50 Meter über der Stadt wohnt man ganztags auf der Sonnenseite

Im obersten Stock des Basler Markthalle-Hochhauses öffnet sich der Blick über die halbe Stadt. Hier oben lässt es sich gut leben. Und entgegen dem Klischee gibt es auch gutnachbarschaftliche Kontakte – sofern man englisch spricht.

Aussicht aus dem Wohnzimmer: Bei schönem Wetter sieht man das Jura-Gebirge. (Bild: Nils Fisch)

Im obersten Stock des Basler Markthalle-Hochhauses öffnet sich der Blick über die halbe Stadt. Hier oben lässt es sich gut leben. Und entgegen dem Klischee gibt es auch gutnachbarschaftliche Kontakte – sofern man englisch spricht.

Als der Lift im obersten Stockwerk ankommt, hat Margaret Stalder* die Tür zu ihrer Wohnung bereits geöffnet. «Ach, seid ihr nicht mit der Treppe gekommen?», begrüsst sie die Besucher lachend und bittet herein. Am Eingang wacht ein Terrakotta-Krieger.

Drinnen ist es hell und so mustert der Blick der Besucher nicht zuerst die Wohnungseinrichtung, sondern gleitet gleich durch die Fenster hinaus: Die verglaste Front eröffnet einen beinahe 180-Grad-Blick auf Basel. 

Frau Stalder erklärt die Aussicht: Frühmorgens bescheint die Sonne das Wohnzimmer, wandert dann die Südfront entlang und bietet im Schlafzimmer Sicht auf prächtige Sonnenuntergänge. Bei schönem Wetter sieht man links den Schwarzwald, mittig den Jura und rechts die Vogesen.

Eingesperrt im Glasturm

«Es ist ein anderes Gefühl, so hoch oben zu wohnen. Ein Gefühl der Weite und der Freiheit», erklärt die pensionierte Juristin und schaut hinunter auf die Bahngeleise, die sich in Richtung Westen verlieren. Seit mehr als zwei Jahren wohnt sie hier mit ihrem Mann, der Arzt ist.

Bevor die Stalders in den Markthalle-Turm zogen, wohnten sie in einem Haus auf dem Land. Frau Stalder hatte beim Umzug Zweifel: Fehlt mir das Grün? Der Balkon? Der Garten? Zwar sei sie keine besonders leidenschaftliche Gärtnerin, aber dennoch befremdete sie der Gedanke, nicht einfach mal kurz an die frische Luft gehen zu können, um ihren Kaffee zu trinken. «Wie eingesperrt im Glasturm», schildert sie ihre Bedenken.

Doch Frau Stalder hat sich schnell daran gewöhnt und die Vorzüge schätzen gelernt. Die Lage gefalle ihr, so mitten im Zentrum. Und natürlich die Helligkeit, die sei hier oben einmalig: «Licht ist wichtig», sagt sie.



Aussicht aus dem Wohnzimmer: Bei schönem Wetter sieht man das Jura-Gebirge.

Aussicht aus dem Wohnzimmer: Bei schönem Wetter sieht man das Jura-Gebirge. (Bild: Nils Fisch)

Das Vorurteil, in einem Hochhaus herrsche eine anonyme Wohnform, bestätigt Stalder nicht. Im Gegenteil: Sie und ihr Mann hätten gleich zu Beginn in alle Briefkästen Zettel mit einer Einladung gelegt: «Wer will seine Nachbarn bei einem Glas Wein kennenlernen?» stand darauf – und bewegte immerhin 30 Hausbewohner dazu, bei Stalders vorbeizuschauen.

Seither gab es  immer wieder Zusammentreffen dieser Art. «Auf dem Land trifft man sich im Garten, hier trifft man sich im Lift», meint Stalder. Sie mag die Bewohner dieses Hochhauses. Es habe vor allem viele junge, erfolgreiche Menschen, Banker oder Mediziner. Auch viele Expats. «Man muss Englisch können in diesem Haus», sagt Stalder.

Der 2012 fertiggestellte Wohnturm sieht von aussen wenig interessant aus: Dunkelgrau und unaufgeregt wächst er 50 Meter in die Höhe, direkt an der Markthalle. Von den 45 Wohnungen ist die von Frau Stalder und ihrem Mann, zusammen mit der Nachbarswohnung im gleichen Stock, die grösste.

Samuel Buri statt Flachbildschirm

Links vom Eingang geht es ins grosse Wohnzimmer, das auf der einen Seite in ein Büro übergeht und auf der anderen in die Küche – schlicht in schwarz und weiss gehalten. Rechts vom Eingang führt ein schmaler Gang über dunkles Eichen-Parket ins Schlafzimmer mit eingebautem Bad.



Bilder, pinke Sessel und Kronleuchter zieren das lichtdurchflutete Wohnzimmer.

Bilder, pinke Sessel und Kronleuchter zieren das lichtdurchflutete Wohnzimmer. (Bild: Nils Fisch)

Die Einrichtung lässt darauf schliessen, dass die Wohnung von Kunstliebhabern gestaltet wurde. Anstelle eines Flachbildschirms zieren Bilder die grossflächigen Wände. Von «Street Art» bis zu Samuel Buri ist alles dabei. In der Mitte des Wohnzimmers laden drei pinkfarbene Stoffsessel zum Verweilen ein.

«Wahrscheinlich entspricht das nicht dem Bild, wie alle Leute sich einrichten», beantwortet Frau Stalder die erstaunten Blicke. Das stimmt. Aber schliesslich wohnt das Paar auch nicht wie alle Leute.

Frau Stalder schaut gegen Osten auf die Innenstadt. «Wissen Sie», sagt sie dann, «früher hatte ich einen Garten direkt vor der Haustür, heute kann ich dafür auf unzählige Wiesen und Wälder blicken.» Denn Basel sei schliesslich eine grüne Stadt.

Kaum hat Frau Stalder die Tür geschlossen, erinnert nichts mehr an die Gastlichkeit der Bewohnerin. Hier präsentieren sich kühle Betonwände und der Terrakotta-Krieger hält den Vorübergehenden ein Schild mit der Aufschrift «Do Not Touch» entgegen. Zeit, wieder auf den Boden zurückzukehren.

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*Name der Redaktion bekannt

Mehr zum Thema im Dossier: Hochhäuser in Basel.

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