Axpo luchst IWB den Grosskunden Roche ab – Novartis könnte folgen

Weil Grosskunden wie Roche ihren Strom nicht mehr bei den IWB beziehen, schreibt der Basler Energielieferant im Stromgeschäft rote Zahlen. Für kleinere und mittlere Kunden wird der Strom nächstes Jahr teurer.

Der Basler Davide Calla, Mitte, jubelt nach dem Tor zum 0-1, links, der Zuercher Avi Rikan, beim Fussball Meisterschaftsspiel der Super League zwischen dem FC Zuerich und dem FC Basel am Sonntag, 10. Mai 2015, im Stadion Letzigrund in Zuerich. (KEYSTONE/Valeriano Di Domenico)

(Bild: KEYSTONE/Valeriano Di Domenico)

Weil Grosskunden wie Roche ihren Strom nicht mehr bei den IWB beziehen, schreibt der Basler Energielieferant im Stromgeschäft rote Zahlen. Für kleinere und mittlere Kunden wird der Strom nächstes Jahr teurer.

Bei Heimspielen des FC Basel machen sowohl die Industriellen Werke Basel (IWB) wie die Axpo Bandenwerbung. «Mit erneuerbarem Strom – Aus eigener Energie», lautet der Slogan der Industriellen Werke Basel IWB, «Voller Energie für Basel» derjenige der Axpo.

Diese Aussage trifft mehr zu, als es den IWB lieb sein kann, denn der Nordostschweizer Stromkonzern macht den IWB Grosskunden abspenstig. So hat Hoffmann-La Roche, einer der grössten Basler Stromverbraucher und IWB-Kunden, zur Axpo gewechselt, doch weder die IWB noch die Roche wollen sich zu diesem Transfer äussern.

«Roche äussert sich nicht zu einzelnen Lieferanten. Da das Thema Nachhaltigkeit für Roche von sehr grosser Bedeutung ist, beziehen wir am Standort Basel/Kaiseraugst Strom zu 100 Prozent aus nachhaltigen Quellen», erklärt Roche-Sprecher Karsten Kleine.

Anders als bei den IWB stammt der Hauptteil des Axpo-Stroms aus AKWs im In- und Ausland sowie aus Kohle- und Gaskraftwerken. Doch der nordostschweizerische Energielieferant bietet auch Ökostrom an. Wie viel Roche dafür bezahlt, bleibt Geschäftsgeheimnis. Dank einer eigenen Leitung und einer Ausnahmebestimmung im Energiegesetz (Art. 17, Abs. 2) kann die Axpo die Basler Industrie direkt ab Frankreich beliefern. Ob «physischer» AKW-Strom zur Roche oder anderen Kunden fliesst, spielt keine Rolle. Ein Zertifikat sorgt dafür, dass er sauber wird. 

Auch der FCB-Sponsor Novartis bezieht seinen Strom in Zukunft nicht mehr von den IWB. Den Lieferantenwechsel bestätigt das Unternehmen, ob die Axpo oder ein anderer Lieferant den Zuschlag bekommt, sei aber noch offen. Die Axpo macht keinen Hehl daraus, dass sie Appetit auf Grosskunden in Basel hat. «Unser Auftritt auf den Werbebanden im St. Jakob Park ist durchaus wörtlich zu nehmen», erklärt Axpo-Mediensprecher Tobias Kistner.

Keine Auskunft über die Verluste im Stromgeschäft

Der Wegfall von Roche und anderen Grosskunden schlägt sich in der Jahresbilanz der IWB nieder. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Stromverkauf an Endkunden um gut 11 Prozent von 1479 auf 1313 GWh gesunken. Das hat zu roten Zahlen im Stromgeschäft geführt. Wie hoch diese Verluste sind, will der Quasi-Staatsbetrieb nicht verraten. Nur dank Gewinnen in den Bereichen Wasser, Gas und Fernwärme konnte der «Gemischtwarenladen» IWB 2014 einen Gewinn ausweisen.

Mehr Ökostrom mit weniger Subventionen – wie soll das gehen? Einen Beitrag zur laufenden Debatte über die nationale Energiewende finden Sie hier.

Schwacher Trost: Konkurrenz Axpo konnten die Stromverkäufe zwar um zwölf Prozent steigern, allerdings zu so tiefen Preisen, dass das Unternehmen für das laufende Geschäftsjahr (es endet am 30.9.) mit einem Umsatzrückgang von 15 Prozent rechnet. Dazu muss die Axpo Abschreiber in Milliardenhöhe tätigen.

Die IWB versuchen derweil die Verluste im Basler Heimmarkt durch Akquisitionen ausserhalb des Stammgebiets aufzufangen. Ein schwieriges Unterfangen, denn nur wenige Grosskunden legen Wert auf nachhaltigen Strom. Zu den Unternehmen, die den IWB in Basel die Stange halten, gehört Coop. Mit seinen vielen Filialen sowie Bell und der Grossbäckerei im St. Johann gehört der Grossverteiler zu den wichtigsten Verbrauchern in Basel. Allerdings wandert die Bäckerei nächstes Jahr in den Aargau ab und die IWB verlieren einen weiteren wichtigen Stromabnehmer.

Die Preise für Privatkunden steigen

Während der Konkurrenzkampf im liberalisierten, wenig transparenten Grosskundengeschäft immer härter und die Margen immer kleiner werden, können die Stromlieferanten bei den kleinen Privat- und Gewerbekunden die Preise weiterhin diktieren. Wie hoch der Anteil der beiden Kundengruppen ist, geben die IWB nicht bekannt.

Im nationalen Vergleich scheinen die Basler Stromtarife schon heute sehr hoch (siehe Kasten). Nächstes Jahr werden die IWB die Kleinkundentarife erneut um durchschnittlich 2,5 Prozent erhöhen. Begründet werden die höheren Tarife mit steigenden Netzkosten und Abgaben. Zu den Kosten gehören auch die Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit (PR) und Werbung, obwohl das die IWB als lokaler Monopolist gar nicht nötig hätte.

Die Gesamtkosten (Wasser, Gas und Erdwärme eingeschlossen) betrugen letztes Jahr 5,2 Millionen Franken oder über 50 Franken pro Haushalt. Wie viel allein der Werbeauftritt im Stadion St. Jakob gekostet hat, wollen die IWB ebenso wenig verraten, wie die Ausgaben für das IWB-Tram, mit dem ein mancher FCB-Fan zum Match gefahren ist. Immerhin bleibt das Geld so in der Staatskasse und wandert von einem Kässeli zum anderen.

Abgaben verteuern den Strompreis

Seit dem 1. Januar 2009 können Grossverbraucher mit einem Konsum von über 100’000 kWh pro Jahr ihren Stromlieferanten selber auswählen. Nachdem der Strompreis auf dem internationalen Markt in den letzten Jahren massiv gesunken ist, machen immer mehr Firmen davon Gebrauch. Kleine und mittlere Kunden können in der Schweiz frühestens 2018 ihren Anbieter selber wählen.

Allerdings macht der eigentliche Strompreis weniger als ein Drittel der Stromrechnung aus. Der Rest entfällt auf Anschluss- und Netzbenutzungsgebühren sowie verschiedene Abgaben. Einen guten Überblick über Strompreise und Abgaben verschafft die Website der Eidgenössischen Elektrizitätskommission. Sie zeigt, dass der nachhaltig produzierte Strom selbst in Basel vergleichsweise günstig ist. Im nationalen Vergleich drückt allerdings die 1999 eingeführten Lenkungsabgabe (Stromsparfonds) in Basel-Stadt die Tarife in die Höhe, was sich auf der Übersichtskarte der Stromtarife niederschlägt.




Verbrauchskategorie H3 beinhaltet den Verbrauch von 4500 kWh/Jahr und gerechnet wird eine 4-Zimmerwohnung mit Elektroherd und Elektroboiler.


«Die Einnahmen aus der Lenkungsabgabe schüttet der Kanton Basel-Stadt jedoch komplett an die Bevölkerung aus», teilen die IWB in einer Ergänzung an die TagesWoche mit. Wer wenig Strom verbrauche, erhalte damit mehr zurück, als er eingezahlt habe, wie das folgende Beispiel des Unternehmens zeige: «Ein Vierpersonenhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 4000 KWh bezahlt mit der Stromrechnung rund 180 Franken Lenkungsabgabe pro Jahr, erhält jedoch vom baselstädtischen Amt für Umwelt und Energie (AUE) pro Kopf 62 Franken, also insgesamt 248 Franken zurückerstattet.» Das führe laut IWB dazu, dass dank dieser Konstruktion «sparsame Basler Haushalte und Betriebe im schweizweiten Vergleich sogar sehr niedrige Stromkosten haben». Dieser Effekt sei bei der Übersicht der Elektrizitätskommission allerdings nicht berücksichtigt.

Artikelgeschichte

Der Kasten wurde durch eine Präzision der IWB ergänzt.

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