Das leerstehende Haus an der Kannenfeldstrasse 59 wurde von der Künstlergruppe Atopie am Sonntag mit einer Ausstellung in Beschlag genommen. Tags darauf wurde das Gebäude unter polizeilicher Aufsicht geschlossen.
Wo sich am Sonntag noch Kunstfreunde tummelten, standen am Montag zwei Polizisten Wache. Die Gruppe Atopie lud am Sonntagabend zur sogenannten Flanage (Spaziergang und Vernissage) im Kannenfeldpark ein. Beteiligte und Besucher spazierten durch den Park zur Kannenfeldstrasse 59 – ein ehemaliges Restaurant, das seit längerem leer stand – und nahmen dieses mit einer Kunstausstellung in Beschlag.
«Atopie II» sollte ein mindestens zweiwöchiges Programm mit Ausstellungen, Workshops, Lesungen und dergleichen werden. Wie viel davon umgesetzt wird, steht nun in den Sternen. Klar scheint, dass nichts davon an besagter Adresse stattfinden wird, denn das Haus wurde unter Aufsicht der Polizei nach nur einem Tag bereits wieder geschlossen.
Infoblatt an der Wand des Nachbarhauses. Zwei Wochen hätte die Aktion dauern sollen. (Bild: Jonas Grieder)
Anzeige gegen Unbekannt
Eine offizielle polizeiliche Räumung habe nicht stattgefunden, sagt Polizeisprecher Martin Schütz auf Anfrage. Die Hauseigentümerin, eine Immobiliengesellschaft, habe Anzeige gegen Unbekannt wegen Hausfriedensbruchs eingereicht. «Danach nahmen wir gemeinsam mit einer Eigentümervertretung einen Augenschein in der Liegenschaft vor», sagt Schütz. Was mit der Liegenschaft sowie den Kunstwerken, die darin ausgestellt sind, nun geschieht, liege in der Verantwortung der Eigentümerin.
Gemäss Atopie stand das Gebäude «sehr lange leer». Die Gruppe war sich dessen bewusst, dass die Aktion Konsequenzen haben könnte, sei aber trotzdem überrascht angesichts des abrupten Endes, wie ein Vertreter am Telefon erklärt. In der Bespielung des leerstehenden Hauses sehen sie ein Engagement für mehr Freiraum in der Stadt. Diesen Freiraum wolle man allerdings – entgegen dem Klischee – nicht mit schwarzen Fahnen, Sprayereien und lauten Partys in Anspruch nehmen. Vielmehr ginge es darum, der Stadt etwas zu bieten und mit einem vielseitigen Kunstprogramm aufzuzeigen, dass auch eine andere Art von Intervention möglich sei.
Fehlender Dialog kritisiert
Ihre Aktion will die Gruppe Atopie denn auch als Öffnung des Raumes verstanden wissen, nicht als Besetzung. Die Aktion soll die Diskussion über Raumnutzung und Stadtentwicklung beleben. Dabei seien alle Meinungen willkommen. «Uns geht es um die Auseinandersetzung mit diesen Themen. Wir haben da keinen Konsens», sagt eine Beteiligte. Es irritiere, dass die Gruppe nun zensiert würde, obschon keine Bedrohung von ihren Projekten ausginge.
Dennoch: «Klar ist, dass die Aktionen weitergehen. Wo und in welchem Rahmen liegt aber im Ermessen derjenigen, die sie durchführen. Bei uns können sich alle einbringen», sagt ein weiterer Vertreter der Gruppe. Und: «Was mich am meisten stört, ist dass keinerlei Dialog stattfand. Für mich ist das so nicht abgeschlossen.»
Vonseiten der Polizisten vor Ort klang das am gestrigen Montag anders: Das Haus werde jetzt verriegelt und wer das Grundstück betrete, mache sich strafbar, erklärten sie.