Am Dienstag wird die Stadt Basel von UNICEF Schweiz als «kinderfreundlich» ausgezeichnet. Die Auszeichnung verpflichtet die Gemeinde zu einem vierjährigen Programm, das die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen in unterschiedlichen Bereichen zum Ziel hat.
Diese Woche dreht sich alles um das Kind. Am Mittwoch wird der internationale Tag des Kindes im Universitäts-Kinderspital gefeiert, am Dienstag davor verleiht UNICEF Schweiz der Stadt Basel das Label «kinderfreundliche Gemeinde». Wir gratulieren – und fragen uns: Was steckt genau hinter dieser Auszeichnung? Was macht eine «kinderfeundliche Gemeinde» aus?
Heisst es etwa, dass Basel genügend Spielplätze hat? Nein, denn wie UNICEF in einer Mitteilung an die Gemeinden schreibt, basiere das Label nicht etwa auf einer bestimmten Anzahl Punkte, die erreicht werden müssten, es sei vielmehr ein Prozesslabel. Das heisst konkret, dass nicht die aktuelle Situation einer Stadt ausgezeichnet wird, sondern die Bereitschaft, einen langjährigen Prozess zur Steigerung der Kinderfreundlichkeit zu durchlaufen.
Mehr Gehör
Dazu muss eine Gemeinde einen Aktionsplan für die kommenden vier Jahre formulieren. Ziel dabei sei, dass Kinder und Jugendliche allgemein mehr Gehör fänden – oft würde die Sichtweise noch fehlen, dass Kinder «eigene Bedürfnisse» hätten und «auch eigene Rechtsträger» seien. Das Label sei eine Möglichkeit, eine «gewisse Systematik im Umgang mit den Kindern» zu entwickeln, schreibt UNICEF.
In der Schweiz befinden sich momentan 55 Gemeinden in diesem Prozess. In der Region ist die Stadt Basel nicht die erste «kinderfreundliche» Gemeinde, Arlesheim und Riehen erhielten das Label bereits im Jahr 2011. Christian Lupp von der Abteilung Freizeit und Sport in Riehen betreut das Projekt, gemeinsam mit einer Kollegin vom Familienbereich.
Die Vorbereitungszeit sei ein langer Prozess
Laut Lupp ist es nicht so, dass man im Vorfeld gar nichts machen muss, um das Label zu erhalten. Die eigentlichen «Verbesserungsmassnahmen» passierten zwar erst nach der Auszeichnung, doch der Prozess bis zum fertig formulierten Aktionsplan sei ein sehr langer. Als erstes müsse eine Standortbestimmung gemacht werden, was im Fall der Stadt Basel bereits im Jahr 2011 erfolgte. Bei diesem ersten Schritt gehe es darum, die aktuelle Situation einer Gemeinde zu beschreiben. Beachtet werden unterschiedliche Bereiche, etwa Verwaltung, Bildung, Jugendschutz, Gesundheit, Freizeit, Wohnen und Verkehr.
In einem weiteren Schritt finden Workshops statt, bei denen Kinder die Gelegenheit haben, ihre Verbesserungsvorschläge und Wünsche anzubringen. In Basel wurden in diesem Rahmen vier «Kinder-Mitmachtage» angeboten. Anhand der Erkenntnisse, die aus der Standortbestimmung und den Mitmachtagen hervorgingen, musste die Gemeinde dann einen Aktionsplan ausarbeiten mit konkreten Massnahmen zur Beteiligung der Kinder. Diesen hat die Basel-Stadt kürzlich eingereicht und von UNICEF Schweiz evaluieren lassen.
Die grösste Arbeit kommt erst nach der Label-Verleihung
Diesen Dienstag erhält die Stadt das Label «kinderfreundliche Gemeinde» – womit die grösste Arbeit erst beginnt. Das Label «kinderfreundliche Gemeinde» gilt für die kommenden vier Jahre. Während dieser Zeit soll der Aktionsplan umgesetzt werden.
In der Gemeinde Riehen, die schon zwei Jahre «kinderfreundlich» ist, wurden viele der Ziele bereits umgesetzt. Laut Lupp sei es die richtige Entscheidung gewesen, sich für das Label zu bewerben. «Der Prozess hat etwas ausgelöst», sagt er, «und dies auf unterschiedlichen Ebenen.» Es sei gelungen, die Bevölkerung im Allgemeinen für das Thema zu sensibilisieren, und auch Leute aus der Verwaltung, die den «Hebel zur Veränderung» in der Hand hätten, seien auf das Thema aufmerksam geworden. «Die Bedürfnisse anderer Gruppen wurden durch den Fokus auf Kinder und Jugendliche plötzlich klar. So meldeten sich etwa plötzlich Rentnerinnen und Rentner mit ihren Wünschen zu Wort», sagt Lupp.
Exkursionen und Journalismus
Ein konkreter Erfolg der Gemeinde Riehen sei der Kinder-Kultur-Club, der unterschiedliche kulturelle Aktivitäten für Kinder anbiete. So können sich die Kinder etwa im Verfassen von Zeitungsbeiträgen üben, die in der Riehener Zeitung publiziert werden, oder Exkursionen in die Natur machen. Dieser Kinder-Kultur-Club sei anfangs mit einem zeitlich beschränkten Sonderbudget der Gemeinde Riehen finanziert worden, sagt Lupp. «Die Nachfrage war aber so gross, dass wir den Kulturclub in den ordentlichen Betrieb der Gemeinde aufnahmen.» Auch die Leiterin des Kinder-Kultur Clubs Karin Meier sagt, dass das Angebot vielfältig genutzt werde. «Wir zählen bereits 87 Mitglieder», sagt sie. Besonders beliebt seien die Aktivitäten in der Natur.
Auch in Basel werde sich im Rahmen des UNICEF-Labels einiges tun, verrät der Kommunikationsverantwortliche Thomas Mächler, unter anderem auch im Bereich der Architektur von Schulhäusern. Welche Massnahmen der Aktionsplan aber genau beinhalte, will er bis zur Label-Verleihung noch nicht bekanntgeben.