Früher verfolgte José González eine steile Karriere in der Pharmabranche. Heute ist er Leiter Departementsfinanzen im Basler Bau- und Verkehrsdepartement. Dass aus ihm ein Staatsangestellter wurde, sei reiner Zufall.
Mumbai, Tokio, Dhaka, São Paolo oder New York. José González war beruflich viel in der Welt unterwegs und führte ein hektisches Leben. Nun sitzt der 47-Jährige am Münsterplatz, trinkt seinen Cappuccino und wirkt total entspannt.
Aus González ist ein «Beamter» geworden. Man könnte meinen, der Secondo aus Spanien habe sich ins Basler Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) verirrt, wo er seit 2013 Leiter der Departementsfinanzen ist. Denn wirklich passen will diese Station nicht in seinen Lebenslauf. Und bohrt man ein bisschen nach, räumt González auch ein, dass er in der Privatwirtschaft geblieben wäre, wenn ihn das biopharmazeutische Unternehmen Actelion nicht entlassen hätte.
José González hat eine Gelassenheit, für die man ihn beneiden könnte. Er lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, selbst nicht von den in Schieflage geratenen Basler Verkehrs-Betrieben (BVB), die er im Auftrag des Kantons beaufsichtigt. Nach den Skandalen räumte er auf Wunsch des neuen Verwaltungsrats den Laden auf.
González analysierte letzten Sommer die sogenannte Compliance (Einhaltung gesetzlicher und unternehmensethischer Regeln) und beriet die BVB entsprechend. Bei einem Unternehmen, das jeden zweiten Auftrag über 100’000 Franken unter der Hand vergeben hatte, wohl kein leichtes Unterfangen.
José González winkt ab. So gross wie in der Öffentlichkeit dargestellt, sei das Chaos nicht gewesen: «Das Glas war halbvoll, in der Presse leider leer. Die BVB sind auf gutem Weg.»
Lehrjahre bei der Roche
González hat eine bemerkenswerte und lukrative Karriere in der Pharmabranche hinter sich. Nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Basel war er bis 2001 unter anderem als Investor Relations Officer bei der Roche tätig. Dort arbeitete er eng mit zwei Männern zusammen, die seine Karriere wesentlich beeinflussten. Zum einen mit Severin Schwan, heute CEO der Roche. Zum anderen Henri B. Meier, ehemaliger Finanzchef der Roche und ein Star in der Finanzwelt.
«Ich wollte immer im Dunstkreis von Henri B. Meier sein. Er war für mich ein Vorbild, wenn es um den Umgang mit Finanzen geht.» Die Zeit bei der Roche sei fantastisch und sehr lehrreich gewesen, sagt González.
Nach einem Abstecher zu Valeant und Syngenta holte ihn der Gründer und CEO von Actelion, Jean-Paul Clozel, 2004 als Leiter Interne Revision nach Allschwil. José González gerät ins Schwärmen, wenn er von dieser Zeit erzählt. «Das war eine der besten Stellen, die ich jemals hatte. Die Arbeit war sehr abwechslungsreich.» Gleichzeitig sei Actelion sehr stark gewachsen.
Geld ist nicht alles
Das Aus bei Actelion kam 2012 abrupt und wurde mit einer Reorganisation begründet: «Nach dem Mittagessen wurde ich ins Sitzungszimmer gerufen und erhielt vom CFO den blauen Brief. Innert einer Stunde standen mein Team und ich auf der Strasse.»
Diese Kündigung traf González hart, nachvollziehen konnte er sie nicht: «Keine Firma in dieser Grösse verzichtet auf eine interne Kontrollstelle.»
Es dauerte ein Jahr, bis José González eine neue Stelle fand, die ihm passte. «Ich habe mich in dieser Zeit sehr stark mit der Frage auseinandergesetzt, was mir wichtig ist im Leben und in der Karriere. Und wichtig ist mir heute ein gesundes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit.» Irgendwann sei nicht mehr das Geld ausschlaggebend, sondern eine sinnvolle Beschäftigung.
«Ich habe gelernt, manche Sachen in der Verwaltung einfach zu akzeptieren.»
González hatte ein Angebot aus Abu Dhabi, stattdessen entschied sich der Vater von drei Kindern im Teenageralter für eine Stelle in Basel. Nicht, weil er mit dem Stress nicht mehr umgehen konnte, wie er betont. «Meine Stresskurve ist in den letzten Jahren sowieso nach unten gegangen. Das hat mit dem Alter und der Erfahrung zu tun.» Er wollte in die Verwaltung, weil er in Basel stark verwurzelt sei und das Departement und dessen Projekte sehr spannend fände.
Der Umstieg von der Privatwirtschaft in die Verwaltung war kein einfacher für ihn. «Natürlich ist das eine andere Welt. Es gab am Anfang sicher eine Findungsphase und auch eine gewisse Frustration.» So habe er Prozesse hinterfragt und einen gewissen Entscheidungswillen vermisst. «Mittlerweile fühle ich mich aber wohl. Ich habe gelernt, manche Sachen in der Verwaltung einfach zu akzeptieren und nicht mehr zu hinterfragen», sagt er lachend.
Gestaunt hat er auch, wie kollegial man im BVD miteinander umgehe. Er sei sich aus der Privatwirtschaft eine härtere Tonart gewohnt gewesen.
Dass er eines Tages zurück in die Privatwirtschaft wechselt, will er nicht ausschliessen. «Why not?», sagt er. Und irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass er die Action aus seinem alten Leben hin und wieder doch ein bisschen vermisst.