Augusta Raurica: Wo man neun Türme wähnte, entdeckte Amerbach ein Theater

In Augst steht das älteste Bauwerk von Baselland. Der Jurist und Sammler Basilius Amerbach (1533–1591) wies nach, dass es einst ein römisches Theater war.

Da hielt man die Theaterruinen noch für Reste von neun Türmen. Illustration aus Sebastian Münsters 1544 erschienenen «Cosmographia».

 

(Bild: Universitätsbibliothek Basel / EU I 55, S. cclvii)

In Augst steht das älteste Bauwerk von Baselland. Der Jurist und Sammler Basilius Amerbach (1533–1591) wies nach, dass es einst ein römisches Theater war.

Die Wiederentdeckung des römischen Theaters in Augst erfolgte in mehreren Schritten. Im Jahr 1581 bekundeten etliche heute nicht mehr namentlich bekannte Bürger der Stadt Basel gegenüber den Behörden ihr Interesse, «zu Ougst bey den Neun Thürnen» zu graben und zu bauen. Die Ortsbezeichnung «bey den Neun Thürnen» legt den Schluss nahe, dass man bis anhin die markanten Mauerreste als Ruinen von neun Türmen deutete.

Die Grabungen auf dem Ruinengelände erfolgten unter der Leitung von Andreas Ryff (1550–1603). Sie begannen 1582 und dauerten drei Jahre. Ryff war im Tuchhandel tätig und durch Heirat mit einer Witwe im Jahr 1574 in den Besitz von Silberbergwerken im Elsass gelangt. Seiner Erfahrung im Bergbau verdankte Ryff es denn auch, dass er den Auftrag erhielt, mit seinen Bergknappen die Grabungen durchzuführen.

Eine Jungfrau mit Schlangenkörper

Darüber, was sich die Auftraggeber von den Ausgrabungen versprachen, lassen sich lediglich Mutmassungen anstellen. Wissenschaftliche Neugierde wird es wohl kaum gewesen sein – dafür waren die Gesamtkosten von 1200 Gulden zu gross.

Hoffte man, in den Ruinen verborgene Schätze zu finden? Namentlich Funde von antiken Münzen, zu denen es in Augst immer wieder kam, könnten solche Erwartungen geweckt haben. Zudem kursierte eine Sage von einem unterirdischen Gewölbe mit einer eisernen Türe, hinter der eine schöne Jungfrau mit einem Schlangenunterkörper einen Schatz hüte.

Es ist kaum anzunehmen, dass Ryff und seine Auftraggeber eine solche Geschichte ernst genommen haben. Unbestritten ist dagegen, dass die freigelegten Ruinen teilweise als Steinbruch genutzt wurden.

Die Erforschung beginnt

Es erstaunt etwas, dass Basilius Amerbach (1533–1591) erst im Frühherbst 1587 erstmals Zeit fand, sich die Ausgrabungen in Augst anzusehen. Amerbach war ein eifriger Sammler antiker Münzen und hegte grosses Interesse für die Antike. Er war als Rechtsprofessor und Basler Stadtjurist aber auch ein vielbeschäftigter Mann. Auf seinen ersten Augenschein folgten weitere Exkursionen nach Augst, bei denen er viele Details festhielt und Pläne der teilweise freigelegten Ruinen zeichnete, in denen er die Reste eines römischen Theaters erkannt hatte.

Diese Pläne verbesserte er fortwährend, unter anderem auch dank Messungen, die der Geometer Hans Bock für ihn vornahm. Seine Erforschung des Theaters in Augst fand am 25. April 1591 ein jähes Ende, als er einer Lungenentzündung erlag.

Drei aufeinanderfolgende Theaterbauten

Dank weiteren archäologischen Untersuchungen im 19. und 20. Jahrhundert wissen wir, dass in Augusta Raurica drei verschiedene Theaterbauten aufeinander folgten.

Zunächst wurde zur Zeit von Kaiser Vespasian (69–79 n. Chr.) ein halbkreisförmiges Theater errichtet, und zwar als Teil eines grösseren Heiligtums, zu dem auch ein Tempel auf dem gegenüberliegenden Schönbühlhügel gehörte.

Bereits im frühen 2. Jahrhundert wurde dieses erste Theater durch ein kleines Amphitheater ersetzt, in dem Tierkämpfe und Gladiatorenspiele abgehalten wurden.

Um 170 n. Chr. wurde das Amphitheater durch ein repräsentatives Bühnentheater von rund 100 Meter Breite und 25 Meter Höhe ersetzt. Dieses wurde während 60 bis 80 Jahren von den Bewohnerinnen und Bewohnern von Augusta Raurica genutzt.

Nachdem bereits in früheren Jahrhunderten Stabilisierungs- und Konservierungsarbeiten vorgenommen werden mussten, wurde in den 1990er-Jahren eine Totalsanierung des Theaters notwendig, die 2007 ihren Abschluss fand. Bei dieser Gelegenheit wurden auch die Aufzeichnungen Amerbachs «wiederentdeckt», die mit seinem Nachlass in die Universitätsbibliothek Basel gelangt waren und jetzt als Teil einer kleinen Ausstellung in der UB zur Geschichte des römischen Theaters von Augst zu sehen sind.

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Die Ausstellung «Wiederentdeckt» der UB Basel dauert bis 16. April 2016. Öffnungszeiten: Mo–Sa 8.30–22.30 Uhr.

 

 

 

Quellen

Thomas Hufschmid und Barbara Pfäffli (Hrsg.): Wiederentdeckt! Basilius Amerbach erforscht das Theater von Augusta Raurica. Beiträge zu dem zwischen 1588 und 1591 entstandenen Manuskript O IV 11 in der Universitätsbibliothek Basel. Basel 2015

Hochbauamt / Bau- und Umweltschutzdirektion Kanton Basel-Landschaft: Augusta Raurica – Sanierung Szenisches Theater Augst. Liestal 2007

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