Warum ist der Berchtoldstag in den beiden Basel kein Feiertag? Für Eltern ist das deshalb lästig, weil die Schulen erst wieder öffnen, wenn sie längst wieder im Büro sitzen müssen. Aus der dünn besetzten Verwaltung ist keine Antwort zu kriegen.
Die SBB fahren im Feiertagstakt. Das Schweizer Staatsradio sendet nach Wochenendprogramm, die überregionalen Zeitungen aus der Limmatstadt erscheinen nicht – der Berchtoldstag, der zweite Januar, ist in vielen Kantonen ein Feiertag. Nicht aber in den beiden Basel. Hier wird – theoretisch – normal gearbeitet. Ausser an den Schulen, denn als Ausnahme von der Ausnahme bleiben die Bildungsstätten auch in den beiden Basel geschlossen. Und stellen werktätige Eltern damit vor Probleme. Warum?
Aus purer Tradition, offenbar: Hans Georg Signer, Leiter Bildung im Basler Erziehungsdepartement, weiss auch nicht genau, warum die Kinder und Jugendlichen am 2. Januar in der Stadt nicht in die Schule gehen müssen. Fakt ist, dass in § 44 der Schulordnung steht: «Schulfrei sind … 1 Woche und 3 Tage im Winter, vom 24. Dezember bis und mit 2. Januar.»
Schulen traditionell geschlossen
Warum? Signer: «Weil es schon immer so war.» Oder, interpretativ: «Weil Basel-Stadt schon immer ein kinder- und jugendfreundliches Pflaster war.» Allerdings findet auch er, dass die richtige Frage die wäre, «warum der 2. Januar in Basel für alle anderen als normaler Arbeitstag gilt.» In den meisten anderen Kantonen sei der Berchtoldstag ja auch ein Feiertag. Die Ausnahmen sind beide Basel, beide Appenzell, Genf, Graubünden, St. Gallen, Nidwalden, Schwyz , das Wallis und das Tessin. Ein Muster, sei es nach Konfession oder sonstiger Kategorien, ist nicht erkennbar.
Hermann Wichers vom Staatsarchiv kann es sich auf die Schnelle auch nicht erklären: Die gesetzlichen Feiertage seien grösstenteils religösen Ursprungs, zu einer Minderheit eindeutig politisch motiviert, wobei der 1. Mai, den 1890 die II. Internationale feierte, nicht als Feier-, sondern nur in einzelnen Kantonen als Ruhetag gilt. Andereseits sei beispielsweise der 6. Januar in Baden-Würtemberg ein Feiertag.
Bisweilen werden Feiertage auch nicht neu eingeführt, wie der 1. August, einst ein Halbfeiertag, der via Volksabstimmung 1993 zum gesetzlichen Feiertag erklärt wurde, sondern abgeschafft: Frankreich versuchte 2004, den Pfingstmontag abzuschaffen, hat ihn aber 2008 wieder zum Feiertag erklärt, weil ohnehin kaum die Hälfte der Bevölkerung zur Arbeit erschienen war.
Kein St. Berchtold
Der Bärzeli-Tag ist wider Erwarten auch nicht etwa einem heiligen St. Berchtold gewidmet. Vielmehr «geht der Name auf den alpenländischen Brauch des „Bechtens“ oder auch „Pechtens“ genannt zurück und ist in Österreich auch als „Perchten“ bekannt. Bei diesen Bräuchen streichen schrecklich maskierte Gestalten durch die Nacht und lassen sich nur mit Gaben besänftigen. Oftmals wurden auch arme Nachbarsleute aus dem Dorf an diesem Tage mit Gaben bedacht. In den nordländischen und slawischen Ländern versteht man unter Perchta eine weibliche Sagengestalt», weiss diese Website über die Zürcher Bräuche.
Aufgrund der Widersprüchlichkeit hat auch Grossrat Abdul R. Furrer im Jahre 2003 einen Anzug im Basler Grossen Rat eingereicht, mit dem die Regierung hätte beauftragt werden sollen, aus dem Berchtoldstag einen arbeitsfreien Tag zu machen (der nicht einem Sonntag gleichgestellt ist). Der Vorstoss blieb aber auf der Strecke.
Auf der Suche nach Antworten auf diese und weitere drängende Fragen versucht ein gutes Dutzend TagesWoche-Redaktionsmitglieder an diesem Montag diverse Amts- und sonstige Auskunftsstellen zu erreichen. Doch die meisten bleiben am Berchtoldstag unbeantwortet: (Fast) egal, wen man anruft, ständig kommt ein Band mit dem Hinweis «…bis und mit dem 2. Januar…». Mit anderen Worten: Der 2. Januar ist eben doch ein Feiertag.
Oder ein halber. Ohne ein offizieller Halbfeiertag zu sein.