3400 «Basler Mamis» geben sich auf Facebook Ratschläge – oder halt aufs Dach

Im Jahr 2011 gründete Sandra Hofstetter die Facebookgruppe «Basler Mamis». Schnell wurde daraus ein Forum für Erziehungsfragen und Haushaltstipps. Und manchmal tobt auch der «Zickenkrieg».

(Bild: Alexander Preobrajenski)

Im Jahr 2011 gründete Sandra Hofstetter die Facebookgruppe «Basler Mamis». Schnell wurde daraus ein Forum für Erziehungsfragen und Haushaltstipps. Und manchmal tobt auch der «Zickenkrieg».

Ende Oktober fragt eine Mutter auf Facebook: «Hand aufs Herz: Wie oft putzt ihr den WC-Spülkasten inwendig?» Und kriegt 30 Antworten von anderen Frauen. Eine schrieb: «Nie». Eine andere: «Mein Herzallerliebster wirft manchmal so einen Tab rein», eine Dritte: «Fast jeden Tag». 

Die Diskussion lief in der Facebookgruppe «Basler Mamis 2.0» ab, einer geschlossenen Gruppe für Mütter aus der Region. Darin tauschen sich Frauen über alles Mögliche aus, wie eben die Frage nach dem WC-Spülkasten, oder darüber, ob man sich die Namen oder Gesichter seiner Kinder auf die Haut tätowieren lassen soll (29 Kommentare). 

Verkaufen verboten

Das scheint den Müttern in der Region ein grosses Bedürfnis zu sein. «Basler Mami 2.0» hat fast 3400 Mitglieder, pro Tag gibt es etwa 20 Einträge, wie Sandra Hofstetter sagt. Sie hat die Gruppe im Jahr 2011 gegründet und betreut die Seite zusammen mit fünf weiteren Administratorinnen ehrenamtlich. 

Eigentlich wollte sie vor allem eine Online-Börse für Kinderartikel ermöglichen. Doch das wurde ihr bald zu viel: Es kamen immer mehr Mitglieder dazu, und die Mütter schalteten so viele Inserate auf, dass Hofstetter nicht mehr nachkam.

Ihre Devise war: Jedes Angebot wird überprüft bevor es online geht, um sicherzustellen, dass es seriös ist. Das passte nicht allen Mitgliedern. «Einige Frauen schnauzten mich an, weil sie abends um zehn Uhr ein Inserat aufschalten wollten und wir es erst 24 Stunden später freigaben. Die überlegen sich nicht, dass ich selber auch Mutter bin und arbeite, sondern erwarten, dass ich rund um die Uhr online bin.» Hofstetter hat einen sechsjährigen Sohn und arbeitet vier Tage als Köchin. Sie beschloss, den Verkauf zu verbieten.

Anständig, bitte

Mittlerweile hat sich die Seite zu einem Diskussionsforum für alle Fragen rund um den Mutteralltag entwickelt. Doch die Frauen benehmen sich auch hier nicht immer so, wie Hofstetter sich das wünschte. «Bei gewissen Themen gibt es immer Zickenkrieg», sagt sie.

Ein Beispiel: Eine Mutter ruft die anderen Frauen auf, keine Kinderfotos auf Facebook zu teilen, weil es viele pädosexuelle Menschen im Internet habe. 

Daraufhin antwortet eine andere Mutter: «Dein Mann hat selber Bilder eures Sohnes auf Facebook – hast du einen Schuss ab?»

Eine andere Mutter lädt stolz ein Foto ihrer Tätowierung auf die Seite, sie hat sich die Gesichter ihrer beiden Söhne in die Haut stechen lassen. Eine andere Frau schreibt: «Das ist aber nicht gerade schön.»

Die Aufreger im Leben einer Mutter

Meistens sind es aber altbekannte Themen, die einige Basler Mamis den Anstand vergessen lassen:

  • ob, wie lange und wo Mütter stillen
  • ob und wann sie ihre Kinder impfen
  • wann ihre Kinder trocken werden und keine Windeln mehr brauchen

Wenn es ausartet, greifen die Administratorinnen ein, ermahnen die Frauen, anständig zu bleiben und löschen allenfalls Kommentare.

Das ist anstrengend. «Manchmal denke ich: «Jetzt längts», sagt Hofstetter. Dennoch wirft sie den Bettel nicht hin. 

Tipps und Trost

Für viele Frauen sind die «Basler Mamis» nämlich ein wichtiger Ort, um Sorgen und Ratschläge zu teilen.

Eine Mutter schrieb kürzlich beispielsweise: «Ich weiss nicht mehr, was machen. Kaum sind meine Kinder wach, schimpfe ich nur noch und schreie rum. Sie hören nicht auf mich, das kostet mich solche Nerven.» Andere Mütter trösteten sie: «Es geht mir genau gleich.»

Eine andere Mutter bat um Tipps, wie sie mit einem Haushaltsbudget von 200 Franken pro Woche durchkommen soll. Daraus entwickelte sich eine lange Diskussion über günstiges Einkaufen und Kochen – und darüber, ob es okay ist, ennet der Grenze einzukaufen. Einige Mütter haben 1500 Franken pro Monat zur Verfügung, andere müssen mit 400 Franken auskommen. 



Wiedererkennungseffekt: Mit diesem Pin erkennen sich die Basler Mamis in der realen Welt wieder.

Wiedererkennungseffekt: Mit diesem Pin erkennen sich die «Basler Mamis» in der realen Welt wieder. (Bild: Alexander Preobrajenski)

«Basler Mamis» an der Fasnacht

Einige Frauen finden über «Basler Mamis» ausserdem Freundinnen. «Viele Mütter sind allein. Die sind froh, wenn sie auf unserer Seite erfahren, wo sie andere Mamis treffen können.» Etwa alleinerziehende Mütter oder Frauen, deren Männer ständig arbeiten. «Denen fällt sonst die Decke auf den Kopf.» 

Hofstetter und ihre Kolleginnen haben einen Pin mit dem Logo der «Basler Mamis» machen lassen und sie über die Facebookseite verkauft. 1000 Stück sind schon weg. «Im Park und an der Fasnacht erkennen wir ‹Basler Mamis› uns wieder», sagt Hofstetter. 

Und da sage noch einer, soziale Medien machten einsam.

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