Aus dem Neubau des Naturhistorischen Museums am Bahnhof St. Johann wird wohl nichts. Zu riskant sei dieser Standort, finden zwei Gremien. Wohnen an den Bahnanlagen ist aber erlaubt.
Es ist eine ziemlich mühsame Sache für das Naturhistorische Museum Basel, eine ewig dauernde. Seit bald zehn Jahren steht fest, dass das Museumsgebäude an der Augustinergasse asbestbelastet ist. Immer wieder müssen deshalb Ausstellungsräume saniert werden, so auch jetzt für 24 Millionen Franken. Das Präsidialdepartement von Guy Morin versucht seit mehreren Jahren, das Museum an einen neuen Standort zu zügeln. Es will aber nicht vorwärtsgehen. Das Naturhistorische Museum (NMB) wird in der Verwaltung stiefmütterlich behandelt.
Im September 2010 folgte die Regierung immerhin Morins Antrag und fällte den Grundsatzentscheid, dass das Museum definitiv aus dem Berri-Bau raus und ein neues Domizil erhalten soll. Auch wenn das erst in zehn bis fünfzehn Jahren der Fall sein wird, freute sich Museumsdirektor Christian A. Meyer wie ein kleines Kind über den Entscheid. An einem neuen Standort könne das Museum schliesslich seine Visionen umsetzen und seine Sammlung begehbarer und erlebbarer machen, sagte Meyer damals. Etwa 80 Millionen wird der Neubau kosten. Eigentlich hätte bereits letztes Jahr eine Studie von Immobilien Basel-Stadt mit einem Standortvorschlag vorliegen müssen, doch dieser lässt auf sich warten.
Zu nahe an den Bahnanlagen
Der Regierungspräsident selber brachte in der Vergangenheit immer wieder die Standorte Dreispitz und den Bahnhof St. Johann für das Museum ins Spiel – zwei Trendgebiete in Basel. Hinter den Kulissen plant Morins Departement einen Neubau des Museums zusammen mit dem Staatsarchiv. Letzteres platzt an der Martinsgasse aus allen Nähten. Aus dem Standort Bahnhof St. Johann wird jedoch mit grösster Wahrscheinlichkeit nichts, zumindest für das Naturhistorische Museum. Die kantonale Kommission für Risikobeurteilung (Risko) und die Kontrollstelle für Chemie- und Biosicherheit (KCB) machen Museumsdirektor Meyer das Leben noch schwerer.
Die beiden Gremien sind gemäss Informationen der TagesWoche nämlich der Meinung, dass ein Museum wegen der publikumsintensiven Nutzung nicht an den Bahnhof St. Johann gehört. Sie raten der Regierung vom Standort ab. Grund: Das Museum würde sich zu nahe an den Bahnanlagen befinden. Für das Staatsarchiv wäre der Standort aber geeignet, da es nicht so viel Publikum anziehe, findet die Kontrollstelle.
Alle schweigen
Besonders fragwürdig ist dieser Entscheid, weil eine externe Studie des Zürcher Beratungsunternehmens Ernst Basler + Partner AG, das der Risko und der KCB vorlag, zu einem anderen Schluss kommt. Demnach ist der Bahnhof St. Johann für das Museum und das Staatsarchiv nicht ungeeigneter und riskanter, als er es für eine andere Nutzung wäre. Seltsam ist der Beschluss der beiden Gremien schon deshalb, weil gerade am Bahnhof St. Johann in den letzten Jahren viele neue, gehobene Wohnungen entstanden sind (Voltazentrum, Voltawest) und die Verwaltung offenbar nichts dagegen einzuwenden hatte.
Brigitte Meyer, Präsidentin der Risko und Generalsekretärin beim Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt, möchte sich nicht zu dieser Sache äussern. Die Fragen will sie per E-Mail, nur um dann knapp mitzuteilen: «Die Empfehlung der Risko stellt einen Aspekt in der Gesamtbeurteilung des Projekts dar, zu welchem die Meinungsbildung des Regierungsrates noch nicht abgeschlossen ist. Entsprechend kann ich Ihre Fragen im Detail nicht beantworten, ausser die Bestätigung geben, dass die von mir präsidierte Risko sich mit dem Thema befasst hat.
In Schweigen hüllt sich auch die Kontrollstelle für Chemie- und Biosicherheit. «Es handelt sich um ein laufendes Verfahren und wir sind nur ein kleines Rädchen im Ganzen», sagt Leiter Urs Vögeli. Und so geht das Schweigen weiter: Ebenfalls nicht dazu äus-sern möchten sich Guy Morin und Museumsdirektor Christian A. Meyer. Morins Kulturbeauftragter Philippe Bischof teilt per E-Mail zwar nichts Neues mit, aber immerhin etwas: «Das Präsidialdepartement unterstützt in der Tat die Suche eines neuen Standortes für Naturhistorisches Museum und Staatsarchiv. Neubauprojekte in beiden Fällen sind wünschenswert, da Handlungsbedarf besteht unter anderem wegen Platzmangel und suboptimaler Ausstellungsbedingungen im Museum.» Zuständig für die Standortfrage sei aber Immobilien Basel-Stadt. Aber auch dort winkt man ab und vertröstet auf Ende Februar. Zuerst wolle man die Regierung informieren, sagt Sprecherin Barbara Neidhart.
Bereits Heuwaage war ein Problem
Es ist nicht das erste Mal, dass sich ein Standort für das NMB als ungeeignet erweist. Bereits 2009 wollten Morin und sein damaliger Kulturbeauftragter Michael Koechlin das Museum neu bauen lassen, und zwar auf der Heuwaage. Damals war es jedoch der Zoo Basel mit seinem Ozeanium-Projekt, der diese Pläne verhinderte. Es kam zu einem Machtkampf zwischen den beiden Institutionen. Am Schluss überliess Morin dem Zolli die Heuwaage und schickte Michael Koechlin – nicht zuletzt wegen dieser unglücklichen Sache – in die Wüste. Mit der Empfehlung der Risko dürfte für das Museum nun ein Neubau auf dem Dreispitz-Areal in den Vordergrund rücken.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 20/01/12