717 Franken Busse für drei Sitzkissen

Die Sandwicheria «Samstag» belebt seit Anfang dieses Jahres als Zwischennutzungsprojekt das Quartier rund um die Mattenstrasse. Wegen drei Kissen auf der Schaufensterbank ist nun eine Busse eingetroffen. Die Betreiber fragen sich jetzt, ob es für Projekte wie das ihre in Basel überhaupt noch Platz gibt.

Wurde zum Quartiertreff: Das «Samstag» an der Mattenstrasse im Kleinbasel. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Die Sandwicheria «Samstag» belebt seit Anfang dieses Jahres als Zwischennutzungsprojekt das Quartier rund um die Mattenstrasse. Wegen drei Kissen auf der Schaufensterbank ist nun eine Busse eingetroffen. Die Betreiber fragen sich jetzt, ob es für Projekte wie das ihre in Basel überhaupt noch Platz gibt.

Initianten und Betreiber des Cafés an der Mattenstrasse 74 sind die beiden jungen Basler Leon Heinz und Samuel Erdmann. Sie haben in dem Haus, das voraussichtlich im März 2014 abgerissen wird, eine Bäckerei eingerichtet, die dem Quartier für einige Zeit als Treffpunkt dient und die Kunden mit Backwaren, Bio-Eistee und saisonalen Suppen versorgt. Es ging den Betreibern dabei vor allem um die Aufwertung des Quartiers, da mit grossem Profit in der kurzen Betreibungszeit vor dem Abriss ohnehin nicht zu rechnen war.

Das Konzept fand bald Anklang bei der Nachbarschaft, regelmässige Kunden sind neben einzelnen Anwohnern auch Expats und Familien, die im Neubau an der Erlenstrasse wohnen. Um denjenigen Kunden, die ihren Kaffee gerne vor Ort konsumieren, einen Platz zu bieten, wurden auf der Fensterbank drei Kissen deponiert und ein Tisch aufgestellt. Dies wurde dem «Samstag» nun zum Verhängnis.

Zu Beginn der letzten Woche erhielten Erdmann und Heinz einen Brief vom Bau- und Gastgewerbeinspektorat, worin dem Betrieb eine Gebühr von 717 Franken auferlegt wurde: Kosten für verdeckte Ermittlungen.

Nach legalen Lösungen gefragt

Vorausgegangen war am 3. Juni tatsächlich der unangekündigte Besuch eines Baukontrolleurs, der Erdmann auf die illegalen Kissen, auf denen zu jenem Zeitpunkt drei Personen sassen, ansprach. Das würde dem Bauentscheid widersprechen, meinte der Baukontrolleur. Ausserdem wies er auf die Hintergrundmusik hin, die aus einem Radio kam. Auch sie wäre bewilligungspflichtig.  

Erdmann und Heinz sagen, sie wüssten über die Illegalität der Musik und Sitzkissen Bescheid, hätten aber keine Möglichkeit gefunden, dafür eine Bewilligung zu bekommen. «Dabei haben wir in mindestens vier Sprechstunden beim Bauamt nach legalen Lösungswegen gefragt», so Heinz. Um die Erlaubnis zu bekommen, hätte das «Samstag» entweder als Restaurationsbetrieb oder Detailhandelsgeschäft eingetragen sein müssen, was jedoch weitere Kosten und Auflagen, u.a. den Einbau einer Gästetoilette, bedeutet hätte.

Dies konnten sie sich schlichtweg nicht leisten. Auch ihr Vorschlag, die Toilette eines benachbarten Lokals zu benützen – wie es im Bahnhof SBB gang und gäbe ist – seien abgelehnt worden. Erst nach Eintreffen des Briefes seien ihnen von amtlicher Seite her Vorschläge unterbreitet worden, wie sie eine Bewilligung für bis zu zehn Stehplätze hätten kriegen können.

Hoffen auf Ombudsstelle

Erdmann und Heinz werfen dem Amt vor, dass «Gewerbelaien» wie sie dem Bauinspektorat ausgeliefert seien, wenn sie sich nicht eigene juristische Unterstützung leisten können. «Entweder wurden wir von der bewilligenden Instanz auf schädliche Weise schlecht beraten, oder es ist tatsächlich nicht möglich, in diesem minimalen Rahmen unserer Zwischennutzung legal drei Sitzplätze anzubieten», schreiben Heinz und Erdmann in ihrem Brief an die Ombudsstelle, der auch der TagesWoche vorliegt (siehe Hintergrund des Artikels). «Wenn tatsächlich keine Möglichkeit besteht, ist das ein politisches Problem, und wir wüssten gerne, an wen wir uns wenden müssen, um hier eine Veränderung zu bewirken. Das hätte Basel verdient.»

Kissen und Tisch sind inzwischen entfernt. Vorübergehend ist die Sandwicheria «Samstag» nur noch als gewöhnliche Bäckerei tätig. Mit dem Brief an die Ombudsstelle erhoffen sich Heinz und Erdmann, dass ihnen doch noch ein Rekursrecht eingeräumt wird. Ausserdem erwünschen sie sich, dass sie trotz der gesetzlich eindeutigen Lage auch von den Ämtern etwas mehr Unterstützung und Wertschätzung erfahren. Schliesslich sei die Förderung kleiner, zukunftsorientierter Projekte in der kantonalen Verfassung vorgesehen und die Belebung eines kulturell und wirtschaftlich vernachlässigten Quartiers auch im Interesse der Regierung.

Auf Nachfrage beim Bau- und Gastgewerbeinspektorat nach einer Stellungnahme hiess es, zu laufenden Verfahren werde keine Auskunft gegeben.

Nächster Artikel