«Unser wichtigstes Produkt ist die Community.» Zitat da, Konzept da – im neuen Co-Working-Space im Hafenareal sucht man nur noch eines: die Kollegen.
Ein heller Raum im fünften Stock eines Bürogebäudes im Hafengebiet. Grosse Fenster geben den Blick frei auf gestapelte Container und gelbe Kräne. Im Raum stehen lange Holztische und Glühbirnen an Stoffkabeln dienen als Arbeitsleuchten. Die Farbe an den Wänden leuchtet frisch, die Möbel riechen noch nach Baumarkt. Drei Menschen sitzen an ihren Laptops.
Ein Arbeitsraum ist es, aber ein besonderer. Die Gründer dieses Ortes namens «Kleinhafen» hatten keine Lust auf traditionelle Arbeitsorte. Hinter geschlossener Bürotüre die Arbeit erledigen oder im Homeoffice allein vor sich hin brüten, ist ihre Sache nicht. Da fehlt ihnen, die vorher im kreativwirtschaftlichen «Stellwerk» ihre Büros hatten, der Aspekt des Gemeinschaftlichen.
Im grossen Arbeitsraum im Hafengebiet sollen deshalb Menschen aus unterschiedlichen Berufen zusammenkommen, arbeiten und sich Holztisch, Erfahrungen und Kaffeemaschine teilen. Co-Worken nennt man das auf Neu-Deutsch, und der «Kleinhafen» ist entsprechend ein Co-Working-Space. Für 25 Franken pro Tag kann man sich hier einen Arbeitsplatz mieten. Auch monatsweise oder im Abosystem kann man den Platz nutzen. Gratiskaffi, Internet und ein Drucker sind im Mietpreis inbegriffen.
Konzept da, Menschen noch nicht
Die Gründer von «Kleinhafen» sind ein bunter Haufen von Architekten, Grafikern, Kreativen. Vor einem halben Jahr sind sie mit ihren Büros in den fünften Stock an der Südquaistrasse 14 gezogen. Weil sie nicht das gesamte Stockwerk brauchen, haben sie für den Co-Working-Space die übrigen Wände rausgerissen, Tische geschreinert und eine Küche eingebaut.
Ihre Idee: Dem Haus eine neue Identität geben und einen vielseitigen, lebendigen Ort schaffen – einen Raum, in dem verschiedene Menschen, Berufe und Erfahrungen zusammenfinden. «Wir wollen hier Synergien nutzen und Bewegung schaffen», sagt Darjan Hil, Mitgründer von «Kleinhafen».
Was Co-Working bedeutet? Zitate an den Bürowänden beschreiben die Idee. (Bild: Jara Petersen)
Jeder Ort sei nur so gut wie die Menschen, die ihn beleben, ist auf der Website von «Kleinhafen» zu lesen. Im Co-Working-Space verlässt einen an diesem späten Dienstagnachmittag der Gedanke nicht: Hier fehlen irgendwie die Menschen. Seit der Eröffnung Ende Februar arbeiten sechs Leute immer wieder hier.
Das erste Etappenziel sei es, alle 16 Arbeitsplätze zu füllen, und für den Mai gebe es schon Neuanmeldungen, sagt Hil vom «Kleinhafen»-Team. Und deshalb sei man auch nicht enttäuscht, im Gegenteil. Teamkollegin Nicole Lachenmeier ergänzt: «Beim Co-Working waren wir uns bewusst, dass das für Basel noch neu ist. Viele denken noch im ‹eigenen abschliessbaren Raum-System›.»
Am Abend muss der Arbeitsplatz leer geräumt sein
Die Idee, sich Miete, Büroausstattung und Ressourcen zu teilen, ist nach den USA auch in europäischen Grossstädten populär. Aus dem gemeinschaftlichen Nebeneinanderarbeiten entstehen bestenfalls neue Ideen. Für den «Kleinhafen» und weitere Co-Working-Spaces in der Stadt ist es eine Geschäftsidee: die Raummiete finanzieren und hoffentlich spannende Menschen im Haus haben.
Für alle eignet sich dieses ortsunabhängige Arbeiten allerdings nicht. Die prädestinierten Nutzer von solchen Arbeitsräumen sind denn auch die digitalen Nomaden, die für ihre Arbeit ausschliesslich ihren Laptop brauchen. Oder solche, die auf dem ganzen Globus arbeiten, sich für ihre Arbeit nirgendwo niederlassen, aber kurzzeitig gern an voll ausgestatteten Arbeitsorten ihr Geld verdienen. Die Unverbindlichkeit der Miete nutzen auch Start-ups, die sich finanziell noch nicht verausgaben können.
Es sind also vorwiegend Menschen, die ein Business betreiben, das sich digital abspielt. «Für Künstler und Kreative eignet sich das weniger», bestätigt Darjan Hil. Denn am Abend muss der Tisch dann wieder leer geräumt sein. Die Unabhängigkeit hat auch ihre Nachteile.