Alles neu im Theobald Baerwart Schulhaus

Neue Schüler, neues Schulhaus, neue Lehrer, neuer Lehrplan: In der Sekundarschule Theobald Baerwart beginnt mit dem Schuljahr auch eine neue Ära.

Neustart mit Bildungsdirektor: An der Sekundarschule Theobald Baerwart ist nicht nur das Gebäude neu, ab heute gilt auch der neue Lehrplan 21.

 

(Bild: GEORGIOS KEFALAS)

Neue Schüler, neues Schulhaus, neue Lehrer, neuer Lehrplan: In der Sekundarschule Theobald Baerwart beginnt mit dem Schuljahr auch eine neue Ära.

Während Jahren wurde wegen der Schulreform Harmos viel gesessen und diskutiert, aber auch gehämmert, gebaut und geplant. Heute Montag zum Schulstart werden die handfesten Ergebnisse dieser Jahrhundert-Schulreform sichtbar: Basel-Stadt startet an zehn Standorten mit der neuen Sekundarschulstufe sowie stadtweit mit dem Lehrplan 21. Im Theobald Baerwart Schulhaus, wo in einem traditionsreichen Schulhaus neben der Dreirosenbrücke eine neue Schullandschaft entstanden ist, erhielten Medienschaffende Einblicke in diese neue Schulstufe, aber auch in eine neue Form des Lernens und Unterrichtens.

Die Stimmung an diesem ersten Schulmorgen nach den Sommerferien ist sehr optimistisch. Bildungsdirektor Christoph Eymann zeigt sich «begeistert vom Engagement, das die Schulleitung, aber auch die Lehrpersonen an den Tag legen». So seien alle Lehrer des neuen Teams am Theobald Baerwart Schulhaus eine Woche vor Schulstart freiwillig vor Ort gewesen. Ein wichtiges Stichwort für gross angelegte Reformprojekte sei Vertrauen. Dieses aufzubringen falle Eymann in keiner der neuen Sekundarschulen schwer: «Ich spüre eine positive Anspannung und eine allgemeine Lust auf Herausforderungen. Hierfür ist das Theobald Baerwart Schulhaus ein gutes Beispiel.»

Motiviertes Lehrerteam

Schulleiterin Tove Specker fühle sich «enorm privilegiert», ein so engagiertes, motiviertes Team zu haben: «Alle Lehrer, die nun hier zu unterrichten beginnen, wollten ausdrücklich ins Theobald Baerwart. Das bringt eine gute Stimmung, einen Zusammenhalt.» Die Schule besticht nicht nur mit der fantastischen Aussicht auf den Rhein und dem schön renovierten Gebäude, sondern auch mit einem modernen Unterrichtskonzept. Harmos mit dem Lehrplan 21 gilt zwar neuerdings für alle Schulhäuser, in welcher Form die sogenannte Kompetenzorientierung umgesetzt wird, ist allerdings den Schulleitungen überlassen.

Viele Schulen arbeiten weiterhin in klassischen Klassengruppierungen. Nicht so das Theobald-Baerwart-Team: Hier hat man sich für eine radikalere Umsetzung von Harmos entschieden. Die Kinder finden sich jeweils in zwei Gruppen wieder. In den Fächern Deutsch, Französisch, Englisch und Mathe werden sie in den Leistungszügen A, E und P-Niveau separat unterrichtet. In allen anderen Fächern, sowie in den Atelierstunden, die dem individuellen Lernen dienen, befinden sie sich aber in durchmischten Lerngruppen, mit gleichen Anteilen aller drei Leistungszüge.

Keine getrennten Leistungszüge mehr

Dadurch, dass alle Leistungszüge vom selben Lehrerteam unterrichtet werden, solle auch der Übertritt in ein anderes Niveau vereinfacht werden, und die unterschiedlichen Niveaus erhalten weniger Gewichtung. Dies sagt auch der junge Sekundarlehrer Michael Frei: «Mit den durchmischten Lerngruppen wollen wir eine Art Atelier-Geist erschaffen. Die 55 neu eingeschulten Schüler sollen sich selber nicht als drei getrennte Leistungsgruppen wahrnehmen, sondern als zusammengehörige Schülerschaft.»

Frei wollte unbedingt im Theobald Baerwart Schulhaus beginnen: «Ich bin vor allem hier, weil ich es eine spannende Unterrichtsform finde», sagt er. Aber auch das Quartier liegt ihm am Herzen: «Ich war vorher im Dreirosenschulhaus, die kulturelle Durchmischung und das Ambiente in diesem Stadtviertel gefallen mir sehr.»

In den Ateliers sind die Schüler nicht nebeneinander platziert, sondern sie sitzen sich gegenüber.

Auf Sekundarstufe werden die Schüler nicht mehr nach Quartierszugehörigkeit eingeteilt, sondern können das Schulhaus aus der ganzen Stadt frei wählen, wie das bisher erst auf Gymnasial- beziehungsweise WBS-Stufe möglich war. Für das untere Klybeck bedeutet dies gewissermassen auch eine Öffnung gegenüber der restlichen Stadt, da hier bisher nur Schulen beheimatet waren, in die man nach Quartier eingeteilt wurde.

Diese Durchmischung ist auch im Klassenraum spürbar. Unter den Schülern befinden sich manche, die in der OS das nahegelegene Insel- oder Dreirosenschulhaus besuchten, aber auch andere, die extra aus anderen Quartieren ins Theobald Baerwart kommen. So auch die zwölfjährige Caterina, die auf dem Bruderholz wohnt und dort in die OS ging. Das Schulhaus war ihre erste Wahl: «Ich habe gehört, dass es eine tolle Schule ist», das sei ihr den längeren Schulweg wert.

Nergiz, die im Dreirosenschulhaus war, wollte eigentlich lieber ins Leonhard, das Theobald Baerwart war ihre dritte Wahl. Dieser erste Schultag fühle sich schon ziemlich speziell an, sagt Nergiz, «nicht nur wegen den vielen Fotografen und Journalisten.» Die Schüler sind in den Ateliers nicht nebeneinander platziert, so dass alle in die gleiche Richtung schauen, sondern sie sitzen sich an quadratischen Tischeinheiten gegenüber. «Das ist speziell, das kenne ich so noch nicht!»

Keine «Revolution», sondern schrittweise Umsetzung

Für Schulleiterin Specker bedeutet der Schulstart auch, dass sie endlich wieder ihr Kerngeschäft aufnehmen kann: «Während drei Jahren war ich viel in finanzielle und bauplanerische Fragen eingebunden, von denen ich fachlich eigentlich wenig verstehe.» Diese Einblicke machten ihr Spass, trotzdem freut sie sich nun, dass es endlich mit der neuen Schule losgeht, die sie aufgebaut hat. Der Schulstart bedeutet aber alles andere als eine Ruhepause: Viele Herausforderung stehen erst noch an, etwa die schrittweise Umsetzung des Lehrplans 21.

Doch auch dieser Hürde sieht Specker gelassen entgegen: «Wir haben mit dem Lehrerteam schnell festgestellt, dass man viel Unterrichtsmaterial an die neue Kompetenzorientierung anpassen kann, es braucht nicht überall neue Lehrmittel.» Schwieriger sei dies bei den ganz neuen Fächern, wie «Natur und Technik», in denen mehrere Fächer zusammengefasst werden, und für die es noch keine Lehrmittel gibt. Doch die Umstellung auf den Lehrplan 21 muss auch nicht von heute auf morgen vollzogen werden, die Schulen haben dafür sechs Jahre Zeit. Dies betont auch Christoph Eymann: «Viele stellen sich den Lehrplan als Revolution vor – es ist aber ein langsamer Übergang, von dem die Schüler im besten Fall gar nicht viel mitbekommen.»

«Versuchsjahrgang» für Schulneuerungen

Die Eltern der neuen Sekundarschüler seien zum Teil zwar verunsichert, sagt Specker, dies liege aber häufig nur an einem Informationsmangel: «Viele Beunruhigungen können mit Gesprächen aus dem Weg geräumt werden.» Specker hat festgestellt, dass der Jahrgang, der nun erstmals in die Sekundarstufe kommt, derselbe ist, bei dem erstmals Frühfranzösisch, sowie die sechsjährige Primar eingeführt wurde. «Das kann den betroffenen Eltern schon mal ein komisches Gefühl vermitteln, als seien ihre Kinder Versuchskaninchen für Schulneuerungen.»

Zumindest im Fall des Theobald Baerwart Schulhauses scheinen die Sorgen der Eltern aber unbegründet. Das Lehrerteam wirkt gefasst, die Schulleitung steckt mit ihrem Optimismus an. «Ich freue mich auf die Herausforderung, einen neuen Sekundarschuljahrgang durch das erste Schuljahr zu führen», sagt Specker, «und mit diesem tollen Lehrerteam bin ich sicher, dass es gut kommt.»

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