Wandern heisst für mich meistens Berge besteigen. In der Höhe, am liebsten einem Grat entlang, in der Ferne ein schönes Panorama – so sieht meine Traumtour aus. Zu Beginn der Saison muss man den Blick aber auf tiefere Gefilde richten, ausser man mag es, wenn einem der Schnee oben in die Bergstiefel rieselt.
Anfang Mai machte ich mich auf. Jemand empfahl eine Flusswanderung dem Doubs entlang. Dafür sprach nicht nur die Aussicht auf eine frische Forelle, sondern auch die Gelegenheit, den neuen Feldstecher und das Vogelerkennungsbüchlein auszuprobieren. Schliesslich ist der Schweizer Abschnitt dieses langen Flusses als Naturparadies bekannt.
Ein Karamellköpfli zum Dessert
Von Soubey sollte es nach Saint-Ursanne gehen, am nächsten Tag dann weiter nach Porrentruy. Die Anreise erfordert etwas Planung, denn es gibt von Basel her eigentlich nur eine Verbindung, die infrage kommt (Basel ab um 8.03 Uhr). Der letzte Abschnitt mit dem Postauto von Saint-Ursanne nach Soubey wird nur selten befahren.
Dort angekommen, werfe ich einen ersten Blick auf das Abendessen. In Soubey wird nämlich ein Grossteil der Forellen gezüchtet, die in den lokalen Restaurants auf den Tellern landen. Die Becken der Fischzucht markieren den Beginn des Wanderwegs. Nach ungefähr einer halben Stunde folgt die Route strikt dem Doubs. Eine Karte braucht hier wirklich niemand, auch wenn die Bäume in diesem Urwald dicht an dicht stehen und der Weg teilweise überwachsen ist.
Dem Fluss entlang gibt es viele Stellen für ein Picknick und – wäre es etwas wärmer gewesen – für ein nettes Bad. So konzentriere ich mich eben auf die Vögel und die schöne Wildnis. Ein Eisvogel schiesst vorbei, einige Wasseramseln und Bergstelzen hüpfen federnd von Stein zu Stein, ein Graureiher stakst träge über die Sandbank.
Es gibt viel zu sehen, und so ist es auch zu verkraften, dass diese Wanderung nicht gerade eine alpinistische Herausforderung darstellt. Steigungen gibt es kaum. Ich lasse mir Zeit und erreiche nach ungefähr vier Stunden mein Ziel. Das Willkommensbier in der mittelalterlichen Stadt Saint-Ursanne schmeckt hervorragend. Ebenso die Forelle in einem dieser Restaurants, in denen mich die Dessertkarte nostalgisch schmunzeln lässt: Karamellköpfli, wann gab es das das letzte Mal?
Hier lohnt sich eine Karte
Am zweiten Tag verlasse ich den gemütlichen Uferweg und nehme gleich hinter Saint-Ursanne den steilen Anstieg zum Berghof Col de la Croix unter die Füsse. Das letzte Stück führt über ein enges historisches Steinsträsschen. Danach nur noch weite, blühende Bergwiesen mit romantisch allein stehenden Bäumen.
Im Gegensatz zur Etappe vom Vortag hätte sich hier die Wanderkarte gelohnt. Anstatt mich durch lauschige Wäldchen bis nach Bressaucourt vorzutasten und danach zügig nach Porrentruy zu marschieren, komme ich vom geplanten Weg ab.
Zur Strafe gibts breite Kies- und Teerstrassen durch eintönige Agrarlandschaft und E-Mountainbiker mit überhöhter Geschwindigkeit. Letzteren scheint das genormte Gelände Spass zu machen, für Fussgänger zieht sich dieser Abschnitt jedoch ganz schön hin. Erschwerend ist, dass die Jurassier offenbar ihre Brunnen gut verstecken. Durstigen Wanderern empfehle ich, eine zweite Wasserflasche einzupacken.
Anfahren: Die Anreise nach Soubey ist aufgrund der Postautoverbindung schwierig. Es gibt lediglich eine sinnvolle Verbindung (Basel ab 8.03 Uhr, Soubey an 9.51 Uhr, mit Umsteigen in Delémont und Saint-Ursanne).
Ausruhen: Auf der ersten Etappe gibt es die Möglichkeit, im Restaurant Tariche einzukehren. Ich habe das nicht gemacht, das Essen soll aber gut sein. Wer von Soubey kommend auf der linken Seite des Flusses unterwegs ist (was sich empfiehlt), wird auf der Höhe des Restaurants eine Art Fähre vorfinden, mit der man sich selber über den Doubs ziehen kann. Liegt das Boot am falschen Ufer, muss man sich eben Gehör verschaffen.
Absteigen: Im Hôtel de la Couronne kostet ein einfaches Zimmer 80 Franken. Das Restaurant ist ziemlich gut, die Forellen zwar nicht riesig, dafür aber günstig. So bleibt auch genügend Platz für das Karamellköpfli.