten Bevölkerung Israels ausmachen. Mit ihren Porträts möchte sie die Wahrnehmung jener Region verändern, in der nicht einfach Krieg herrscht zwischen «Israelis» und «Palästinensern», sondern in der Menschen zusammenleben. Mit allen Facetten, die so ein Zusammenleben prägen können.

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Wir sind gespannt auf den ersten Blog-Eintrag und wünschen Rahel Schlagbauer für ihren Neuanfang alles Gute!

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