Basel, Hochburg der Coiffeure

In Basel gibt es rund 500 Coiffeur­geschäfte. Damit liegt die Stadt laut einer Erhebung der Zeitschrift «Men’s Health» an der Spitze von 55 deutschsprachigen Gross­städten, noch vor Zürich.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

In Basel gibt es rund 500 Coiffeur­geschäfte. Damit liegt die Stadt laut einer Erhebung der Zeitschrift «Men’s Health» an der Spitze von 55 deutschsprachigen Gross­städten, noch vor Zürich.

Zugegeben, der Besuch beim Coiffeur ist insbesondere für Frauen sehr positiv besetzt und entsprechend beliebt. Sich verschönern lassen, sich entspannen und dazu erst noch den neusten Klatsch erfahren, wer mag das nicht? Trotz all dieser Annehmlichkeiten erstaunt die hohe Zahl von Coiffeurbetrieben in den Quartieren und der Innenstadt von Basel. Selbst Touristen fällt das auf. Und sobald irgendwo ein Ladengeschäft frei wird, zieht umgehend ein neuer Coiffeur ein. Die Zeitschrift «Men’s Health» hat 2010 die Zahl der Coiffeure in den 55 grössten deutschsprachigen Grossstädten der Schweiz, Deutschlands und Österreichs verglichen. Basel belegte dabei den ersten Platz mit 17,9 Friseurgeschäften auf 10 000 Einwohner, gefolgt von Zürich mit 16,9 Salons, auf Platz drei und vier sind Lübeck und Düsseldorf.

Ketten und Familienbetriebe

Irène Leutwyler, Präsidentin des Verbandes Coiffure Suisse, Sektion Basel-Stadt, hält die Erhebung von «Men’s Health» aber für wenig aussagekräftig: «In Basel gibt es sehr viele Klein- und Kleinstbetriebe, also entweder Geschäfte, die vom Inhaber selbst geführt werden oder die maximal noch einen Angestellten haben.» In Deutschland gäbe es diese kleinen Grössen nur vereinzelt und sicher nicht in Grossstädten wie etwa in München. Deshalb hinke der Vergleich. «Natürlich gibt es auch in Basel eine gesunde Konkurrenz unter den Coiffeuren», sagt die Präsidentin, «auch die Verbandscoiffeure, die ich vertrete, kämpfen. Aber der Kampf wird bei uns nicht über den Preis, sondern eher über Dienstleistung und Qualität geführt.»

Den Mitgliedern des Verbandes, ungefähr 20 Prozent der 500 bis 600 Salons in Basel, gehe es gut. Kettenbetriebe könnten etwas günstigere Preise anbieten, da sie als Grossbetriebe im Einkauf und in der Verwaltung Kosten sparten. Der Unterschied sei aber gering, insbesondere, da zu den Preisen häufig noch Kosten für die Pflege- und Styling-Produkte dazukämen. In manchen Familien betrieben die Ehefrauen ein Coiffeurgeschäft und verdienten so etwas dazu, während der Mann den Hauptanteil des Einkommens nach Hause bringe. «Auch gibt es viele ausländische Mitbürger unter den Inhabern von Coiffeursalons», sagt Irène Leutwyler, «die diese, so wie wir vermuten, als Familienbetriebe führen.»

Tatsächlich bestehen zwischen den Honoraren der einzelnen Anbieter grosse Unterschiede, sowohl für Männer als auch für Frauen. Zahlt ein Mann etwa in einem Salon 40 Franken für einen Schnitt, berechnet ein anderer dafür 55 Franken.

Grosse Preisunterschiede

Bei den Frauen sind die Preisunterschiede noch extremer, so erhält man beim einen für 80 Franken Schnitt und Farbe, bei einem anderen kostet allein der Schnitt 120 Franken. Die Präsidentin des Verbandes erklärt die Differenzen: «Jeder Coiffeur muss seine Preiskalkulation so gestalten, dass er in der Lage ist, sämtlichen Verpflichtungen wie Mieten, Löhnen, Soziallasten, Mehrwertsteuer und Versicherungen nachzukommen und nach Möglichkeit Gewinn zu erzielen.» Es gebe in der Schweiz weder Mindest- noch Maximalpreise für eine Dienstleistung im Coiffeurgewerbe. Sehr grosse Unterschiede bestünden bezüglich der Mieten je nach Standort, und zu bedenken sei auch, dass Coiffeure, die die höhere Fachprüfung absolviert hätten, für diese Ausbildung rund 20 000 Franken investierten. Gemäss Gesamtarbeitsvertrag der Coiffeurbranche beträgt der Einstiegslohn für einen angestellten Coiffeur monatlich 3400 Franken. Abgesehen davon gibt es keine Vorgaben oder Grenzen hinsichtlich Verdienstmöglichkeiten.

Allein in der Güterstrasse bieten gemäss local.ch 22 Coiffeure ihre Dienste an, für die Klybeckstrasse ergeben sich 9 Treffer. Ein Grund für diese Konzentration im Gundeli und im Kleinbasel liegt sicher in den eher tiefen Mieten. Zudem wohnen in diesen Quartieren mehr Menschen mit ausländischen Wurzeln als in anderen, und diese lassen sich ihre Frisuren am liebsten von ihren eigenen Landsleuten machen. So ist ihnen eine Stammkundschaft sicher.

Haare verschnitten

Unabhängig vom Standort gibt es für Mario Rémy, Geschäftsführer von Monroe’s Hairdesign in der Güterstrasse, einen weiteren, gewichtigen Grund für die vielen Salons in der Stadt Basel: «Man benötigt kein gros­ses Startkapital und muss seine Qualifikation nicht nachweisen. Das finde ich nicht richtig.» Wegen der Gewerbefreiheit könne jeder ohne entsprechende Ausbildung einen Salon eröffnen. «Wir erleben das bei uns. Da kommen dann manchmal Kunden, deren Haare verschnitten sind, und wir müssen das wieder ausbügeln.»

David Frey, Leiter Kommunikation beim Gewerbeverband Basel-Stadt, wünscht sich zwar auch nur qualifiziertes, ausgebildetes Personal in der Branche, verteidigt aber die Gewerbefreiheit: «Welche Salons überleben können und welche nicht, entscheidet der Markt respektive der Kunde. Und das ist auch richtig so.» Eine staatliche Regulierung der Coiffure-Branche könne kein Thema sein. «Wer sicher sein will, dass er einen kompetenten und korrekten Service bekommt, geht am besten in einen Salon, der Mitglied von Coiffure Suisse ist.»

Die Präsidentin des Verbandes bekräftigt diese Empfehlung: «Die Ausbildung im Coiffeurgewerbe hat ein hohes Niveau erreicht.» Coiffeure und Coiffeusen EFZ seien nach Lehrabschluss theoretisch und praktisch perfekt ausgebildet und hätten teilweise sogar die Berufsmatur absolviert. Dies seien ideale Voraussetzungen, den Sprung in die Selbstständigkeit zu wagen.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 07.12.12

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