Ausbruch aus der «Burg»

Das Vorstadttheater Basel fragt in seiner neuesten Hausproduktion «Burg» nach Grenzen: Jenen in den Köpfen, und jenen zwischen Häusern. Überwinden kann beide nur ein Kind. Weshalb dieses Theaterstück die perfekte Familiengeschichte ist.

Josephina (Nora Vonder Mühll), erschöpft. (Bild: Xenia Häberli)

Das Vorstadttheater fragt in seiner neuesten Hausproduktion «Burg» nach Grenzen: Jenen in den Köpfen, und jenen zwischen Häusern. Überwinden kann beide nur ein Kind. Weshalb das Theater das perfekte Familienstück ist.

Josephina stinkts. Gewaltig. Das Mädchen hat Geburtstag, und es wird von seinen Eltern, mit denen es auf der Hirschburg wohnt, mit Geschenken überhäuft: Eine rosa Schleife um den Bauch, ein Krönchen auf den Kopf und vieles mehr. Nur nicht das, was sich Josephina so dringend wünscht: Ein Schwert. Denn das Mädchen möchte Ritterin werden. Eine fixe Idee, die Mutter und Vater gar nicht gefällt. Um das Kind vor den Gefahren der Aussenwelt zu schützen, halten sie es auf ihrer Burg wie eine Gefangene: Vor die Tür darf sie nicht.

Eines Nachts aber, da stiehlt Josephina das Schlafmittel der Mutter und flösst es dem Burgwächter ein. Und dann steht Josephina endlich draussen vor dem Tor. Sie jubelt und tanzt, sie springt und jauchzt. Und natürlich geht das Abenteuer nun erst richtig los.

Schlicht und einfach «Burg» heisst das Stück, welches das Vorstadttheater Basel zusammen mit dem Schaffhauser Theater Sgaramusch produziert hat. Und wie es in der Tradition des Theaters an der St. Alban-Vorstadt steht, ist es ein Stück für die ganze Familie: Die Geschichte ist für die Kleinsten nachvollziehbar, die Spässe verständlich, aber nicht platt, und die philosophischen Feinheiten des Stoffs fordern die Erwachsenen etwas darüber hinaus.

Durchlässige Grenzen

Sind es nicht Fragen, die uns alle irgendwann umtreiben? Wo gehöre ich dazu, und will ich das überhaupt? Oder suche ich lieber meinen eigenen Weg? Wie weit soll Schutz gehen, wo sollen die Grenzen liegen? Für Josephinas Mutter (Gina Durler) ist die Antwort auf letzteres klar: Die Grenze deckt sich mit der Burgmauer. Was sich draussen befindet, ist böse. Der Vater (Stefan Colombo) denkt da schon etwas durchlässiger und wagt sich auch mal vor die Tür – wenn auch mit gehörigem Zittern in den Beinen. Josephina (Nora Vonder Mühll) ist die Mutigste, sie legt sich notfalls auch mit einem Ungeheuer an, um einen Hirschen zu beschützen.

Der Rest der Geschichte ist ein Mix aus «Romeo und Julia» und «Ronja Räubertochter»: Zwei verfeindete Familien, zwei Burgen, eine Tochter, ein Sohn. Während die Eltern sich bis aufs Letzte bekämpfen, freunden sich die Kinder an. Und kehren den Elternhäusern schliesslich den Rücken.

Drei Schauspieler meistern die verschiedenen Rollen in der «Burg». Kostüme wechseln so schnell, dass man fast die Kleider fliegen sieht. Mit wenigen Mitteln entstehen die unterschiedlichen Figuren, so gut, dass den Kindern im Publikum nicht mal auffällt, dass der Burgwächter, die beiden Väter und das Ungeheuer von ein und demselben Mann, die Mutter, der Sohn, der Ritter von ein und derselben Frau gespielt werden. Das Bühnenbild dafür ist äusserst sparsam: Drei rollbare Stelen stellen entweder Burghof, Burgmauer oder den Wald dar. Und das Spiel? Es wird untermalt von Klängen und Musik, von einfach Beats bis hin zur veritablen Rockoper. Mal leise, mal laut. Die perfekte Mischung – wie der ganze Rest.

  • Weitere Vorstellungen: 18.3., 25.3., 9.4., 15.4., 22.4., 29.4. jeweils 11 Uhr, 23.3., 13.4., 20.4., 27.4., jeweils 20 Uhr. www.vorstadttheaterbasel.ch

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