Vor drei Wochen fanden Baselbieter Archäologen bei Ausgrabungen am Pratteler Kästeliweg einen prunkvollen Fingerring aus Goldblech. Für das Ausgrabungsteam sind die gewonnen Erkenntnisse zur römischen Agrarwirtschaft noch wertvoller.
«Ein Bling-Bling-Ring», lacht der stellvertretende Kantonsarchäologe Andreas Fischer, als er die Fundstücke aus den Ausgrabungen in Pratteln zeigt. Der prunkvolle Fingerring aus Goldblech ist zwar innen hohl, doch er sei sehr wertvoll gewesen und zeige den hohen sozialen Status seines Besitzers, so Fischer.
Das Team der Baselbieter Archäologen gräbt auf einem heutigen Industriegebiet in Pratteln am Kästeliweg. Dort haben sie nicht nur Gegenstände, sondern die Überreste einer Villa Rustica gefunden. Für die Archäologen ein Fund von unschätzbarem Wert – und spektakulärer als der Ring, da der Gutshof «Erkenntnisse zur Funktionsweise der römischen Agrarwirtschaft» liefert, die wissenschaftlich hochinteressant seien.
Während zentrale Orte römischer Besiedlung in der Schweiz, wie etwa Augusta Raurica, bereits gut erforscht seien, ist über das Umland nur wenig bekannt, sagt Fischer.
Auch ein Fundstück aus dem Boden des Kästeli-Areals: Eine kleine Bronze-Statue des römischen Gottes Merkur. (Bild: Simone Janz)
Die ersten Ausgrabungen am Pratteler Kästeliweg begannen bereits 1840. Im Laufe der Zeit stiess man unter anderem auf Reste von Mosaiken und beheizten Gemächern. Gemäss Archäologie Baselland ist der Gutshof eine der «bedeutendsten Anlagen dieser Art im Umland von Augusta Raurica».
Ein Ausgrabungsteam sucht momentan auf dem 12’000 Quadratmeter grossen Landwirtschaftsbereich im Rahmen einer Notgrabung nach landwirtschaftlichen Spuren – denn hier, vermuten die Forscher, liegt eine der Ursachen für den Reichtum der Römer.
Die Mauern eines grossen länglichen Gebäudes waren für die Baselbieter Archäologen lange ein Rätsel. Aufgrund von Funden, die Pferdegeschirren zugeordnet werden konnten, ist jetzt klarer: Hier könnten Pferdestallungen gewesen sein. (Bild: Simone Janz)
Der Reichtum der Römer kam nicht von ungefähr. Damit grosse Siedlungen wie Augusta Raurica ernährt werden konnten, war eine florierende Landwirtschaft notwendig.
In Pratteln befolgten die Gutsherren die Ratschläge des römischen Agrarwissenschaftlers Columella, um – wie im römischen Reich üblich – eine Überschussproduktion zu generieren: Wie die Ausgrabungen zeigten, dichteten die in Pratteln siedelnden Römer beispielsweise eine Grube mit Lehm ab und nutzten sie zur Dungreifung. Ein spezialisierter Prozess zur Herstellung von Dünger.
«Das ist meines Erachtens das erste Mal, dass das auch tatsächlich nachgewiesen werden konnte», so Grabungsleiter Jan von Wartburg.
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Geführte Rundgänge für alle Interessierten gibt’s am Tag der offenen Ausgrabung, am Samstag, 24. September, von 10.00 bis 13.30 Uhr.