Angriff auf Muslimin mit Kopftuch: «Solche Fälle kommen immer wieder vor»

Eine Muslimin ist in einem Tram geschlagen worden, weil sie ein Kopftuch trug. Gemäss der Basler Muslim Kommission werden Frauen mit Kopftuch regelmässig attackiert. Beim Kanton bezeichnet man solche Angriffe als «nicht tolerierbar».

Angst vor Attacken: Musliminnen mit Kopftüchern leben gemäss der Muslim Kommission vorsichtig.

(Bild: Nils Fisch)

Eine Muslimin ist in einem Tram geschlagen worden, weil sie ein Kopftuch trug. Gemäss der Basler Muslim Kommission werden Frauen mit Kopftuch regelmässig attackiert. Beim Kanton bezeichnet man solche Angriffe als «nicht tolerierbar».

Dieser Vorfall gibt zu denken: Eine 34-jährige Türkin ist vor rund zehn Tagen in einem Tram der Linie 8 von einer Gruppe Jugendlicher angepöbelt und geschlagen worden. Dies offenbar deshalb, weil sie ein Kopftuch getragen hat.

Im Tram wären genug Menschen gewesen, die der Frau hätten zu Hilfe kommen können. Doch niemand schritt ein: «Das war eigentlich die schlimmste Erfahrung. Blossgestellt zu werden, und kein Mensch hilft dir», schrieb die Frau auf Facebook.

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Ihr Facebook-Post erhielt gemäss «20 Minuten» viel Zuspruch. Mehrere Personen aus der Region hätten daraufhin von ähnlichen Erfahrungen berichtet. Welche Konsequenzen das Kopftuch für sie hat, beschreibt eine Frau so: «Ich fühle mich hier gefangen, kann kaum noch den ÖV benutzen, gehe schon lange nicht mehr in die Stadt oder in Kinos.»

Selim Karatekin ist Mitglied der Basler Muslim Kommission und zeigt sich äusserst betroffen von diesem Vorfall im Tram. «Auch wenn keine Statistik darüber geführt wird: Leider handelt es sich nicht um einen Einzelfall – solche Fälle kommen immer wieder vor.» Dass jemand tätlich angegriffen wird, bekommt Karatekin «zum Glück» selten mit. «Aber von verbalen Attacken höre ich aus meinem Umfeld bedauerlicherweise immer wieder», sagt er.

Ein Gefühl der Ohnmacht

Karatekin führt solche Angriffe auf die «angespannte Situation in der Welt» zurück. Es sei eine Propaganda gegen den Islam am Laufen. «Sich dagegen zu wehren, ist schwierig. Es beschleicht mich ein Gefühl der Ohnmacht.»

Dass sich Musliminnen wegen ihres Kopftuchs in der Bewegungsfreiheit eingeschränkt fühlten, ist auch ihm schon zu Ohren gekommen. «Wenn es gerade heftige Debatten über den Islam gibt – so etwa nach den Attentaten von Paris –, kommt es schon mal vor, dass Frauen vorübergehend nicht mehr aus dem Haus gehen. Dann gibt es auch Frauen, die sich gar nicht gross in der Öffentlichkeit bewegen wollen und sehr vorsichtig leben», sagt Karatekin.

«Nicht akzeptabel»

Andreas Räss, beim Kanton Leiter der Fachstelle Diversität und Integration, bezeichnet solche Angriffe als «nicht tolerierbar». «Solche diskriminierenden oder gar rassistisch gefärbten Handlungen sind nicht akzeptabel und gehören angezeigt», sagt Räss.

Auf die Frage, ob sich die Fachstelle regelmässig mit solchen Vorfällen auseinandersetzen muss, antwortet Räss: «Unsere Koordinationsstelle für Religionsfragen stellt fest, dass islamkritische und vereinzelt gar islamfeindliche Stimmen lauter werden. Das wird auch am bikantonalen runden Tisch der Religionen diskutiert. Konkrete Fälle wurden bisher jedoch nicht direkt an uns herangetragen.»

Die angegriffene Frau hat nun Anzeige gegen die unbekannten Täter eingereicht. Obwohl der Vorfall im 8er-Tram von einer Überwachungskammera aufgezeichnet wurde, muss die Staatsanwaltschaft bei der Suche nach den Täterschaft ohne jene Aufnahmen auskommen. Denn das Überwachungsvideo-Material wird aus datenschutzrechtlichen Gründen jeweils nach 72 Stunden wieder überschrieben. «Wichtig ist entsprechend, dass betroffene Personen so rasch wie möglich nach einem Vorfall bei der Polizei Anzeige erstatten, damit diese, bzw. die Staatsanwaltschaft bei Bedarf bei der BVB die Einforderung des Videomaterials einleiten kann», sagt BVB-Sprecher Benjamin Schmid.

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