Wenn dieser Grossvater grad nicht hier ist, heilt er Patienten in Sambia

Der pensionierte Basler Hausarzt Hans-Ruedi Banderet leistete soeben zum fünften Mal einen Einsatz in Sambia. In einem Spital, wo es für eine Viertelmillion Menschen gerade mal vier Ärzte gibt. 

Hans-Ruedi Banderet sieht sich nicht als Wohltäter: «Ich will nur ein Stück meines Wohlbefindens weitergeben.»

Hans-Ruedi Banderet, 69, könnte auch einfach nur im Garten stehen, Büsche schneiden und seinen Ruhestand geniessen. Doch der pensionierte Hausarzt, der während 30 Jahren eine eigene Praxis am Burgfelderplatz betrieb, ist eben von einer beschwerlichen Reise nach Sambia im südlichen Afrika zurückgekehrt und hat einiges zu erzählen.

Seine Reise begann mit einem 13-Stunden-Flug in die Hauptstadt Lusaka, dann war er 16 Stunden in halsbrecherischer Fahrt per Bus nach Kashikishi zu seinem Distriktspital unterwegs. Das Spital im ländlichen Norden Sambias an der Grenze zu Kongo soll die medizinische Grundversorgung für 250’000 Menschen sicherstellen, beschäftigt aber gerade einmal vier Ärzte. «Die personelle Unterversorgung in Sambia ist prekär», sagt Banderet.

Seit 25 Jahren unterstützt der Basler Förderverein für medizinische Zusammenarbeit, den Banderet mitbegründet hat, das Partnerspital in Sambia. Nahrungsmittelknappheit macht in einem der ärmsten Länder der Welt die Bevölkerung anfällig für Infektionskrankheiten. Jährlich reisen deshalb zwei bis drei Ärzteteams aus Basel nach Kashikishi und arbeiten dort mit. Banderet war gerade zum fünften Mal vor Ort und betreute Patienten mit Lungenentzündungen, Magen-Darm-Krankheiten und Aids.

Was ist der Antrieb für sein Engagement? «Ich fühle mich nicht als Wohltäter oder Mini-Pestalozzi», erklärt Banderet, «ich will nur ein Stück meines Wohlbefindens weitergeben.» Seit der Gründung des Fördervereins arbeitete der Arzt immer etwa einen halben Tag pro Woche für die Organisation, der auch der Kanton Basel-Stadt finanziell unter die Arme greift.

Es könne durchaus attraktiv sein, mit einfachsten Mitteln zu arbeiten, sagt Banderet. «Dabei muss ich ganz auf meine eigenen Sinne vertrauen, kein Fachkollege redet mir drein, und ich muss mich um keinen administrativen Kram kümmern.» Doch bei seinem letzten Einsatz fiel am vierten Tag plötzlich das Röntgengerät aus, weil es keine Filme mehr gab.

Der Wechsel zwischen den beiden Welten fällt Banderet nicht immer leicht.

Banderet ist ein besonnener Mensch, er verhehlt aber nicht, dass ihn dieser Engpass in Aufruhr versetzte. «Klar erschwert das meine Arbeit», sagt er mit Nachdruck. Ohne Röntgen sei es schwierig, eine Lungenentzündung zu diagnostizieren. Weshalb gab es keine Filme mehr – war es Mangel oder Schlamperei? «Wohl ein bisschen beides», entgegnet Banderet diplomatisch.

Der Wechsel zwischen den beiden Welten fällt dem Arzt nicht immer leicht. Die Not in Sambia ist gross. So gross, dass die Bevölkerung Wildtiere jagte und verzehrte, bis es in der Umgebung von Kashikishi keine mehr gab. Andererseits fällt ihm das Heimkommen zuweilen schwer. Einmal hätten nach seiner Rückkehr aus dem Mangelstaat Sambia gleich zwei Basler Patienten ein Medikament zur Gewichtsabnahme verlangt.

Ein grosses Geschenk

Neben dem Spital in Sambia unterstützt der Basler Förderverein auch Gesundheitsprojekte in Serbien und im Baltikum. «In Lettland organisierten wir nach dem Ende des Kalten Kriegs 1989 den ersten internationalen Ärztekongress ausserhalb von Riga», erzählt er und fügt hinzu, dass sie als Ärzte aus der Schweiz damals wie Helden empfangen worden seien.

Sein Interesse für Osteuropa, das er schon als Jugendlicher hegte, pflegt er heute gerne bei Vorlesungen zu osteuropäischer Geschichte. Zusammen mit seiner Frau, der ehemaligen SP-Grossrätin Susanne Banderet, hütet er mehrmals pro Woche seine zwei Enkelkinder. «Es ist für mich ein grosses Geschenk, das Aufwachsen meiner Grosskinder miterleben zu dürfen.» Als er selbst ein junger Vater war, sei er allzu beschäftigt gewesen mit anderen Aufgaben.

Manchmal steht er im Garten seiner Tochter und schneidet Büsche. Ihr und ihrer jungen Familie überschrieb er kürzlich sein Einfamilienhaus und zog mit seiner Frau in eine Wohnung. Generell finde er aber zu wenig Zeit, um all seinen Interessen nachzugehen, sagt Banderet. So komme er zum Beispiel kaum dazu, in Zürich oder Bern eine Kunstausstellung zu besuchen. Letztlich ist das Hans-Ruedi Banderet aber ganz recht so, denn: «Im Grab wird es ruhig genug sein.»

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