Zu seinem 100. Geburtstag widmet das Kunstmuseum Max Kämpf eine Ausstellung. Der vor 30 Jahren verstorbene Künstler hat es immer wieder verstanden, die gute Gesellschaft zu ärgern.
Max Kämpf, vor dreissig Jahren gestorben, hätte oder hat gelegentlich seinen 100. Geburtstag. Heute Freitag eröffnet das Kunstmuseum eine Ausstellung zu seiner Erinnerung. Ein Grund, ihn auch hier mit diesem Atelierbild in Erinnerung zu rufen. Den dezimalen Erinnerungswallungen haftet zwar etwas Künstliches an. Solchen Jubiläen soll es aber nicht wie «Muttertagen» gehen, denen man das Gedenken mit dem Argument verweigert, dass doch jeder Tag «Muttertag» sei, um dann im Effekt überhaupt keinen zu begehen.
Geburtstage hin oder her, «Megge» Kämpf verdient es, ein festes Plätzchen in Basels kollektivem Gedächtnis zu haben. Ein Plätzchen für ganz grosse Bilder wie der hellblaue «Traumflug» von 1941 und für die vielen Totentänze, Schülerbilder, Aktzeichnungen und unzähligen Fasnachtshelgen.
Bekannt mit «Emigranten»
Kämpf war primär Künstler, er hatte aber auch einen politischen Standort, das heisst eine soziale Ader, war wohl kein Parteimitglied, in gewissen Jahren aber gewiss ganz «links». 1934 wurde er mit seinem Bild «Emigranten» in der Basler Kunstszene bekannt.
Bei vielen seiner Werke merkte man das politische Engagement den Bildern nicht an, und das ist gut so. Bei dem 1950 am Gebäude des heutigen Wirtschaftsgymnasiums angebrachten Sgraffito meinte man, ihm das Politische anzumerken, und das war dann nicht gut so: Kämpf wurde verdächtigt, mit der Darstellung eines Schmieds eine heimliche Würdigung Stalins vorgenommen zu haben. Das anstössige Bild wurde zur sogenannten Schnauzaffäre und nach heftiger Debatte beseitigt.
Anstoss mit «Traumflug»
Anstoss hatte bereits der erwähnte «Traumflug» erregt, weil er einen Jungen und ein Mädchen unter gleicher Decke zeigte. Das Bild konnte nicht an seinem ursprünglichen Bestimmungsort, im Waisenhaus, gezeigt werden, eine Fassung ist jetzt – manchmal – im Kunstmuseum zu sehen.
Unsere Fotografie zeigt ein Bild im Bild, gross und penetrant weiss, wohl mit einer Fasnachtsfigur im bekannten, etwas nervös wirkenden Bleistiftduktus des Künstlers. Gleichsam dahinter – oder darüber – der Künstler an der Arbeit, ruhig oder aufgeregt gleichzeitig dem Rauchen frönend, daneben, obwohl nur in zwei Exemplaren, eine auffallende Häufung Flaschen, eine sogar offen, nicht von der Marke Rivella-Blau. Im schwarzen Hintergrund ein Haufen Chaos. Wichtiger als der Künstler ist die Kunst. Ist uns aber die Kunst wichtig, wird es auch der Künstler oder die Künstlerin. Man würde ihm oder ihr gerne zuschauen. Hier kann man. So lange man will.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 10.02.12