Ein guter Mensch, aber kein Gutmensch – was die Medien vom neuen Novartis-Chef halten

Die Ankündigung des Führungswechsels bei Novartis ist in den Medien wohlwollend aufgenommen worden. Doch es gibt auch mahnende Worte. 

«Ein guter Mensch», urteilt die Fachpresse und sieht darin auch einen Nutzen fürs Geschäft. (Bild: Montage TagesWoche mit Material von Keystone)

Die Überraschung ist dem Pharmakonzern Novartis gelungen: Mit Wohlwollen nahmen viele Medien in ersten Kommentaren zur Kenntnis, dass nach dem Marketingspezialisten Joe Jimenez mit Vasant Narasimhan wieder ein Life-Sciences-Fachmann  die Konzernspitze übernimmt. Dazu noch einer, der erst 41 Jahre alt ist, was die «Basler Zeitung» zur doch etwas übertriebenen Schlagzeile «Jugend an die Macht» verführte. 

Dass nun wieder ein US-Amerikaner den Basler Pharmamulti führen wird, ist hingegen kaum ein Thema. Eine Ausnahme bildet der «Blick», der den mitten in der Stadt Basel lebenden Vater zweier Kinder mit den vieldeutigen Worten zitiert:

«Sofern die Rahmenbedingungen weiterhin gut und wettbewerbsfähig bleiben, braucht sich niemand Sorgen über die Zukunft von Novartis in der Schweiz machen.»

Viel ist aber über Narasimhans einstige Einsätze als Arzt in Asien, Afrika und Südamerika geschrieben worden, wo er sich mit der Eindämmung von Malaria, der Behandlung von Aidskranken oder der Versorgung von Strassenkindern in Indien beschäftigt habe. Diese Vergangenheit verführte die «Bilanz» zur Bemerkung:

«Wer das Twitterprofil von Vasant ‹Vas› Narasimhan betrachtet, bekommt den Eindruck: Er ist ein guter Mensch.»

Eine Einschätzung, die das Wirtschaftsmagazin zur Beruhigung der Aktionäre aber gleich relativiert:

«Doch bei aller Romantik ist Narasimhan kein mildtätiger Gutmensch – er hat sich früh zum Ziel gesetzt, breit zu wirken.»

Die NZZ kann Narasimhans Engagement positive Aspekte abgewinnen, wie im Kommentar zu lesen ist:

«Bedenkt man, dass das innovationsgetriebene Pharmageschäft eine stetige Verwissenschaftlichung erfährt, ist ein solcher Hintergrund zweifellos wertvoll – vor allem wenn es darum geht, Ärzten und Versicherungen die exorbitanten Preise zu erklären, die für einen Hightech-Wirkstoff bezahlt werden müssen.»

Einfach weiter wie bisher, so kann der neue CEO laut NZZ nicht arbeiten:

«Die alten Probleme von Novartis werden mit dem Wechsel an der Spitze indessen nicht einfach verschwinden. Die grösste Baustelle stellt nach wie vor Alcon dar, das Augenheilmittel-Geschäft, das umsatz- und ertragsmässig ins Stocken geraten ist und über dessen Schicksal per Ende Jahr, so heisst es, informiert wird.»

Da schimmert doch etwas Kritik am scheidenden CEO Joe Jimenez durch, der den Börsenwert von Novartis zwar habe steigern können, die grossen Baustellen aber nicht ganz in Griff bekommen habe. Dieser Meinung ist auch der Kommentator in der «bz Basel», wenn er über Jimenez schreibt:

«Bestnoten erhält er für sein Schaffen nicht. (…) Der Nachschub neuer Produkte wurde ebenso sträflich vernachlässigt, wie die Pflege wichtiger Kunden. (…) Verschlafen hat Novartis in der Ära Jimenez zudem den grossen Trend hin zu neuen Krebsimmuntherapien.»

Die «Basler Zeitung» geht mit Jimenez weniger hart ins Gericht:

«Unter der Führung von Joseph Jimenez sind in den vergangenen Jahren einige wichtige Weichenstellungen erfolgt. Die Patentklippe der Verkaufsschlager Glivec und Diovan ist noch nicht gemeistert, aber sie scheint dank der Pipeline nicht mehr so bedrohlich wie auch schon.»

Mit viel Wohlwollen kommentiert die «Handelszeitung» den Führungswechsel. Unter der Schlagzeile «Chef-Wechsel macht Bahn frei für eine neue Novartis», heisst es:

«Der Stabwechsel macht zum jetzigen Zeitpunkt Sinn. Dem Unternehmen stehen weitreichende Entscheidungen bevor. Da macht es Sinn, mit einem Konzernchef an den Start zu gehen, der die Perspektive hat, auch einen Veränderungsprozess von mehreren Jahren begleiten zu können.»

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